Insgesamt 12.000 Teilnehmer radelten bei der Sternfahrt mit: 5000 demonstrierten in der City für eine freundlichere Verkehrspolitik.
Altstadt. Zu meckern haben Fahrradfahrer in Hamburg reichlich, und es gibt auch Gründe dafür: "Die Radwege sind häufig kaputt und zu schmal, die Autofahrer rücksichtslos, und es gibt zu wenig Radfahrstreifen in der Stadt", sagt Thomas Falke, der aus Niendorf mit seinem Rad und Tochter Johanna, 3, im Anhänger auf den Rathausmarkt gekommen ist.
Weil Hamburg in seinen Augen eine fahrradunfreundliche Stadt ist, fuhren Thomas Falke und rund 12 000 weitere Mitstreiter gestern Rad. Sie demonstrierten damit für eine fahrradfreundlichere Verkehrspolitik. Zum Abschluss einer Sternfahrt kamen etwa 5000 Teilnehmer auf dem Rathausmarkt zusammen.
Hamburg, sagt Thomas Falke, sei nicht darauf ausgelegt, dass die Menschen auf das Fahrrad umsteigen. Er ist an diesem Sonntag die Strecke von Niendorf in die Stadt über den Krohnstiegtunnel, durch Langenhorn, den Stadtpark, über den Winterhuder Markt und am Grindel entlang auf der Straße gefahren. "Die Fahrradwege sind in einem schlechten Zustand. Das Geholpere kann ich meiner Tochter im Anhänger nicht antun." Familie Falke ist ausschließlich mit Bus, Bahn und Fahrrad unterwegs. Ein Auto besitzen sie nicht.
+++ Fahrrad-Sternfahrt in die City - Mehr als 10.000 Radler erwartet +++
"Der Senat muss seine Fahrradpolitik konsequent umstellen", fordert auch Michael Stahl, Radfahrer aus Eppendorf. "Wir brauchen eine eigene Spur auf den Straßen." Auch Silvia von Oppen ist mit ihrem hellgrünen Stricker-Damenfahrrad zum Rathausmarkt gekommen. Die 71-Jährige ist mit dem Radfahren in Hamburg ganz zufrieden und lässt sich keineswegs von Autofahrern stressen. "Ich lasse mir Zeit."
Am Mittag war sie in Farmsen gestartet, und sie brauchte etwas mehr als eine Stunde für die Strecke, ein Stück ging am grünen Eilbekkanal entlang. "Dort haben sie gerade zwei neue Fahrradspuren angelegt. Danke, lieber Senat", sagt sie. Neben zahlreichen Liegerädern, einem grünen Klapprad-Tandem und einigen modernen Elektrofahrrädern hatte Silvia von Oppen vermutlich eines der ältesten Fahrräder vor Ort. Das Rad mit den geputzten Felgen hat sie seit ihrem 13. Lebensjahr. 220 Mark hat das damals gekostet. "78 Mark hatte ich von meiner Oma geerbt, den Rest musste ich sparen. Und dann, im Sommer 1954, wurde dieses Fahrrad mit dem großen Lkw geliefert", erinnert sie sich. Bis auf Klingel, Sattel, Dreigangschaltung, Schutzbleche und unplattbaren Reifen sind alles Originalteile. Ein Auto braucht sie nicht. Sie fährt mit Bus, Bahn und Fahrrad.
Die Sternfahrt des Aktionsbündnisses "Mobil ohne Auto", die aus dem Hamburger Umland über 23 Routen in die Stadt führte, warb für die Förderung des Radverkehrs und eine umweltgerechte Verkehrspolitik. Sie findet bundesweit am dritten Sonntag im Juni statt. Höhepunkt der Tour war die Freigabe der Köhlbrandbrücke für Radfahrer. Veranstalter Uwe Jancke war zufrieden mit der Sternfahrt: "Bis auf ein paar platte Reifen gab es keine Zwischenfälle. Und wir hatten mehr Teilnehmer als im Vorjahr."