Gemüsebauern sind verzweifelt und haben Existenzsorgen
Ochsenwerder. Gerd Wobbe hat nichts zu verbergen. Im Gegenteil, er ist froh über jeden, der sich persönlich davon überzeugt, dass bei ihm sauber gearbeitet wird. Und Zeit hat der Gemüsebauer, der seinen Hof in Ochsenwerder in zweiter Generation bewirtschaftet, derzeit mehr, als ihm lieb ist. Denn obwohl die gefährlichen EHEC-Erreger bislang nur auf Importgurken gefunden wurden und nicht auf norddeutschem Gemüse, kauft ihm niemand mehr seine Gurken ab. "Am Donnerstag haben wir etwa 100 Kartons mit je zwölf Gurken auf den Großmarkt Hamburg geliefert, aber die stehen da immer noch", sagt Wobbe. Besonders bitter für ihn: Erst vor ein paar Tagen haben er und seine Mitarbeiter mit der ersten Ernte begonnen, und nun ist schon wieder Schluss.
Der Ochsenwerder Landwirt kultiviert ausschließlich Gurken und keine anderen Gemüsesorten. "Im schlimmsten Fall werden wir Hartz-IV-Empfänger", sagt er mit düsterer Miene.
In großen Gewächshäusern wachsen die Gurken heran. Weil er von Mitte Mai bis Ende September ernten will, sind manche Pflanzen mannshoch, andere noch zarte Pflänzchen. Glashausgurken wachsen auf Substratmatten. Erde wird bei dieser Gemüsezucht nicht mehr eingesetzt. Die Mutmaßung, Gülle könne verantwortlich sein für die EHEC-Erreger, sei deshalb völlig abwegig, sagt Wobbe. "In unserem ganzen System gibt es keine Gülle. Und hier kommt auch von außen nichts herein."
"Eine Kontamination mit Gülle ist bei der Unterglasproduktion vollkommen unmöglich", betont auch Heinz Behrmann, Präsident des Bauernverbandes Hamburg. Zurzeit gebe es noch keine Tomaten und Gurken aus Freilandproduktion, erst im Hochsommer komme das Gemüse direkt vom Feld. "Wir wissen, dass Wiederkäuer diese EHEC-Keime in sich tragen, aber sie erkranken nicht daran." Gülle würde nie mit den Gemüsepflanzen in Berührung kommen.
Die EHEC-Epidemie sei für die norddeutschen Gemüsebauern eine Katastrophe, sagt Behrmann: "BSE war ein Klacks dagegen." Denn anders als bei der Rinderseuche seien an EHEC bereits Menschen gestorben.
Die allgemeine Verunsicherung der Konsumenten spüren auch die norddeutschen Erdbeerbauern, die deutliche Umsatzeinbußen haben. "Bei Erdbeeren findet keine organische Düngung statt. Mist oder Gülle kommen überhaupt nicht zum Einsatz", sagt Enno Glantz, der seit 50 Jahren Erdbeeren anbaut. "Dazu kommt, dass wir keine Viehhaltung betreiben. Unsere Erdbeeren sind völlig unbedenklich."
Auch Wobbe, der in guten Jahren etwa 600 000 Gurken verkauft hat, hofft, dass rasch aufgeklärt wird, wo die todbringenden Erreger herkommen. Denn bereits am Montag erwartet er wieder eine Lieferung: 2000 Gurkenpflanzen.