Hamburg. Hat der Senat die Öffentlichkeit kurz vor der Bürgerschaftswahl 2008 über die wahre Lage der HSH Nordbank getäuscht? Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA), der die Milliardenverluste des Instituts aufklären soll, präsentierte die SPD am Freitagabend eine Notiz, wonach die Anteilseigner bereits im Dezember 2007 über eine außerplanmäßige Kapitalerhöhung zur Stützung der Bank beraten haben. Der als Zeuge geladene Ex-Finanzsenator und spätere Aufsichtsratsvorsitzende der HSH Nordbank, Wolfgang Peiner (CDU), konnte die Widersprüche zwischen dem Vermerk und den Aussagen des damaligen CDU-Senats, die Bank sei nicht gefährdet, nicht aufklären.
"Die Bank geht davon aus, dass die Anteilseigner sich quotal an der Kapitalerhöhung beteiligen", zitierte Metin Hakverdi (SPD) aus dem Vermerk, den das schleswig-holsteinische Beteiligungsmanagement am 14. Dezember 2007 anfertigte. An der Sitzung hätten die HSH-Anteilseigner Hamburg, Schleswig-Holstein, der schleswig-holsteinische Sparkassenverband sowie ein Vertreter des US-Investors J.C. Flowers teilgenommen. Anlass für die nötige Geldzufuhr sei die Sicherung des A-Ratings (also des Rufs der Bank auf dem Finanzmarkt), die Anteilseigner müssten ein Signal geben, dass sie die Bank stützen, zitierte Hakverdi aus der Unterlage.
Sie widerspricht einer Aussage des damaligen HSH-Vorstands Peter Rieck, der im Juni 2008 öffentlich erklärt hatte, von einer Kapitalerhöhung sei im vierten Quartal 2007 keine Rede gewesen. Dazu Peiner: "Wenn Herr Rieck das so sagt, können Sie davon ausgehen, dass es so stimmt." Er erinnere sich ebenso. Als ihm Hakverdi den Vermerk vorlas, verwies er darauf, dass er sich nicht mehr genau an die Abläufe erinnere. Sicher sei er aber, dass weder er noch der Vorstand, der Aufsichtsrat oder die Bankenaufsicht die Lage der Bank als bedrohlich empfunden hätten. Sie sei "kritisch, aber beherrschbar" gewesen. Auch das stellte eine weitere Aktennotiz infrage, die Joachim Bischoff (Linkspartei) zitierte: Demnach soll der damalige HSH-Vorstand Hartmut Strauß schon Ende 2007 vor einer Abstufung des Ratings und einer Verfehlung der vorgeschriebenen Kernkapitalquote gewarnt haben.
Peiner blieb dabei, man habe Ende 2007 noch am für 2008 geplanten Börsengang festgehalten. Wann genau der abgesagt wurde und man zur Erkenntnis gelangt sei, dass die Eigner der Bank frisches Geld geben müssen, wisse er nicht mehr. Nach kurzer Beratung mit seinem Anwalt sagte Peiner: "Ich äußere mich jetzt zu einzelnen Tagen oder Terminen nicht mehr."
Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hatte im Wahlkampf Hinweise seines Herausforderers Michael Naumann (SPD), in der HSH lauerten Milliardenrisiken, stets zurückgewiesen. Im Frühjahr 2008 pumpten die Anteilseigner dann erstmals zwei Milliarden Euro in die Bank. Dennoch machte die HSH 2008 einen Verlust von 2,8 Milliarden Euro. Hamburg und Schleswig-Holstein mussten 2009 drei Milliarden Kapital und zehn Milliarden an Garantien bereitstellen.