Die “Artemis“ war 13 Jahre lang von Jugendlichen restauriert worden. Jetzt geht die Arbeit wieder von vorn los. Auslöser soll der Spaltporling sein. Wärme und Feuchtigkeit hätten das Wachstum beschleunigt. Der Pilz hat teilweise auch Spanten aus Eichenholz angegriffen, die tragenden Teile des Schiffsrumpfs.

Harburg. Es ist ein Bild des Jammers. Die erst 2008 - nach 13-jährigem Neuaufbau - fertiggestellte Kreuzeryacht "Artemis" (griech. Göttin der Jagd) liegt erneut im Schwimmdock des Harburger Beschäftigungsträgers "Jugend in Arbeit". Alle Planken aus Kaya- und Kambala-Tropenholz sind vom Spaltporling-Pilz befallen und zerbröseln bereits unter leichter Belastung.

Der vereidigte Holzsachverständige Dr. André Peylo sagt: "Es handelt sich um eine Verkettung mehrerer Faktoren." Wärme und Feuchtigkeit hätten das Wachstum des Spaltporlings beschleunigt. Der Pilz hat teilweise auch Spanten aus Eichenholz angegriffen, die tragenden Teile des Schiffsrumpfs.

Obwohl der Befall fast einem Totalschaden gleicht, sind die Werft, die Eigentümerin Stiftung Hamburg Maritim und der Betreiberverein "Freunde der Kreuzeryacht Artemis" in Abstimmung mit den Holzgutachtern übereingekommen, das historische Schiff ein weiteres Mal aufzubauen - mit noch widerstandsfähigerem Material und in nicht mehr originalgetreuer Bauweise. Afzelia-Holz und eine doppellagige Karweelbeplankung sind im Gespräch. Etwa eine Million Euro dürfte die Aufbaukur kosten.

Keine Versicherung kommt für den Schaden auf. Werft und Stiftung müssen Rücklagen angreifen und wie zuvor schon Sponsoren - zumeist aus der Reeder-Szene - um finanzielle Unterstützung bitten. Schuldzuweisungen gibt es nicht.

Die "Artemis" war im Urzustand im Jahr 1900 in Southhampton von der Werft Summers & Payne gebaut und an den Erstbesitzer, Architekt Frank L. Pearson, übergeben worden. Sie fuhr noch im selben Jahr bei der Kieler Woche im Regattafeld neben Kaiser Wilhelms Yacht "Meteor". 1994 holte der Harburger Beschäftigungsträger "Jugend in Arbeit" die zuletzt als Wohnschiff nahe der Themse-Mündung liegende "Artemis" als Restaurierungsobjekt für Auszubildende im Bootsbau nach Hamburg. Seitdem wurden 62 Bootsbaulehrlinge ausgebildet und 173 Kräfte des zweiten Arbeitsmarktes beschäftigt. Dann taufte die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, Karin Roth, am 2. Mai 2008 die Artemis bei der Übergabe von der Werft an die Stiftung und den Betreiberverein im Hamburger City-Sportboothafen. "Wir hatten tolle Fahrten auf der Ostsee und nahmen auch an Regatten teil", sagt Niels Harnack, Vorstandsvorsitzender des rund 70 Mitglieder zählenden Betreibervereins. "Die Artemis zog anfangs lediglich etwas Wasser aus den oberen, trockeneren Plankengängen. Das ist normal. Später stellten wir eine Undichtigkeit beim Ruderkoker fest." Als die "Artemis" deswegen am 7. November zur Inspektion zurück zur Werft gebracht wurde, dauerte es einige Zeit, bis Anfang dieses Jahres das Ausmaß des Gesamtschadens immer deutlicher wurde. Vorstandsmitglied Benito di Racca: "Damit hat keiner von uns gerechnet." Die Planken des Unterwasserschiffs sind im Heckbereich bereits weitgehend entfernt. Letztlich müssen alle Planken ausgetauscht werden und möglicherweise auch mehrere Spanten. Fest steht, dass neue Planken nicht mehr stumpf aneinander gesetzt und die Fugen - wie früher üblich - mit Hanf und Teer kalfatert werden. Eine doppellagige Karweel-Beplankung verspricht mehr Sicherheit.

Statt das Unterschiff mit Kupferblech zu beschlagen, wird an eine Kunststoffbeschichtung gedacht. Rudolf Ehrenthal: "Wir werden auch eine Zwangsbelüftung in das Schiff einbauen, um ein trockeneres Klima in den Innenräumen zu schaffen." Für den Wiederaufbau hat "Jugend in Arbeit" eigens vier Bootsbauer eingestellt. Im Frühjahr 2010 soll die "Artemis" fertiggestellt und in ihr drittes Leben entlassen werden.