Der Senator wechselt überraschend in die Wirtschaft. Auch sein Amt als Hamburger CDU-Chef gibt er auf. Nachfolger sind schon gefunden.
Hamburg. Hamburgs CDU-Chef und Finanzsenator Michael Freytag tritt überraschend zurück. "Der 17. März wird mein letzter Arbeitstag sein", sagte er auf der CDU-Mitgliederversammlung im Hotel Intercontinental. Er werde in die Wirtschaft wechseln. Sein ruhendes Bürgerschaftsmandat und den CDU-Landesvorsitz legte er sogar mit sofortiger Wirkung nieder.
Er begründete den Schritt unter anderem mit den Belastungen der Krise um die HSH Nordbank und die Reederei Hapag-Lloyd. „2008 bis 2009 war das härteste Jahr in meinem Leben“, sagte er. Alles habe seine Zeit, er wolle sich seine Unabhängigkeit erhalten.
Bürgermeister Ole von Beust dankte Freytag. „Das ist ein Einschnitt für die Hamburger Union.“ Nachfolger als Finanzsenator soll der jetzige Staatsrat in der Wirtschaftsbehörde, Carsten Frigge, werden. Der Bürgermeister wünschte Freytag Glück für seine weiteren Pläne.
Der CDU-Landesvorstand ernannte den Fraktionsvorsitzenden Frank Schira einstimmig zum geschäftsführenden Landesvorsitzenden. Der äußerte sich kämpferisch. „Wir haben harte Monate vor uns“, sagte er.
„Ich habe in den vergangenen zwei Jahren immer gut mit Dr. Michael Freytag zusammengearbeitet", lobte die GAL-Vorsitzende Katharina Fegebank Freytags Arbeit. "Er hat Schwarz-Grün gewollt und gefördert. Dass er sich nach all den Jahren in der Politik nun anderen Aufgaben zuwendet, ist verständlich. Ich wünsche Dr. Freytag für seine neue Aufgabe in der Wirtschaft alles Gute.“
Die anderen Parteien kommentierten Freytags Arbeit kritisch. SPD-Fraktionschef Michael Neumann sagte: "Der Karren steckt im Dreck. Herr Freytag hätte mit Blick auf das Desaster der HSH Nordbank und seine schlechte Finanzpolitik schon 2008 zurücktreten müssen. Jetzt wirkt sein Rücktritt wie eine Flucht aus der Verantwortung - angesichts einbrechender CDU-Werte." SPD-Chef Olaf Scholz sagte: "Die Zerfallserscheinungen dieser Regierung sind offensichtlich geworden. Der Rücktritt von Herrn Freytag wird aber die Probleme der Stadt nicht lösen, denn er war nicht der alleinige Verantwortliche für die katastrophale Finanzpolitik des Senates."
Die Linken-Fraktionsvorsitzende Dora Heyenn erklärte: "Der Rücktritt war längst überfällig. Freytag hinterlässt desaströse öffentliche Finanzen und hat noch im Bürgerschaftswahlkampf 2007/2008 die Situation der HSH Nordbank schöngeredet." Joachim Bischoff, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion, ergänzte: "Freytag hat die Steuerausfälle durch die Wirtschaftskrise viel zu spät gesehen und deshalb nicht gegengesteuert, als es notwendig gewesen wäre. Hamburg steht vor einem Schuldenberg, angesichts der widersprüchlichen Konjunkturprognosen hat er seine Finanzpolitik ganz auf das Prinzip Hoffnung ausgerichtet."
„Wenn der CDU-Chef und Finanzsenator hinschmeißt, dann ist ein 'weiter so' nicht mehr möglich“, kritisierte Hamburgs FDP-Chef Rolf Salo. Neuwahlen seien die einzige Lösung, um die Stadtstaatskrise zu beenden. Salo forderte zudem, bei den Untersuchungen der HSH- Nordbank-Affäre noch genauer hinzuschauen: „Freytags Rücktritt wirft gewisse Fragen danach auf, wie ernst es wirklich um die HSH Nordbank steht und wie tief Freytag involviert ist.“
Freytag hatte als Finanzsenator besonders mit der Affäre um die HSH Nordbank zu kämpfen. Zudem musste er erst kürzlich sehr schlechte Umfragewerte zur Arbeit des Senats und der einzelnen Politiker hinnehmen. Am Abend verteidigte er die Politik der Koalition noch: „Die Stimmung ist schlechter als die Lage.“ Der Unmut der Bevölkerung hänge zum Teil auch mit dem Versagen der Stadt zusammen, die Folgen des harten Winters zu bewältigen. Aber: „Wir sollten die Warnsignale ernst nehmen.“