An der Kundgebung in Hamburg nahm auch Bürgermeister Scholz teil. Die zentrale Veranstaltung der Gewerkschaften fand in Kassel statt.

Hamburg. Für "Faire Löhne, gute Arbeit, soziale Sicherheit“ sind am Sonntag zum Tag der Arbeit tausende Menschen auf die Straße gegangen. In Hamburg und Schleswig-Holstein haben mehrere tausend Menschen am Sonntag für bessere Arbeitnehmerrechte und einen gesetzlichen Mindestlohn demonstriert. In Hamburg kamen zu Kundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes nach DGB-Angaben insgesamt mehr als 5000 Menschen. Auch Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) maschierte mit. In Kiel gingen laut Polizei rund 1000 auf die Straße. Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Klaus Wiesehügel, hat vor einem Missbrauch der neuen EU-Freizügigkeit und Dienstleistungsfreiheit durch Arbeitgeber gewarnt. „Wir werden erleben, dass sie versuchen, Leiharbeiter aus Osteuropa zu Dumpinglöhnen zu beschäftigen“, sagte Wiesehügel auf der DGB-Kundgebung zum 1. Mai in Hamburg. Die IG BAU befürchtet, dass Arbeitnehmer aus den osteuropäischen Staaten mit Niedrigstlöhnen unter fünf Euro abgespeist werden.

Die Gewerkschaft will die neuen Beschäftigten deshalb möglichst direkt nach ihrer Ankunft organisieren. Wiesehügel rief die Arbeitnehmer auf, die neuen Kollegen darüber zu informieren, „wie ihre Rechte und ihre Einkommen bei uns gestaltet sind“. Sollte es nicht gelingen, Lohndumping beim grenzüberschreitenden Einsatz von Entsendekräften und Leiharbeitern zu verhindern, drohe hierzulande eine massive Ausweitung ausbeuterischer Arbeitsverhältnisse.

Wiesehügel forderte die Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns, wie er in den meisten der Nachbarländer längst gelte. Zudem müssten die Kontrollen bei den Arbeitgebern wirksamer werden als bisher.

Scharf griff Wiesehügel die Politik der Bundesregierung wegen ihres „sturen Festhaltens“ an der Rente mit 67 an. Es gebe weder genug Jobs für ältere Beschäftigte, noch könnten wegen der körperlichen Belastungen Arbeitnehmer in vielen Berufen bis 67 durcharbeiten. Die Rente mit 67 sei nichts als ein gigantisches Rentenkürzungsprogramm.

Wiesehügel forderte eine Rentenversicherung, in die jeder aus allen Einkunftsarten einzahlt, die eine menschenwürdige Mindestrente beinhaltet und die es auch kranken Menschen erlaubt, ohne Abzüge vorzeitig in Rente zu gehen.

+++ Walpurgisnacht: 2300 Polizisten halten 4000 Demonstranten in Schach +++

"Der 1. Mai ist kein Feiertag, sondern ein Tag, an dem wir für unsere Rechte als arbeitende Menschen demonstrieren“, sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Michael Sommer, auf der zentralen DGB-Kundgebung in Kassel. Nach DGB-Angaben nahmen rund 4000 Menschen teil, die Polizei zählte rund 3000. Sommer forderte einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde und gleichen Lohn für Stamm- und Leihbeschäftigte. Er befürwortete die Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes für Arbeitnehmer aus Osteuropa zum 1. Mai: „Sie sind willkommen.“ Dies gelte aber nicht für die Arbeitgeber, die nun auf billige Arbeiter aus dem Osten hofften.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Franz-Josef Möllenberg, warf der Bundesregierung „unerträgliche Flickschusterei“ in der Arbeitsmarktpolitik vor. Es sei eine „Schande“, dass Beschäftigte in einem der reichsten Länder der Welt um Selbstverständlichkeiten wie faire Löhne, gute Arbeit und soziale Sicherheit kämpfen müssten, sagte Möllenberg im bayerischen Rosenheim. Die schwarz-gelbe Koalition müsse unverzüglich den Grundsatz „Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit“ verwirklichen.

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DGB-Bildungswerk will offenbar bis zu 60 Mitarbeiter entlassen

Dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) stehen übereinstimmenden Medienberichten zufolge Entlassungen in den eigenen Reihen bevor. Das DGB-Bildungswerk schließe in den Standorten Hamburg und Bayern zwei seiner vier Häuser, berichteten die Nachrichtenmagazine „Focus“ und „Spiegel“ am Sonntag. Bis zu 60 Mitarbeiter würden ihre Arbeit verlieren. Wie der „Spiegel“ berichtete, sind mit dem Vorgang schon drei Arbeitsgerichte befasst. Der Gesamtbetriebsrat des DGB Bildungswerks und die Geschäftsführung der 100-prozentigen DGB-Tochter haben sich demnach gegenseitig verklagt. Die Verfahren werden in Hamburg, München und Düsseldorf geführt.

Betriebsbedingte Kündigungen seien beim DGB durch eine Betriebsvereinbarung bis 2014 ausgeschlossen, berichtete der „Spiegel“. Alle Betriebsvereinbarungen des DGB gälten auch für das Bildungswerk. In diesem Fall wolle der DGB jedoch von der bisherigen Praxis abweichen und eine harte Linie fahren.

Laut „Focus“ erhält das Bildungswerk vom DGB jährlich fünf Millionen Euro. DGB-Chef Michael Sommer wurde mit den Worten zitiert, er habe darum gebeten, die Möglichkeiten von Ersatzarbeitsplätzen zu prüfen. Aber er könne „niemandem eine Alternative garantieren“. Ausgleichsstellen im DGB sehe er nicht.

(dapd/dpa)