Die Gesundheitssenatorin lässt durchblicken: Sie will ein totales Rauchverbot in Gaststätten und Kneipen. Parteien grübeln über Gesetz.

Hamburg. Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) ist nach der neuerlichen roten Karte des Bundesverfassungsgerichts zum Nichtraucherschutz in der Hansestadt für ein vollständiges Qualmverbot in Gaststätten und Kneipen. „Beim Gesundheitsschutz kann es keinen Kompromiss (...) geben“, sagte die Senatorin am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde der Hamburgischen Bürgerschaft.

Bei der Neuregelung des Nichtraucherschutzgesetzes müsse an erster Stelle stehen, dass es um die Gesundheit gehe, betonte sie. „Es geht nicht um Fragen von Toleranz oder Intoleranz von Rauchern oder Nichtrauchern, es geht nicht um Freiheit oder Reglementierung und es geht auch nicht um eine Abwägung von Interessen zwischen Rauchern, Nichtrauchern und Wirten.“

+++ Ärztekammer und Grüne wollen Rauchverbot in Hamburg +++

Das Bundesverfassungsgericht hatte vor einer Woche entschieden, dass Regelungen zum Nichtraucherschutz einheitlich für Restaurants und Bierkneipen gelten müssen. Sie erklärten damit eine Bestimmung des Hamburgischen Gesetzes zum Schutz von Passivrauchern für verfassungswidrig (Az. 1 BvL 21/11), die Kneipen, nicht aber Restaurants Raucherräume gestattete.

Bereits 2008 hatten die Richter nach einer Klage aus Baden-Württemberg befunden, dass bei Ausnahmen von einem vollständigen Rauchverbot in Gaststätten die Interessen der kleinen Eckkneipen erfasst werden müssen. Schwarz-Grün schloss daraufhin für Hamburg den nun beanstandeten Kompromiss und erlaubten das Rauchen in Gaststätten nur noch dann, wenn dort keine Speisen angeboten werden.

Die seit Anfang 2010 geltende Regelung war vor allem für jene Restaurantbetreiber ärgerlich, die zuvor viel Geld in Raucherräume investiert hatten. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) erwägt deshalb bereits Schadenersatzklagen.

Die alleinregierende SPD-Fraktion wollte sich in der Aktuellen Stunde nicht auf eine Lösung festlegen. Der SPD-Gesundheitsexperte Martin Schäfer sagte, es seien gründliche Beratungen nötig, ob ein totales Rauchverbot erlassen werden oder ob es Ausnahmen geben soll, wobei es jedoch keine Ungleichbehandlungen geben dürfe. Er gehe davon aus, dass das Parlament „um die Sommerpause“ ein Gesetz verabschieden werde.

+++ Jugendliche greifen immer seltener zur Zigarette +++

GAL und Linke sprachen sich für ein Rauchverbot in Gaststätten und Kneipen aus. „Der rechtssichere Weg führt zum ausnahmslosen Rauchverbot in allen Gaststätten“, sagte die GAL-Gesundheitsexpertin Heidrun Schmitt. Ausnahmeregelungen führten nur immer wieder zu neuen Klagen. Ihre Linken-Kollegin Kersten Artus kritisierte zudem die FDP scharf. Es sei „wirklich unfassbar, mit welcher Demagogie die FDP allein Wirtschaftsinteressen vertritt“. Es wundere sie nicht, „dass der parlamentarische Arm des Dehoga den Passivraucherschutz zur Aktuellen Stunde angemeldet hat“.

Der FDP-Gesundheitsexperte Wieland von Schinnenburg hatte zuvor gefordert, in allen Speise- und Schankgaststätten das Rauchen zu erlauben, sofern der Zutritt Jugendlichen unter 18 Jahren verboten und die Gaststätte als Raucherlokal gekennzeichnet ist. „Das garantiert eine freie Wahl für Gäste und Wirte“, erklärte Schinnenburg. Die größte Oppositionsfraktion – die CDU – konnte sich bislang nicht auf eine Position verständigen. Deren gesundheitspolitische Sprecherin Viviane Spethmann sagte, die CDU werde deshalb die Fraktionsdisziplin aufgeben und jeden Abgeordneten frei abstimmen lassen.