"Süddeutsche Zeitung" (München): Ein anderes Urteil war nicht möglich und durfte nicht sein. Die Strafvollstreckung dient hier nicht der Resozialisierung, sondern der Sozialisierung.

"Flensburger Tageblatt" : Das Eliminieren eines weiblichen Familienmitglieds wegen freiheitlicher Lebensart ist nichts als ein heimtückischer Mord; die krude Vorstellung von Familienehre nichts als ein niederer Beweggrund.

Wenn diese Wertung für die Familie O. aus Afghanistan oder für andere Mitglieder von Parallelgesellschaften in unserem Land ein Kulturschock ist, dann hoffentlich ein heilsamer.

"Badische Neueste

Nachrichten" (Karlsruhe): Kulturelle Eigenarten hin oder her - ein Verbrechen bleibt ein Verbrechen. Fremde bereichern zwar eine Gesellschaft mit ihrer Andersartigkeit. Doch eines muss auch klar sein: Menschen aus Kulturen, in denen Frauen unterdrückt werden, müssen sich anpassen.

"Mannheimer Morgen" : Mit diesem Urteil wurde auch die Gültigkeit eines extrem patriarchalen Systems bestritten, das in manchen Familien unverändert praktiziert wird.

"Emder Zeitung" : Respekt und Toleranz vor anderen Religionen und daraus resultierenden Moralvorstellungen sind zwar vom Grundgesetz gefordert - beinhalten aber eben keinen Freibrief für eigene Gesetze.

"Fränkischer Tag" (Bamberg): Das Hamburger Urteil stellt mit dankenswerter Klarheit fest, dass auch dort der liberale Rechtsstaat gilt, wo im Namen einer patriarchalen Ehre Selbstjustiz geübt wird.

"Märkische Allgemeine" : Die Selbstbestimmung und die Unversehrtheit von Körper und Geist sind zentrale und unantastbare Grundsätze der Menschenrechte.

Das mögen manche nicht so sehen. Das respektlose Gebaren der Familie Obeidi vor Gericht, ihre offenkundige Verachtung der Institutionen einer freien und demokratischen Gesellschaft zeigt dies.

"Frankfurter Rundschau" : Wird Morsals Bruder nun härter bestraft, weil das Gericht ein Exempel gegen sogenannte Ehrenmorde statuieren wollte?

Es musste entscheiden, ob es Mord war. Ehre als Motiv wäre da ein niedriger Beweggrund von vielen. Wenn diese Sicht ein Kulturschock ist, ist das gut so.

"Weser-Kurier" (Bremen): Etwa 50 Frauen sind in den letzten zehn Jahren in Deutschland aus ähnlichen Gründen umgebracht worden. Das kann keine zivilisierte Gesellschaft hinnehmen.

Gemeinschaften, die dafür Rechtfertigungen finden, dürfen hier keine Nische finden.