Der CDU-Chef verteidigt den Doppelhaushalt 2009/2010. Er schließt aber erstmals neue Schulden nicht mehr aus.

Abendblatt:

Herr Senator, erklären Sie uns doch einmal, was eine staatliche Bank wie die HSH Nordbank mit Tochterfirmen in Steuerparadiesen wie den Cayman- oder den Marshall-Islands verloren hat.

Michael Freytag:

Wir werden jetzt genau prüfen, welche internationalen Engagements noch sinnvoll sind. Die Gründe für das Engagement sind nach Bankangaben reine Investitionen und die Refinanzierung der HSH-Nordbank.



Abendblatt:

Wir verstehen aber nicht, wie eine staatliche Bank Anleger ermuntern kann, in karibischen Steueroasen Geld anzulegen, um dem deutschen Staat Steuern vorzuenthalten. Das geht doch auf Kosten des ehrlichen Steuerzahlers.

Freytag:

Wenn die Bank mit ihren Geschäften Gewinn macht, fließen diese Gewinne ja zu großen Teilen zurück in den Haushalt - zugunsten des Steuerzahlers. Und die HSH Nordbank hat lange sehr gute Geschäfte gemacht. Sie versteuert ihre Erträge und die Gewinne kommen dem Hamburger Haushalt und damit allen Bürgern zugute.



Abendblatt:

Die Nordbank hat fast 20 Tochterfirmen und eine Niederlassung allein auf den Cayman-Islands. Wissen Sie, wie viele Büros und wie viele Mitarbeiter es gibt - oder sind das reine Briefkastenfirmen?

Freytag:

Das ist Gegenstand unserer Prüfungen.



Abendblatt:

Viele der Tochterunternehmen sind erst in den vergangenen Jahren gegründet worden und wohl nicht zufällig an Orten, an denen man besonders gut Steuern sparen kann. Stimmt Sie das nachdenklich?



Freytag:

Mich stimmt vieles nachdenklich, was die HSH Nordbank in den letzten Jahren gemacht hat. Es gab aber bisher keinen Hinweis im Aufsichtsrat, dass irgendetwas zu beanstanden gewesen wäre. International ist es üblich, solche Engagements einzugehen. Da jetzt alles auf dem Prüfstand steht, bin ich sehr sicher, dass die Beteiligungspolitik in Zukunft neu ausgerichtet wird.



Abendblatt:

Kann es sein, dass die HSH Nordbank auf den Cayman-Islands selbst auch Steuern spart, oder hilft sie ihren Kunden nur, Steuern zu sparen oder zu hinterziehen?

Freytag:

Alle Investoren sind für die ordnungsgemäße Versteuerung selbst verantwortlich. Es gibt nun einmal Länder in der Welt, in denen die Kosten niedriger sind als in Europa. Deshalb lassen auch viele Reedereien ihre Schiffe unter der Flagge ausländischer Staaten fahren - auch große, berühmte Hamburger Firmen sind darunter. Wir werden rigoros prüfen, ob die HSH Nordbank an Offshore-Adressen zwingend Geschäfte machen muss. Ich gehe davon aus, dass es zu einer sehr drastischen Reduzierung internationaler Aktivitäten kommen wird.



Abendblatt:

Was wird denn bleiben von der Bank?



Freytag:

Es wird weiterhin eine Konzentration auf die Förderung der mittelständischen Wirtschaft hier in der Region geben. Die Fortführung der Spartenaktivitäten, wie zum Beispiel die sehr profitable Schiffs- und Flugzeugfinanzierung werden wir prüfen. In diesen Bereichen schreibt die Bank schwarze Zahlen. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass wir nicht mehr undifferenziert Immobilienfinanzierung in der ganzen Welt zulassen werden. Das ist nicht die Aufgabe der Bank. Jahrelang ist das zwar gut gegangen, aber wir haben gesehen, dass die Kreditverpackungen zu Risiken führen, die wir nicht mehr bereit sind zu tragen.



Abendblatt:

Hat Sie als Finanzexperte die Krise überrascht?



Freytag:

Die Wucht, mit der die HSH Nordbank von der internationalen Krise betroffen ist, empfinde ich als bedrückend und schockierend. Alles, was Bundesbank, Bankenaufsicht und Wirtschaftsprüfer uns gesagt haben, gilt nicht mehr. Die Welt ist komplett gedreht worden. Das "Undenkbare" ist eingetreten: Mit Triple A geratete Großbanken wie Lehman Brothers sind Konkurs gegangen. Staaten wie Island sind faktisch Konkurs gegangen. Das war vor wenigen Monaten noch undenkbar und ist jetzt Realität. Ich bin, was das angeht, demütig geworden. Wir haben sicher alle Fehler gemacht. Es ist nur schwer, Fehler zu vermeiden, die man nicht erkennen konnte.



Abendblatt:

Aber es war seit Längerem bekannt, dass mit dem US-Immobilienmarkt etwas nicht stimmt. War es nicht so, dass alle bis zur Lehman-Pleite weitergemacht haben, um den letzten Cent herauszuholen, statt rechtzeitig die Notbremse zu ziehen?



Freytag:

Ich kann mir nicht vorstellen, dass man einfach weitergemacht hätte, wenn man die heutigen Erkenntnisse gehabt hätte.



Abendblatt:

Hamburg dürfte als Hafen besonders unter der Krise leiden. Reicht da das kleine Konjunkturprogramm von 250 Millionen Euro?

Freytag:

Wir haben einen ausgeglichenen Haushalt ohne Neuverschuldung und gehen wetterfest in das Jahr 2009. Der Steuerüberschuss aus 2008 ist höher als der erwartete Einbruch für 2009. Zudem ist es gut, dass Bund und Land gemeinsam mit abgestimmten Programmen auf die Krise reagieren. Ich gehe davon aus, dass wir vom Bund auch einen kräftigen Schluck aus der Pulle für Infrastrukturmaßnahmen bekommen werden.



Abendblatt:

Wofür?

Freytag:

Infrastrukturmaßnahmen, etwa Autobahnbau wie die Hafenquerspange.



Abendblatt:

Ist es eigentlich angesichts der ungewissen Entwicklung noch sinnvoll, einen Doppelhaushalt für 2009 und 2010 zu verabschieden?

Freytag:

Ja, auf jeden Fall. Man kann mit so einem Doppelhaushalt besser eine Politik aus einem Guss machen, weil man einfach langfristiger plant. Sollte es massive Steuerausfälle geben, haben wir die Möglichkeit, einen Nachtragshaushalt einzubringen.



Abendblatt:

Können Sie neue Schulden ausschließen?

Freytag:

Für den Doppelhaushalt 2007/2008: ja. Für die Zukunft: nein.