Die größten Klimasünder sind das Rathaus und das Hotel Atlantic, sehr gut isoliert ist dagegen die Europa-Passage.

Es ist eine fast sternenklare Nacht. Das Thermometer zeigt gerade mal drei Grad Celsius an, als Architekt Jens Weyers seine Wärmebildkamera vor dem Hamburger Rathaus aufbaut. Der Thermografie-Experte stellt sein Gerät ein, und der Bildschirm leuchtet auf. "Anhand des Thermobildes kann man deutlich sehen, wo Energie verloren geht", sagt er und zeigt mit dem Finger auf die roten Flecken auf dem Display der Spezialkamera. Zu sehen sind die Fenster des Rathauses, die die Kamera in dunklen Farbklecksen darstellt. "Die roten Farben stehen für Flächen mit höherer, die blauen für Flächen mit einer niedrigeren Temperatur", erklärt Weyers weiter.

Nach dem Rathaus geht er zur Europa-Passage am Ballindamm. "Hier erkennt man einen deutlichen Unterschied zum Rathaus. Die Passage gibt viel weniger Wärme ab, trotz der großen Glasfronten", sagt Weyers. Das Wärmebild zeigt es deutlich: Statt großer roter Flecken wie beim Rathaus ist das Bild der Europa-Passage einheitlich. "Das spricht meist für eine gute Dämmung, die roten Flächen können auch Wärmereflektionen von anderen Gebäuden sein, ganz genau weiß man das immer erst nach der qualitativen Analyse", sagt Weyers. Er hat extra eine Ausbildung für den Gebrauch der Wärmebildkamera gemacht. Es zeichnet sich schon länger ein Trend ab: "Die Nachfragen unserer Kunden nach thermografischen Untersuchungen sind in den vergangenen Jahren um 50 Prozent gestiegen". Nächste Stationen: das Atlantic Hotel an der Alster, der Vattenfall-Bau von Arne Jacobsen in der City Nord, die Grindelhochhäuser, die Greenpeace-Zentrale an der Großen Elbstraße und das Hamburg Trade Center an der Kehrwiederspitze. Jedes Mal ein neues Bild. Spitzenreiter im Energieverlust bleibt das Rathaus - Amtsitz von Bürgermeister Ole von Beust. Der hatte erst am vergangenen Dienstag ein auf mehrere Jahre angelegtes Programm zur Bekämpfung des Ausstoßes von Kohlendioxid vorgelegt (wir berichteten). Es solle alle wichtigen Bereiche betreffen, unter anderem auch die Wärmedämmung von Gebäuden.

Als ersten Schritt hatte von Beust gemeinsam mit Umweltsenator Axel Gedaschko (CDU) ein Kooperationsprojekt mit der Wohnungswirtschaft vorgestellt. Ziel sei es, durch Sanierungen bis zum Jahr 2020 den Energiebedarf um 15 Prozent und den Kohlendioxidausstoß um 25 Prozent zu verringern.

Bei vielen Häusern sei eine grundlegende Isolierung dringend erforderlich, so der Experte. "Besonders deutlich sieht man die Unterschiede zwischen den Häusern, die vor der ersten Wärmeschutzverodnung 1977 gebaut wurden, und denen danach." Das hat auch der Abendblatt-Test bestätigt. Wie zum Beispiel im Vergleich zwischen Atlantic Hotel und Hamburg Trade Center.

Mit gutem Beispiel voran gehen die Naturschützer von Greenpeace. Ihre Zentrale "ist wirklich gut isoliert", sagt Weyers.