Das Gefährt von Stahlberg Roensch schleift Risse der Strecke Frankfurt-Köln weg und erspart Gleisneubau.

Harburg. Spitzentechnologie aus Harburg beseitigt Schäden an den Gleisen der ICE-Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Köln und Frankfurt. Wegen feiner Risse an der Schienenoberfläche, sogenannte Head Checks, ist die Vorzeigestrecke in die Schlagzeilen geraten: Experten spekulierten über einen vorzeitigen, millionenteuren Schienenwechsel. Ein in Harburg-Rönneburg entwickelter Schienenschleifwagen des Unternehmens Stahlberg Roensch aus Hittfeld setzt in dieser Woche die angegriffenen Schienen wieder instand.

Was nach grober Metallbearbeitung klingt, ist tatsächlich führende deutsche Ingenieurskunst: "Wir haben die weltweit erste Instandhaltungsmaschine für den Einsatz im Fahrplan", sagt Konstantin von Diest (46), Leiter der Entwicklungsabteilung von Stahlberg Roensch. Während sich konventionelle Schleifzüge mit fünf bis zehn Kilometer pro Stunde bewegen, und deshalb das Gleis gesperrt werden muss, verrichtet die Maschine aus Harburg mit Tempo 80 ihre Arbeit sozusagen zwischen zwei fahrplanmäßigen Güterzugfahrten. Nur eine papierdünne Schicht des ermüdeten Materials wird entfernt. Dabei fangen Filteranlagen zwei Tonnen Staub ein, die der Schienenschleifwagen in seinen Tanks bunkern kann.

Instandhaltung ohne Betriebsbehinderung - mit dieser Erfindung seiner Technikschmiede will Stahlberg Roensch auf einem Zukunftsmarkt die Nase vorn haben. Die feinen Risse an den Schienen sind ein neues Phänomen, offenbar die Kehrseite der immer schneller rollenden Hightechzüge. "Seit etwa zehn Jahren treten sie besonders auf schnell befahrenen Strecken auf", so Konstantin von Diest. Die Antwort darauf ist vorbeugendes Schleifen - in einem Stadium, in dem die Risse gerade erst entstehen. Das schone die Schiene und verlängere ihre Lebensdauer.

Auf dem deutschen Markt konkurriert Stahlberg Roensch mit gut 50 Gleisbaufirmen, der Deutschen Bahn und Stahlwerken, die zunehmend Dienstleistungen anbieten. "Aber kein Unternehmen hat einen so großen Fokus auf die Schiene wie wir", sagt von Diest. Selbstbewusst, unverkennbar in Anspielung auf den Slogan der Deutschen Bahn, nennt sich Stahlberg Roensch daher "Das Unternehmen Schiene".

Von einem Wendehammer bei den Schrebergärten in Rönneburg führt ein unscheinbarer Asphaltweg zur Technikschmiede von Stahlberg Roensch: der Entwicklungsabteilung des Unternehmens. Auf der sieben Hektar großen Fläche mit eigenem Gleisanschluss ist der Hochgeschwindigkeits-Schleifwagen "RC01" zu Hause. Äußerlich erinnert hier nichts an Hightech: Die Kulisse, in der insgesamt 20 Ingenieure, Schlosser und Elektriker arbeiten, erinnert an den Baracken-Charme der 40er-Jahre. Seit 2005 befindet sich die Entwicklungsabteilung in dem früheren Schweißwerk von Stahlberg Roensch, die Keimzelle des Unternehmens aus dem Jahr 1947. Doch das Bild ändert sich: Zurzeit entsteht eine 50 Meter lange Maschinenhalle mit zwei Gleisen - ein Zeichen dafür, dass "Das Unternehmen Schiene" auf den Standort Harburg setzt.

"Die Vision", so Konstantin von Diest, "ist die Entwicklung von speziellen mobilen Fahrzeugen für die Instandhaltung, Verlegung und Prüfung von Schienen." Der Chef-Entwickler arbeitete zunächst in der Raumfahrt, später in der Autoindustrie und sagt trotzdem: "Hier ist der schillerndste Job. Wir bauen Maschinen, wie der kleine Junge es sich vorstellt." Der Ingenieur mit Raketenbau-Erfahrung, schwärmt geradezu für die bodenständige Schiene: "Sie ist kein Grobschmiedebau, sondern hochpräzise."