Günter Elste, 61, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Hochbahn.
1. Hamburger Abendblatt:
Herr Elste, warum braucht Hamburg eine Stadtbahn?
Günter Elste:
Erfreulicherweise verzeichnet der öffentliche Nahverkehr seit Jahren hohe Zuwachsraten. Und dieser Trend wird sich auch noch fortsetzen. Mit dem bestehenden Busnetz ist der Nachfragezuwachs aber nicht zu bewältigen. Schon jetzt stoßen wir zum Beispiel bei den Linien 5, 20 und 25 an die Kapazitätsgrenze. Die Stadtbahn kann deutlich mehr Fahrgäste befördern. Hinzu kommt, dass die Stadtbahn schadstofffrei durch die Stadt fährt, sehr leise ist und deshalb für ein innerstädtisches Gebiet ein optimales Verkehrsmittel ist.
2. Wie viele Kilometer muss das Streckennetz umfassen, damit die Stadtbahn wirtschaftlich betrieben werden kann?
Ab 40 Kilometer Netzlänge rechnen sich die Investitionen in die Basisinfrastruktur wie Betriebshof, Werkstätten und so weiter. Mit dem 52 Kilometer langen Zielnetz ist die Stadtbahn in Hamburg in jedem Fall wirtschaftlich zu betreiben.
3. Kann sich Hamburg in Zeiten knapper Kassen eine Stadtbahn überhaupt erlauben?
Die Frage ist doch vielmehr: Kann Hamburg überhaupt auf die geplante Stadtbahn verzichten? Für die wirtschaftliche Prosperität und das städtische Leben ist ein funktionierender öffentlicher Nahverkehr unverzichtbar. Zudem verteilen sich die Investitionen für das Zielnetz auf die nächsten 15 bis 20 Jahre. Und diese Investitionen werden sich über die nächsten Generationen auszahlen.
4. Gibt es für den Hamburger Nahverkehr eine verkehrspolitische Alternative zur Stadtbahn?
Die einzige Alternative ist der Bau weiterer U-Bahn-Linien. Dieses dauert länger, ist schwieriger durchzusetzen und etwa fünfmal so teuer wie der Bau einer Stadtbahn. Ein Ausbau des Busnetzes ist keine Alternative, weil die Kapazität auch bei engerer Taktung zu gering ist. Im Übrigen ist auch der Komfort der Stadtbahn deutlich höher als im Bussystem. Und das wird deswegen noch mehr Leute zum Umsteigen in den öffentlichen Nahverkehr bringen.
5. Die Diskussionen über die Stadtbahn reißen nicht ab. Wird die Stadtbahn trotz der Widerstände realisiert und welche Stadt könnte Vorbild für die Einführung sein?
Unter rationalen Abwägungen gibt es keine Alternative. Deshalb bin ich überzeugt, dass Hamburg eine Stadtbahn bekommt. In Paris und Madrid wurde in den Sechzigerjahren die alte Straßenbahn abgeschafft. Auch in diesen Städten gab es anfangs eine große Skepsis. Mittlerweile haben beide Metropolen neben ihrem U-Bahn-System auch eine Stadtbahn, die sich hoher Zustimmung in der Bevölkerung erfreut.
Die Fragen stellte Ulrich Gaßdorf