Hamburg. Verkehrsbehörde stellt Konzept für Luruper Hauptstraße vor. Diese soll deutlich ausgebaut werden. Einige Erklärungen überraschen.
So richtig gut kam das Konzept der Verkehrsbehörde im Hamburger Westen nicht an, das kürzlich für einen Teil der Luruper Hauptstraße präsentiert wurde. Es geht um den ersten Abschnitt der Hauptverkehrsstraße, die als eine von zwölf ausgewählten Magistralen eine besondere Bedeutung bei Hamburgs Stadtplanung spielt. Dabei geht es um die Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum durch eine deutliche höhere Bebauung.
Es geht in diesem Zusammenhang aber auch um die Neuordnung des Verkehrsraums. Wie sich die Verkehrsbehörde das vorstellt, davon konnten sich Interessierte während einer Infoveranstaltung einen Eindruck verschaffen. Die vorgestellten Pläne stießen dort auf harsche Kritik. Einige Politiker fordern sogar einen sofortigen Planungsstopp.
„Autobahn durch Lurup“: Neue Pläne für Luruper Hauptstraße sorgen für Wirbel
Darum geht’s: Die Luruper Hauptstraße soll laut Konzept deutlich ausgebaut werden – und zwar zulasten der angrenzenden Grundstücke. Von heute 21,5 Metern soll der gesamte Straßenraum auf 30 Meter anwachsen. Platz, der vor allem den Radwegen zugutekommt. Sie sind laut Konzept mit dann drei Metern auf jeder Seite doppelt so breit geplant. Der Fußweg würde von zwei Metern auf 2,50 verbreitert werden.
Aber auch für Autofahrer soll sich einiges ändern. Die derzeitigen vier Fahrspuren sollen dauerhaft befahrbar sein. Bislang werden sie wechselweise freigegeben, sodass zur Rushhour stadteinwärts und umkehrt abends stadtauswärts jeweils eine Fahrbahn mehr für einige Stunden zur Verfügung steht. Sprich: im Höchstfall drei Fahrspuren zeitweise befahrbar sind. Ansonsten kann jeweils auf einer Fahrspur pro Richtung geparkt werden. Diese Stellplätze würden nach dem neuen Konzept entfallen.
Erstaunen und Entsetzen über Planung in Lurup: „Was soll der Unsinn?“
Bei der Infoveranstaltung verfolgten viele der rund 120 Anwesenden die Ausführungen mit Erstaunen und Entsetzen. All das, was sich die Verkehrsbehörde für den Bereich ab der Hamburger Stadtgrenze vorstellt und in zwei Bebauungsplänen verankern will, sorgt vor Ort für viel Kopfschütteln. „Was soll der Unsinn?“, fragt zum Beispiel der Luruper Arnold Mallesch. „Wenn das kommt, haben wir hier eine Autobahn durch Lurup.“
Es gebe überhaupt keinen Stau in diesem Bereich, der eine Freigabe der Fahrbahnen nötig mache. Das jetzige System der wechselweisen Freigabe funktioniere. Zudem würden so alle Stellplätze wegfallen, auf der Straße und für den Ausbau der Radwege auch im Bereich der Vorgärten. „Wie soll das gehen, eine Straße ohne Parkplätze?“, fragt nicht nur er sich. Auch viele Gewerbetreibende an der Hauptverkehrsstraße sind in Sorge.
Verkehr Hamburg: Für breitere Radwege braucht es Grundstücke der Anwohner
Mallesch ist auch direkt von den Plänen betroffen. Er hat mit seinem Wohnungsunternehmen an der besagten Magistrale bereits mehrgeschossig gebaut. Unter anderem handelt es sich dabei um die Häuser, die am ehemaligen Fama-Kino-Standort entstanden sind und in den Geltungsbereich der besagten Bebauungspläne fallen. Auch das kleine Einkaufszentrum auf der anderen Straßenseite gehört zur Verwaltungsgesellschaft.
Was ihm und anderen Grundstückseigentümern sauer aufstößt: Für die breiten Radwege braucht es Platz, den sich die Stadt von den Vorgärten abknapsen möchte. So wird die Grundstücksgrenze um 4,25 Meter zulasten der Eigentümer verschoben. Es wäre nicht das erste Mal, dass Anwohner hier für die Straße Flächen abtreten müssten. Wie eine Anwohnerin berichtete, wäre sie bereits im Jahr 1952 von Enteignung betroffen gewesen, damals für den Vollausbau der Luruper Chaussee.
Fahrradstadt Hamburg: Extra breite Radwege für das Überholen von Lastenfahrrädern nötig
Besonders erstaunt nahmen die Anwesenden die Begründung für die extra breiten Radwege zur Kenntnis. Laut Abendblatt-Informationen erklärten die Behördenvertreter die Breite damit, dass sich dann auch Lastenräder gefahrlos überholen könnten. Das bestätigt auch Mallesch, der bei der Veranstaltung anwesend war, und darüber nur lachen kann. „So was brauchen wir doch nicht hier in Lurup.“ Ihm sei zumindest nicht bekannt, dass sich Lastenräder täglich auf den Radwegen stauen würden.
- Zum Kommentar: Verkehrsplan für Lurup rauscht an der Realität vorbei
„So ein Unsinn“, kommentiert auch Sven Hielscher, Vorsitzender der CDU-Fraktion Altona, das vorgestellte Konzept. Die CDU wirft der Hamburger Verkehrsbehörde einen Missbrauch der Wohnungsbaupläne entlang der Luruper Magistrale vor. „Unter dem Vorwand, eine straßenparallele, höhere Bebauung zu ermöglichen, sollen zwar mehrgeschossige Gebäude entstehen, gleichzeitig sollen aber Vorgärten enteignet werden und drei Meter breite Radwege und Versickerungsflächen entlang der Luruper Chaussee entstehen“, kritisieren die Christdemokraten aus Altona. Die CDU fordert, das Bebauungsplanverfahren sofort zu stoppen, den Steuerzahlern 500.000 Euro an Planverfahrenskosten zu ersparen und dringend benötigten Wohnungsbau im Befreiungsweg zu ermöglichen. Auch Vertreter anderer Parteien wie Volt und FDP übten Kritik an der Planung.
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Luruper Hauptstraße: Stadtteilgremium lehnt neue Pläne ab
Altonas SPD-Chef Sören Platten kritisiert scharf: „Wir fordern einen klaren Kurswechsel in der Verkehrs- und Stadtplanung entlang der Luruper Magistrale. Anstatt Ängste vor Enteignungen zu schüren, braucht es Lösungen, die die Lebensqualität der Menschen wahren und gleichzeitig Wohnraum schaffen. Die überdimensionierten Planungen der Verkehrsbehörde, die pauschal einen 30 Meter breiten Verkehrsraum vorsehen, sind weder praktikabel noch sozial gerecht.“
Auch das Stadtteilgremium Luruper Forum lehnt die Pläne ab. Sabine Tengeler von der Geschäftsführung erklärt: „Das Luruper Forum lehnt eine vierstreifige Verkehrsschneise mitten durch Lurup ab. Dies widerspricht auch dem Ziel des Masterplans, das Luruper Zentrum zu stärken.“ Die vorgestellte Verkehrsplanung empfinde man als antiquiert. „Mit der vorgelegten Magistralenplanung wird für die Luruper Hauptstraße die Chance verpasst, zum wesentlichen Transformationstreiber einer zukunftsorientierten Stadtentwicklung zu werden.“