Der Wohnungsleerstand in Hamburg soll nun gesetzlich bekämpft werden. SPD will künftig Zwangsvermietungen möglich machen.

Hamburg. Die SPD unternimmt einen neuen Anlauf, den Wohnungsleerstand in der Stadt durch eine Gesetzesänderung zu bekämpfen. Ein entsprechender Antrag zur Verschärfung des Wohnraumschutzgesetzes werde in der nächsten oder übernächsten Bürgerschaftssitzung beschlossen, sagt SPD-Stadtentwicklungsexperte Andy Grote. "Wir wollen damit ein deutliches Signal an Mieter und Wohnungssuchende schicken und sie unterstützen beim Kampf gegen Leerstand, Zweckentfremdung und vergammelnde Wohnungen."

Im vergangenen Jahr hatten die Sozialdemokraten bereits eine Gesetzesinitiative vorgeschlagen, die jedoch von der damaligen Mehrheit abgelehnt worden war.

"Angesichts der drastischen Wohnungsknappheit sehen wir weiterhin dringenden Handlungsbedarf", sagt Grote. "Es ist absurd, dass Wohnungen leer stehen, während viele Menschen vergeblich nach einer Wohnung suchen." Um den Missstand zu ändern, wolle die SPD das auf den Weg bringen, was der alte Senat versäumt habe.

Der Antrag, der dem Abendblatt vorliegt, hat zwei Stoßrichtungen. "Zum einen sollen die bestehenden Instrumente des Wohnraumschutzgesetzes wirksamer eingesetzt werden - dazu sollen vor allem die zuständigen Abteilungen in den Bezirksämtern aufgestockt werden", sagt Grote. Zum anderen werde das Gesetz verschärft. Vermieter sollen etwa verpflichtet werden, Wohnungsleerstand bei der Behörde zu melden. "Wird gegen die Anzeigepflicht verstoßen, kann ein Bußgeld verhängt werden." Kommt der Vermieter zudem der Anordnung, seine Wohnung innerhalb kurzer Fristen wieder zu vermieten, nicht nach, soll der Behörde künftig ein eigenes "Belegungsrecht" zustehen. Das bedeutet, dass die Stadt Wohnungssuchende zwischenzeitlich in die leeren Räume einquartieren könnte. Außerdem könne dann der Hauseigentümer zu einer Zwischenvermietung verpflichtet werden, wenn ein Leerstand von mehr als sechs Monaten absehbar ist.

"Durch diese Verschärfung des Gesetzes kann der eklatante Wohnungsmangel in Hamburg nicht behoben werden - aber sie kann dazu beitragen", sagt Jürgen Bischoff (Linke). Deshalb befürworte seine Fraktion den SPD-Antrag. Die Christdemokraten halten eine Gesetzesänderung dagegen für überflüssig. "Das würde nichts bringen", sagt CDU-Stadtentwicklungsexperte Hans-Detlef Roock. Eine Zwangszwischenvermietung würde höchstens neue Probleme mit sich bringen. "Die jetzigen gesetzlichen Bestimmungen reichen aus. Weitergehende Forderungen halte ich für überzogen."

Anders sehen das die Initiatoren der Internet-Plattform www.leerstandsmelder.de , die Ende 2010 ins Netz gegangen ist. "Der neue Senat muss aktiv werden und dem Leerstand in Hamburg entgegenwirken", sagt Michael Ziehl, Mitinitiator vom Leerstandsmelder. Dass es eine große Problematik gebe, zeigten die zahlreichen Objekte, die auf der Plattform gemeldet werden: Während es Ende Februar noch 325 Gebäude waren, in denen Flächen leer stehen, sind es inzwischen 415 Objekte.

Eines davon ist das Haus mit der Nummer 1 an der Oelkersallee in Altona-Nord. Das Gebäude, das dem städtischen Wohnungsunternehmen Saga/GWG gehört, steht seit Jahren nahezu leer (wir berichteten). Nur eine der zehn Wohnungen ist vermietet. Im Juli solle mit der Modernisierung des Hauses begonnen werden, sagt Saga-Sprecher Michael Ahrens. "Das hätte schon längst passieren müssen", kritisiert Marc Meyer vom Verein Mieter helfen Mietern (MhM). Es sei nicht einsichtig, warum die Saga ein ganzes Jahr lang mit der Sanierung gewartet habe. "Hätte es schon im vergangenen Jahr eine Verschärfung des Wohnraumschutzgesetzes gegeben, hätte in der Oelkersallee zwischenvermietet werden müssen", sagt Meyer. Es werde höchste Zeit, dass das Gesetz endlich verabschiedet werde.

Dass die Politik bald handelt, wünscht sich auch Michael Ziehl vom Leerstandsmelder. Es sei wichtig für die Stabilität der Viertel, dass bezahlbare Flächen angeboten werden. "Wenn immer alles saniert wird, um Eigentumswohnungen hochpreisig zu verkaufen und Filialen als Mieter zu gewinnen, trägt das zur Homogenisierung der Quartiere bei." Dann könnten sich irgendwann nur noch Menschen mit hohem Einkommen das Leben in der Innenstadt leisten.