Hamburg. Überraschender Wechsel eines Bezirksabgeordneten bringt im Rathaus einiges durcheinander. Gründe, Folgen und wer ihn aufgenommen hat.

Die Bezirkswahlen in Hamburg sind erst sechs Monate her, die neue Versammlung in Altona hat sich gerade zusammengefunden, da sieht die Welt hier schon wieder anders aus. Die Mehrheiten haben sich verschoben. Ins Rollen brachte das Ganze der überraschende Partei-Wechsel eines Abgeordneten.

Kai-Uwe Helmers, Hausarzt in Ottensen, hat die Fraktion der Linken verlassen und sein Mandat zu den Grünen mitgenommen. Damit verlieren die Linken nicht nur eine Stimme, die sie gerade dazugewinnen konnten, und fallen zurück auf sechs Abgeordnete in der Bezirksversammlung, sondern die Grünen setzen sich in Altona mit 15 Sitzen noch mal mehr von den anderen Fraktionen ab.

Bezirksversammlung Altona: Linker geht zu Grünen – so entsteht neue Mehrheit im Rathaus

Anders als noch nach der Wahl kommen die Grünen zusammen mit der SPD als zweitstärkste Fraktion jetzt auf genügend Stimmen, um Entscheidungen in der Bezirksversammlung durchzubringen. Zuvor brauchte es immer eine der kleinen Parteien, die mitstimmen musste, also mindestens drei Fraktionen mussten sich einig sein.

Die Bezirksversammlung in Altona hat sich seit den Wahlen im Juni gerade erst gefunden.
Die Bezirksversammlung in Altona hat sich seit den Wahlen im Juni gerade erst gefunden. © Roland Magunia / Funke Foto Services | Roland Magunia

Der Wechsel des Linken-Abgeordneten hat noch eine weitere Folge: Um die neuen Verhältnisse, also die Mehrheit von SPD und Grünen, in den Ausschüssen abbilden zu können, bräuchte es eigentlich 17 Mitglieder pro Ausschuss anstatt wie bislang 15. Ob es zu dem Wachstum kommt, ist derzeit in Prüfung bei der übergeordneten Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung, die auch für die Bezirke zuständig ist. Denn letztlich sind damit auch Kosten in Form von Sitzungsgeld verbunden.

Kai-Uwe Helmers aus Altona erklärt Wechsel mit Corona-Politik und Haltung zum Nahost-Konflikt

Kai-Uwe Helmers bestätigt auf Abendblatt-Anfrage, dass er aus der Linken-Fraktion sowie der Partei ausgetreten ist und sich der Grünen-Fraktionen angeschlossen hat. „Ich bin aber noch nicht in die Partei eingetreten“, so Helmers. Als Gründe für den Austritt führt er Entscheidungen auf Landes- und Bundesebene wie die Corona-Politik, Waffenlieferungen an die Ukraine sowie die Haltung der Partei zum Nahost-Konflikt an. „Es war ein langer Prozess der Entfremdung“, sagt Helmers. Mit der Linken-Fraktion in Altona habe seine Entscheidung nichts zu tun, betont er.

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Warum er sein Mandat nicht niederlegte, erklärt er mit vielen Einzelstimmen, die ihn laut seiner Aussage persönlich gewählt hatten und nicht wegen der Partei. Fraktionslos wollte er nicht in der Bezirksversammlung sitzen: „Ich bin politischer Anfänger, allein hätte ich gar nichts bewirkt.“

Linke in Altona kritisiert Austritt von Kai-Uwe Helmers als „zutiefst unsolidarisch“

Bei den Linken in Altona beurteilt man seinen Wechsel kritisch, vor allem weil er die Mehrheitsverhältnisse verändert hat. Fraktionschef Karsten Strasser sagt: „Wir stellen fest, dass Kai-Uwe Helmers im Juni, also lange nach der Corona-Pandemie und lange nach der Trennung vom Wagenknecht-Lager, für Die Linke Altona in den Bezirkswahlkampf gegangen ist und gerade vor wenigen Wochen nach unserem Wahlerfolg als Nachrücker erstmals Teil unserer Bezirksfraktion wurde. Die Fraktion nun unter Verweis auf diese Konflikte zu verlassen, ist unlauter.“

Sein Austritt zu diesem Zeitpunkt sei zutiefst unsolidarisch gegenüber all den Genossen und Genossinnen, die gerade erst in Altona auch für ihn Wahlkampf gemacht haben. „Sein kürzlicher Beitritt zur Grünen-Fraktion verschafft jetzt Grünen und Sozialdemokraten eine Mehrheit in der Bezirksversammlung, die nicht dem Wählerwillen entspricht“, so Strasser, der für Die Linke von Helmers fordert „sein Mandat niederzulegen und damit das von den Wählern bestimmte Wahlergebnis wiederherzustellen“.