Der Finanzsenator hatte das Engagement des Instituts in Steuerparadiesen verteidigt. Kommt jetzt ein Untersuchungsausschuss?

Die Aussagen von Finanzsenator Michael Freytag (CDU) zum Engagement der HSH Nordbank in Steuerparadiesen im gestrigen Abendblatt-Interview haben bei der Opposition für Empörung gesorgt. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs, Mitglied im Haushaltsausschuss, forderte gestern den Rücktritt Freytags. "Das kann nicht wahr sein", so Kahrs. "Ein Finanzsenator kann Steuerflucht oder Steuerhinterziehung nicht gutheißen. Das ist skandalös. Michael Freytag muss als Finanzsenator zurücktreten." Die Äußerungen des CDU-Landeschefs "spotten jeglicher Beschreibung", so Kahrs.

Anlass der Aufregung ist Freytags Antwort auf die Abendblatt-Bitte um eine Erklärung dafür, dass eine staatliche Bank wie die HSH offenbar Anleger zur Geldanlage in Steueroasen ermuntere, um dem deutschen Staat Steuern vorzuenthalten. "Wenn die Bank mit ihren Geschäften Gewinne macht, fließen diese Gewinne ja zurück in den Haushalt - zugunsten des Steuerzahlers" hatte Freytag gesagt. "Und die HSH Nordbank hat lange sehr gute Geschäfte gemacht."

Auch der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Jürgen Koppelin, übte scharfe Kritik an Freytags Äußerungen und am Engagement der HSH Nordbank in Steuerparadiesen. "Man kann sich doch nicht mehr ernstlich darüber beklagen, dass Leute ihr Geld außer Landes bringen, wenn staatliche Banken selbst dazu auffordern." Noch deutlicher wurde der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki: "Mit der Argumentation von Finanzsenator Freytag können wir auch die Auslandskorruption bei Siemens rechtfertigen und gleich wieder einführen. Die Schmiergeldzahlungen des Konzerns haben zu reichlich Gewinnen im Inland geführt, die in Deutschland versteuert wurden und damit dem Fiskus zugutegekommen sind. Ein solches Rechtsverständnis macht mich sprachlos."

Da die HSH Nordbank die gemeinsame Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein ist, sind Politiker beider Länder mit dem Thema befasst. Das Abendblatt hatte am Montag berichtet, dass die Nordbank, obwohl ihre Kernaufgabe die Förderung der regionalen Wirtschaft ist, in der Vergangenheit rund 150 Tochterfirmen gegründet hat, viele davon in Steuerparadiesen wie den Cayman Islands.

Hamburgs SPD-Fraktionschef Michael Neumann bezeichnete Freytags Äußerungen als "Schlag ins Gesicht des ehrlichen Steuerzahlers". Gerade die Vorstellung, es gehe allein um Gewinne und Renditen, habe ja zu der Finanzkrise geführt. "Ich erwarte von öffentlichen Unternehmen ein anderes Verhalten als von rein privaten", sagte Neumann. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) müsse prüfen, ob das, was Freytag jetzt und in den vergangenen Wochen zum Thema Nordbank gesagt habe, noch mit dem vereinbar sei, was man von einem Finanzminister eines Bundeslandes erwarten könne, so Neumann. Die SPD behält sich noch immer die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses vor.

Unterdessen wurde bekannt, dass die HSH Nordbank ihren Kunden weiterhin Investitionen in ausländische Fonds empfiehlt - etwa um in Deutschland die zum Jahreswechsel eingeführte Abgeltungssteuer zu sparen. Im Kundenmagazin "Nordstern" vom Dezember etwa werben die Staatsbanker für den Transfer des Geldes nach Luxemburg. "In Luxemburg - nach den USA der Fondsstandort schlechthin - hat sich die HSH Nordbank auf die veränderte deutsche Gesetzgebung mit einer neuen Dachfonds-Produktfamilie eingestellt: mit dem HSH Lilux Privatportfolio", heißt es dort.

Nordbank-Sprecher Rune Hoffmann findet das unproblematisch. Schließlich würden die Steuern immer am Wohnort fällig, nicht am Ort des Investments, so Hoffmann. Auch das Engagement in der Karibik habe nichts mit Steuerflucht zu tun. Vielmehr habe sich die Bank über dortige Fonds an anderen Unternehmen beteiligt. Alle Gewinne würden ordnungsgemäß versteuert.

Senatssprecher Christof Otto ging gestern vorsichtig auf Distanz zu Freytag. "Ich verstehe die Aussage des Senators so, dass in der Vergangenheit alle gerne die Dividenden genommen haben, ohne nähere Fragen zu stellen", sagte Otto. "Eine Lehre aus den letzten Jahren muss sein, dass für Banken, an denen der Staat beteiligt ist, besondere Regeln zu gelten haben. Das gilt auch für sogenannte Steuersparmodelle, selbst wenn diese bei den Privatbanken üblich sein mögen."