Rückzug: Von Beust und Peiner verkünden Ende der Verhandlungen. Wirtschaft und Opposition begrüßen die Entscheidung des Senats. Dennoch gibt es harsche Kritik an der Verhandlungsführung.

Der Saal 151 im Hamburger Rathaus ist bis auf den letzten Platz gefüllt, als pünktlich um 13.30 Uhr Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) vor die versammelten Rathausjournalisten treten. Die brisante Nachricht ist zu diesem Zeitpunkt bereits durchgesickert. Alle wissen: Die Hamburger haben ihre Gespräche mit Bahnchef Hartmut Mehdorn vor wenigen Stunden endgültig abgebrochen. Und alle sind gespannt: Wie werden der Bürgermeister und sein Finanzsenator diesen Schritt begründen? Werden sie versuchen, die Entscheidung schönzureden oder ihren Mißerfolg eingestehen?

Ole von Beust wählt eine Doppelstrategie: Er setzt sein bewährtes Sonnyboy-Lächeln auf, er flaxt und versprüht gute Laune wie bereits am Tag zuvor - redet andererseits aber um die Pleite kaum herum: "Ein Erfolg ist das heute nicht gerade, das ist klar", gibt er auf Nachfrage zu. Der Hamburger Senat stehe jedenfalls als Verhandlungspartner nicht mehr zur Verfügung: "Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende."

Wolfgang Peiner setzt weniger auf die Demonstration ausgeprägt locker-flockiger Gelassenheit. Er verzieht keine Miene, biegt am Gestell seiner Brille und verkündet markige Worte, die der "Legendenbildung", wie er sagt, vorbeugen sollen: "Ein Vorstand muß klare Kante fahren. Da das bei der Deutschen Bahn nicht der Fall war, haben wir unsere Konsequenzen gezogen. Und ich bleibe dabei: Es war Mehdorn, der uns im November angeboten hat, den Sitz der Bahn nach Hamburg zu verlegen. Es stimmt einfach nicht, daß wir die ersten waren, die dieses Thema aufgebracht haben."

SPD-Landeschef Mathias Petersen folgt den Ausführungen der CDU-Politiker mit skeptischer Miene im Publikum. Direkt im Anschluß an die Pressekonferenz bittet Petersen dann selbst zum Gespräch. Besonders scharf rechnet er mit Finanzsenator Wolfgang Peiner ab: "Man muß fragen, ob Herr Peiner der richtige Mann an seinem Platz ist", so Petersen, überhaupt müsse man fragen, von wem sich der Bürgermeister beraten lasse. Daß von Beust kurz zuvor einen Mehrheitsverkauf von HHLA und Hochbahn ausgeschlossen hatte, findet aber Petersens Anerkennung: "Das war ein wichtiger Hinweis des Bürgermeisters." Sollte der Senat bei der Suche nach neuen Investoren diesen Kurs beibehalten, sei ihm die Unterstützung der SPD sicher.

Wenig warme Worte kommen von Petersens Oppositionskollegin Christa Goetsch von der GAL-Bürgerschaftsfraktion: "Das ist eine Blamage für von Beust, aber ein Segen für die Stadt. Prestigestreben und Wunschdenken hatten Bürgermeister und Finanzsenator den Blick für die Realitäten verstellt. Nun sind sie mit Verspätung auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Das kann man schon einen Rohrkrepierer nennen", frohlockt die Grüne.

Helle Freude herrscht in der Chefetage der Spedition Kühne + Nagel. Mehrheitsgesellschafter Klaus-Michael Kühne spricht von einem "guten Tag für Hamburg und sein Logistik-Gewerbe". Bahn und Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA) hätten einfach nicht zusammengepaßt, sagt er. "Uns bleibt nun der Kooperationspartner HHLA erhalten, ohne in die Hände eines Konkurrenten zu fallen." Deshalb steht jetzt fest: Kühne + Nagel wird seine neue Hauptverwaltung in der HafenCity beziehen, sein Deutschland-Hauptquartier in Hamburg lassen und auch sein Engagement am Containerterminal Altenwerder ausbauen. "Nach dieser Entscheidung setzen wir voll auf Hamburg und eine gute Zukunft." Am Abend will Klaus-Michael Kühne zur Feier der Nachricht erst einmal eine "gute Flasche Rotwein" aufmachen.

Auch Emanuel Schiffer, einer der Vorsitzenden der Geschäftsführung der Eurogate-Gruppe, sieht die Entwicklung positiv. "Der Senat ist weise genug, dem Spielchen ein Ende zu bereiten." Vorteile für die HHLA unter der Regie der Bahn habe er nicht erkennen können. Ein Tag der Freude ist der Freitag deshalb auch für den Präses der Handelskammer Karl-Joachim Dreyer. Er war von Anfang an ein Gegner des Bahn-Deals. Und begrüßt nun die "klare und entschlossene Haltung des Senats, auf den Zusammenhang zwischen Verlagerung der Bahnzentrale und Beteiligung der Bahn an HHLA und Hochbahn zu bestehen." Wenn die Bahn jetzt diesen Zusammenhang aufgebe, sei der Abbruch der Gespräche durch den Senat "nur konsequent." Hamburg habe mit HHLA und Hochbahn zwei erfolgreiche Unternehmen, die für jeden Investor sehr interessant seien. "Deshalb ist keine Eile bei der Suche nach neuen Partnern geboten."

Klaus-Dieter Peters, Vorsitzender des Vorstands der HHLA, gibt sich nach außen sogar gänzlich unberührt von der aktuellen Entwicklung: "Wir arbeiten unaufgeregt weiter unsere Etappenziele in Richtung Kapitalmarktfähigkeit ab."