Sieger Ilkhanipour lehnt Mitgliederbefragung ab. Fraktionschef Neumann verteidigt Kahrs.
Auch nach dem Rücktritt von Eimsbüttels Kreischef Jan Pörksen brechen die Gräben in der Hamburger SPD immer weiter auf. Ex-Bürgermeister Henning Voscherau warf dem überraschend zum Eimsbüttler Bundestagskandidaten gewählten Juso-Chef Danial Ilkhanipour gestern "offensichtlichen Betrug" und "Hinterlist" vor - und brachte, wie schon andere, Mitte-Chef Johannes Kahrs als möglichen Anstifter des Sturzes des bisherigen Eimsbüttler Kandidaten Niels Annen ins Gespräch.
Wie berichtet, hatte Ilkhanipour sich heimlich eine Mehrheit bei den Delegierten organisiert und erst danach seine eigene Kandidatur gegen Annen angekündigt. Bei der Abstimmung hatte er sich mit 45 zu 44 Stimmen durchgesetzt. Henning Voscherau warnte in seinem "Zwischenruf" bei Hamburg 1 davor, der Wahlkreis Eimsbüttel könnte aufgrund solcher Praktiken 2009 an die GAL statt an die SPD fallen, und konstatierte eine "schwarze Serie der Hamburger SPD".
Video: Der Zwischenruf von Henning Voscherau
Der Eimsbüttler Bürgerschaftsabgeordnete Thomas Böwer regte unterdessen an, die SPD-Mitglieder im Kreis zu befragen. "Ich bitte Danial Ilkhanipour sich des Vertrauens der Eimsbüttler Genossen durch eine Mitgliederbefragung zu vergewissern", so Böwer. "Wenn er das Vertrauen hat, werde ich an vorderster Linie für ihn kämpfen." Ilkhanipour lehnte den Vorschlag ab. "Ich bin verbindlichen plebiszitären Elementen gegenüber aufgeschlossen, aber nun haben wir ein Ergebnis und müssen nach vorne schauen", sagte er. "Ich hätte mir diesen Vorschlag früher gewünscht."
Der Chef der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Michael Neumann, forderte ein Ende der Diskussion. Die Delegierten hätten entschieden, und das Ergebnis müsse akzeptiert werden, "auch wenn es nicht jedem zu passen scheint". Zugleich nahm Neumann seinen Parteifreund Kahrs in Schutz. In Anspielung auf den Finsterling im Film "Krieg der Sterne" sagte er: "Johannes Kahrs ist nicht der Darth Vader der Hamburger SPD." Kahrs sei zwar "kein Kind von Traurigkeit", aber auch "nicht so omnipotent, wie manche glauben", so Neumann. Zudem erziele Kahrs in seinem Wahlkreis stets die besten Ergebnisse und habe in Mitte ein stabiles rot-grünes Bündnis etabliert. Aus Sicht der Bürgerschaftsfraktion sei die Eimsbüttel-Debatte "wenig hilfreich, weil sie davon ablenkt, dass der schwarz-grüne Senat sich gerade in erheblichen Schwierigkeiten befindet", so Neumann.
Kahrs selber wies erneut alle Verantwortung für den Sturz seines parteiinternen Widersachers Annen zurück. "Ich bin es langsam leid, immer den Buckel für das Unvermögen anderer hinhalten zu müssen", sagte Kahrs. "In jedem anderen Wahlkreis wäre nach der ersten Distriktsversammlung aufgefallen, was da läuft", so Kahrs. Neben der These, Kahrs habe die Finger im Spiel gehabt, war gestern erneut zu hören, dass in Wahrheit ein Bündnis aus Anhängern von Ex-Parteichef Mathias Petersen am Werk gewesen sei - eine Koalition aus Jusos und der Seniorenorganisation 60 plus.
Der neue Kreischef Milan Pein warnte angesichts des Streits vor einer zu geringen Mobilisierung der Eimsbütteler Genossen im Wahlkampf. Es sei Aufgabe von Ilkhanipour, auf die Mitglieder zuzugehen .