Hamburg. Die Betreiber von Credicore sollen Gelder aus Darlehen und Anleihen missbraucht haben. Polizei friert Millionenbetrag ein.
Nach einem mutmaßlichen Millionenbetrug im Schanzenviertel haben Staatsanwaltschaft und Polizei Hamburg etliche Wohnungen durchsucht und zwei Verdächtige verhaftet. Monatelange Ermittlungen gingen dem Aufschlag am Dienstagmorgen voraus. Im Mittelpunkt: das bereits im Januar 2024 in die Insolvenz geratene Pfandhaus Credicore mit Sitz in der Schanzenstraße.
In dem Pfandhaus konnten vorwiegend Luxusgüter beliehen werden: wertvoller Schmuck, teure Fahrzeuge oder auch Kunstwerke. Nach eigener Darstellung auf Facebook bediente das Unternehmen „eine Klientel von gut situierten Privat- und Geschäftskunden, die kurzfristig Liquidität benötigen und sich diese auf diskrete Art über einen Lombardkredit verschaffen“. Gegründet hatten das Pfandhaus für Luxusgüter nach Angaben der Polizei vier Tatverdächtige im Alter von 39, 48, 51 und 59 Jahren. Sie sollen es dann aber nur noch „arbeitsteilig“ und „rudimentär“ betrieben haben.
Polizei Hamburg: Millionenbetrug mit Luxus-Pfandhaus Credicore im Schanzenviertel
Tatsächlich sollen sie das Pfandhaus mit frischem Geld vom Kapitalmarkt mächtig aufgepumpt haben. Mehrere ihrer Opfer kauften ihnen demnach ihre Gewinnversprechen ab. Als Darlehen sollen die Anleger rund 3,7 Millionen Euro in das Leihhaus investiert haben – Geld, das eigentlich in die Finanzierung von Pfandkrediten fließen sollte.
Die vertraglichen Zusagen über die Verwendung der Gelder waren dann aber offenbar das Papier nicht wert, auf das sie geschrieben waren. Denn das Quartett soll die Millionensumme für andere, „zum Teil private Belange“ genutzt haben. „Zudem veräußerten die Männer eine Anleihe des Pfandhauses zum Kurswert von insgesamt mehr als zehn Millionen Euro – überwiegend über verschiedene deutsche Börsenstandorte – an weitere Geschädigte“, sagt Polizeisprecherin Nina Kaluza. Auch das damit eingenommene Geld sollen sie nicht in den Pfandleihbetrieb investiert, sondern für private Zwecke missbraucht haben.
BaFin warnte Ende November 2023 vor Credicore
Alles sehr dubios also. Schon Ende 2023 braute sich etwas zusammen, da wurde bekannt, dass keine Zinszahlungen auf die Credicore-Anleihe geleistet werden konnten. Ende November 2023 warnte dann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), weil Credicore die Anleihen vorschriftswidrig ohne öffentlichen Wertpapierprospekt angeboten hatte. Seither fragen sich die Anleger vor allem eins: Wie bekommen wir unser Geld zurück?
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Das zweckwidrig verwendete Geld soll dann teilweise auf die Konten von drei Familienangehörigen der Verdächtigen geflossen und auf diese Weise gewaschen worden sein. Gegen einen 48-Jährigen, eine 36-Jährige und eine 38-Jährige seien deshalb ebenfalls Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, so Kaluza.
Große Razzia in Hamburg und Schleswig-Holstein
Am Dienstagmorgen folgte dann die große Razzia. Die Ermittler der LKA-Abteilung für Wirtschaftskriminalität, unterstützt unter anderem von Zielfahndern und Finanzermittlern, vollstreckten zehn Durchsuchungsbeschlüsse in Hamburg und drei in Schleswig-Holstein. Außerdem verhafteten sie die 51-jährigen und 59-jährigen Pfandhausbetreiber. Bei den Durchsuchungen seien „umfangreiche Beweismittel sichergestellt und Vermögensarreste in Höhe von mehr als 4,4 Millionen Euro vollstreckt worden“, sagte Kaluza. Für eine telefonische Nachfrage des Abendblatts war Credicore am Donnerstagnachmittag nicht erreichbar, die Email-Adresse funktionierte nicht.
Der Fall erinnert frappierend an die Betrugsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Hamburger Pfandhaus Lombardium. Gegen Diamanten, Kunstwerke, Oldtimer und sogar Yachten erhielten die Kunden Pfandkredite. Um das Geld für diese Kredite zu beschaffen, legte Lombardium Fonds für Anleger auf und warb in den Prospekten mit hohen Renditen. Die Anleger sollen um insgesamt 41 Millionen Euro gebracht worden sein. Auf einen Prozess warten sie aber seit mehr als vier Jahren vergeblich.