Während eine Kita in einem Rissener Wohngebiet genehmigt wurde, stoppte das Gericht eine andere in Othmarschen. Schuld ist das Baurecht.

Die eine Kita mit mehr als 100 Kindern liegt in einem Wohngebiet in Rissen - und wurde trotz der Proteste von Anwohnern und Bezirk vom Verwaltungsgericht genehmigt. Die andere - an der Reventlowstraße in Othmarschen - wurde, wie berichtet, verboten, auch wenn dort zurzeit nur 40 Kinder angemeldet sind. Zwei vergleichbare Fälle, zwei unterschiedliche Urteile - ein Beispiel für die große Rechtsunsicherheit in Hamburg.

Darum geht es: Wie berichtet, bekamen kürzlich Anwohner recht, die wegen des zu erwartenden Lärms gegen die neue Kita an der Reventlowstraße (Othmarschen) geklagt hatten. Im Frühjahr hatte das Verwaltungsgericht in einem ganz ähnlichen Fall völlig anders entschieden. Damals hatte der Kita-Betreiber SterniPark gegen das Bezirksamt Altona geklagt, weil das Amt eine Ausweitung einer Kita an der Straße Grot Sahl (Rissen) nicht mitmachen wollte. SterniPark, bereits in Besitz der Gebäude Grot Sahl 20 und 22, hatte damals beantragt, auch noch das Haus Grot Sahl 24 in die Kita-Nutzung einzubauen. Das Bezirksamt machte geltend, dass mit der geplanten Erweiterung eine Größenordnung der Kita erreicht wird, die "mit der umgebenden Wohnnutzung nicht mehr verträglich und somit (...) nicht mehr zumutbar sei". Das Gericht gab schließlich SterniPark recht. In dem Urteil heißt es unter anderem, dass die Erweiterung der Kita "mit der Eigenart des Baugebiets gerade noch vereinbar ist". In Othmarschen klagten einige Monate später die Nachbarn - und bekamen recht.

Verblüffend: Die Gegend um die Straße Grot Sahl ist ein reines Wohngebiet mit Einzelhäusern, und verglichen mit der Reventlowstraße ist es hier wesentlich ruhiger. Und: Während an der Kita Reventlowstraße laut SterniPark knapp 40 Kinder angemeldet sind, werden in der Rissener Kita nach der Erweiterung 196 Kinder betreut.

Warum fielen die Urteile so unterschiedlich aus? Der Teufel steckt hier im Detail. Während Grot Sahl im "Allgemeinen Wohngebiet" liegt, gilt die Gegend um die Reventlowstraße als "Reines Wohngebiet". Zwar sind dort Kindertagesstätten grundsätzlich erlaubt, die Gegend ist aber zusätzlich auch noch als "besonders geschütztes Wohngebiet" ausgewiesen. Die Unterscheidung stammt aus der Baunutzungsverordnung und ist damit Bundesrecht.

Beide Gerichtsbeschlüsse zeigen, wie hoch das Gericht die Verordnung ansiedelt - sie kann, vereinfacht gesagt, Hamburgs Kinderlärmgesetz vor Gericht aus dem Feld schlagen.

Politiker fordern jetzt, diese Rechtsprechung genau unter die Lupe zu nehmen, denn vielerorts spiegelt die Rechtslage gar nicht die tatsächliche Situation vor Ort wider. Die SPD-Jugendexpertin Carola Veit: "In Gegenden mit hohem Kita-Bedarf müssten die Bebauungspläne auf den Prüfstand", so Veit, allerdings müssten die Bezirksämter dann auch mit den entsprechenden Kapazitäten ausgestattet werden.

"Es muss sichergestellt werden, was in welcher Art von Wohngebiet nun erlaubt ist", meint auch der Sprecher der CDU Altona, Sven Hielscher.