Als Lufthansa 2011 das Bonusmodell änderte, verlor auch ein Hamburger etwa 40 Prozent seiner Bonusmeilen und zog erfolgreich vor Gericht.
Köln. Die Lufthansa hat die Bonusmeilen eines Vielfliegers zu Unrecht entwertet. Die Abänderung des Prämienkataloges, die eine Entwertung der gesammelten Meilen zufolge hatte, sei unwirksam, urteilte das Landgericht Köln am Freitag.
Der Kläger Tobias Eggendorfer, Vielflieger aus Hamburg, ist der Auffassung, dass durch die Änderung der Flugprämientabelle sein Meilenkonto Miles and More um 30 bis 40 Prozent entwertet wurde. Mit der Entscheidung des Gerichts ist der IT-Experte mehr als zufrieden. "Die Mühe hat sich definitiv gelohnt", sagt Eggendorfer nach der Urteilsverkündung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Nach Angaben eines Gerichtssprechers hat es keine Allgemeingültigkeit: „Bei weiteren Klagen wird man sich jeden Einzelfall anschauen müssen.“
Die Richter betonten, generell sei die Lufthansa berechtigt, die Teilnahmebedingungen für ihr Bonusprogramm zu ändern, da es sich um eine freiwillige Leistung handele. Allerdings hätte das Unternehmen dies mit einem Vorlauf von vier Monaten ankündigen müssen, um den Kunden eine ausreichende Übergangszeit einzuräumen. Die Lufthansa hatte die Änderungen erst einen Monat vor Inkrafttreten unter anderem in ihrem Newsletter kommuniziert. Das war nach Auffassung des Gerichts zu kurzfristig – zumal „ein gewisser Vertrauensbestand“ dadurch aufgebaut worden sei, dass der Flugprämienkatalog zuvor acht Jahre lang unverändert geblieben war.
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Auf seinem Blog erklärt Eggendorfer, dass nach Angaben seines Anwalts Lufthansa nun zwei Konten führen müsse, wohl für alle Kunden. Eines, auf dem die Meilen bis zum 3. Januar 2011 geführt werden, von diesem Konto muss zu den alten Konditionen gebucht werden können. Auf einem weiteren werden die Meilen ab dem 03.01.2011 gesammelt. "Diese Lösung habe ich bereits vor einiger Zeit auf meinem Blog und an anderer Stelle vorgeschlagen", sagt Eggendorfer. Die Lufthansa hatte Anfang 2011 ein neues Bewertungsmodell eingeführt, wonach die bis dato gesammelten Bonusmeilen herabgestuft wurden.
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Eggendorfer, der in Hamburg an der Hochschule der Polizei unter anderem Computer-Forensik lehrt, sagte bereits Ende vergangenen Jahres zu abendblatt.de: "Das Verhalten der Lufthansa ist weit von dem entfernt, was man Kundenfreundlichkeit nennt." Nach der Urteilsentscheidung betont der Wissenschaftler: "Spätestens jetzt wird mir wieder bewusst, wie ungeschickt die Lufthansa mit meinem Fall umgegangen ist." Lange Zeit hatte Eggendorfer sich darum bemüht, sich außergerichtlich mit der Fluggesellschaft zu einigen. "Ich hatte sogar direkten Kontakt mit dem Vorstandsvorsitzenden Christoph Franz, aber auch da habe ich nur Ablehnung erfahren." Grundsätzlich sei das Vorgehen der Fluggesellschaft im Bezug auf die Meilekonten sehr ungeschickt gewesen. "Die Lufthansa vergrault und verärgert seine besten Kunden. Ich habe seit Beginn des Rechtsstreits keine Lufthansamaschine mehr betreten. Und nun muss Lufthansa mit vielen weiteren Klagen rechnen."
Ein Großteil der Bonusmeilen, die der Professor und Freiberufler durch seine Flüge angesammelt hat, stammen aus seiner selbstständigen Tätigkeit. Dementsprechend kann er über diese Meilen frei verfügen. "Alle dienstlichen Reisen muss ich genau abrechnen und dabei angeben, wie viele Meilen ich verbuchen konnte", so der Professor der Uni Hamburg. "Ich bin natürlich auch verpflichtet, diesen Bonus in Form von Flügen auf Dienstreisen zu nutzen." Daraus schließt Eggendorfer, dass nicht nur private Nutzer durch die Änderungen im Bonusprogramm benachteiligt werden würden, sondern auch der Staat, sollte dieser Dienstreisen mit der Lufthansa finanzieren.
Seit dem Bekanntwerden des Rechtsstreits konnte Eggendorfer starke Unterstützung von weiteren Betroffenen verzeichnen. "Viele haben sich die Mühe gemacht, mich zu kontaktieren und haben das Vorgehen gelobt", so Eggendorfer. "All denen rate ich nun auch juristisch vorzugehen, denn es kann sich nur lohnen." Auch sein Anwalt werde weitere verärgerte Kunden vor Gericht vertreten. Nach der Urteilsverkündung hofft Eggendorfer, dass sich nun auch der Verbraucherschutz mit dem Fall beschäftigt. Gleichzeitig befürchtet er, dass die Lufthansa in Revision gehen wird.
Die Lufthansa möchte sich zu einem weiteren Vorgehen in dem Rechtsstreit noch nicht äußern, bis dem Konzern das Urteil schriftlich vorliegt. "Erst dann können wir entscheiden, ob wir in Revision gehen", sagt Sprecher Jan Bärwalde. Zu den Vorwürfen, das Unternehmen habe nicht rechtmäßig die Meilen angepasst und die Kommunikation mit dem Kunden sei nicht korrekt abgelaufen, sagt er: "Wir haben per Newsletter, in unserem Magazin und auf der Hompage über unser Vorgehen informiert - und zwar einen Monate vor der Umstellung", sagt Bärwalde. "Außerdem ist es uns wichtig zu betonen, dass unsere Kunden auch Vorteile durch die Veränderungen haben und nicht, wie der Vorwurf, eine Verschlechterung der Konditionen bei Miles&More erfahren haben." Das Unternehmen habe rund 20 Millionen „Miles & More“-Kunden. In der Bilanz für das Jahr 2011 seien für das Programm 493 Millionen Euro an Rückstellungen gebildet worden.
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Für die Lufthansa hat sich die Abwertung der Bestandsmeilen offenbar gelohnt. Laut "Financial Times Deutschland" hatten sich die rund 20 Millionen Miles-and-More-Kunden bis Ende 2010 198 Milliarden Meilen erflogen. Gegenwert seien heute 1,88 Millionen Business-Tickets in die USA nach zuvor 2,2 Millionen. Bei einem Ticketpreis von 3000 Euro ergibt sich daraus eine Differenz von 960 Millionen Euro.
Mit Material von dapd