Nach scharfen Attacken des Oppositionschefs Neumann gegen den Senat griff Ole von Beust überraschend in die Bürgerschaftsdebatte ein.

Gerade noch hatte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) im Abendblatt-Interview gesagt, er unterstütze Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) in Sachen Elbphilharmonie, "wo notwendig". Gestern griff der Regierungschef überraschend in die Bürgerschaftsdebatte ein, in der es um Kostensteigerungen und Zeitverzögerungen des Baus ging. Von Beust stellte sich vor seine Kultursenatorin, die im Senat für das ins Stocken geratene Großprojekt verantwortlich ist.

"Ich trage letztlich immer die Verantwortung. Ich bin der Erste Bürgermeister", sagte er. "Da ist es egal, ob ich den Stempel Chefsache draufdrücke oder nicht." Hamburg brauche die Elbphilharmonie, weil sie die Stadt "architektonisch Meilen voranbringen wird".

Video: Ole von Beust verteidigt die Elbphilharmonie

Sie wollen jetzt mehr sehen? Hier geht’s zum Videoportal

Zuvor hatte vor allem der SPD-Fraktionschef Michael Neumann den Senat scharf attackiert. Die aktuelle Entwicklung der Baustelle in der HafenCity, so Neumann, sei ein "Musterbeispiel für schlechtes Management". Neumann ortete politische Fehler schon gleich zu Beginn des Projekts. "Der Vertrag mit dem Generalunternehmer Hochtief ist viel zu schnell geschlossen worden", kritisierte Neumann. Der darin vereinbarte Festpreis für den Bau der Konzerthalle in Höhe von 241 Millionen Euro ist längst nicht mehr zu halten. "In Wahrheit konnte es kein Festpreis sein, weil man den Preis nicht auf der Basis detaillierter Pläne, sondern auf der Basis eines Planentwurfs vereinbart hat", sagte Neumann. Jetzt liefen die Kosten aus dem Ruder. "Und Sie, Herr Bürgermeister, tragen die Verantwortung für die Verschwendung von Steuergeldern", rief der Oppositionschef.

"Das ist kein schlechtes Vertragswerk, sondern ein kompliziertes", entgegnete der Bürgermeister. Von Beust bestätigte erstmals, dass Bauexperten der ECE Gruppe im Auftrag des Senats den Vertrag mit Hochtief im Sommer unter die Lupe genommen haben. "Das Ergebnis war, dass der Vertrag die Interessen der Stadt in angemessener Weise berücksichtigt", so von Beust, der vehement verteidigte, dass von Welck noch immer keine konkreten Zahlen zur Kostensteigerung vorgelegt hat. "Es gibt rund 200 Positionen, bei denen Hochtief Mehrkosten geltend macht. Aber genau das ist strittig", sagte von Beust. "Wer Zahlen nennt, schwächt die Position der Stadt."

Von Beust reagierte auch emotional auf die Vorwürfe der Opposition. "Die Grenze zwischen Sorge und Häme ist bei Herrn Neumann sehr fließend", sagte von Beust. "Ich kann verstehen, dass der Bürgermeister angesichts des Chaos etwas nervös ist", antwortete Neumann süffisant.

Kultursenatorin von Welck räumte ein, dass die laufenden Verhandlungen mit Hochtief "schwieriger als erwartet" seien. Ihr ginge aber "Qualität vor Geschwindigkeit". Erneut verteidigte sie den Rauswurf von ReGe-Chef Hartmut Wegener im September, dem Chefmanager aufseiten der Stadt. "Wir mussten die Reißleine ziehen, um Fehlentwicklungen zu vermeiden", sagte von Welck. Es habe eine "missliche Krisenkommunikation" gegeben, für die Wegener die Verantwortung getragen habe.

SPD-Fraktionschef Neumann warf der Senatorin vor, sie handele bisweilen "naiv und apolitisch". Da sprang die GAL-Kulturpolitikerin Eva Gümbel für von Welck in die Bresche: "Die Senatorin ist eine Frau, die Mängel abbaut und Probleme angeht und löst." Der CDU-Abgeordnete Jörg Hamann warf der SPD vor, sie wolle die Elbphilharmonie gar nicht mehr. "Das ist blanker Populismus", so Hamann. "Wir stehen zur Elbphilharmonie - und zwar zu den Bedingungen, die der Senat mit Hochtief vertraglich vereinbart hat", konterte der SPD-Haushaltsexperte Peter Tschentscher.

Filme zum Bau der Elbphilharmonie