Hamburg. CDU-Anfrage an den Hamburger Senat enthüllt: Die Linie Blankenese–Cranz fiel zwei Monate einfach komplett aus. Die Hintergründe.

  • Die auf dem Prüfstand stehende Fähre von Blankenese nach Cranz fährt nicht mehr.
  • CDU-Anfrage offenbart, dass Ausfallquote bei 100 Prozent lag.
  • Als Begründung verweist die Hadag auf Personalmangel und den Bedarf.

Was schon durch Blankenese als Gerücht waberte, gibt es nun schwarz auf weiß: Die Hadag hat die ohnehin auf dem Prüfstand stehende Fährverbindung vom Elbvorort nach Cranz gestrichen. Zumindest in den vergangenen zwei Monaten gab es keine einzige Fahrt. 100 Prozent Ausfallquote.

Das geht aus einer aktuellen Anfrage der CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Anke Frieling an den Hamburger Senat hervor. Auch in den anderen Monaten lag die Ausfallquote immer weit über 50 Prozent. Im Februar dieses Jahres waren es beispielsweise über 90 Prozent, März und April über 70 Prozent.

Fähre Blankenese–Cranz gestrichen: „Hadag lässt die Verbindung ausbluten“

Als Begründung heißt es dazu auf Abendblatt-Anfrage: „Personalmangel, verbunden mit Priorisierung von nachfragestärkeren Linien.“ Denn nur auf dieser Linie braucht es zwei Schiffsführer. Gleichzeitig sei die Fahrgastzahl sehr gering – im Schnitt fünf bis zehn Fahrgäste, die auch mit einem Bus ihr Ziel erreichen können. 

„Bei einer derart hohen Ausfallquote ist es nicht verwunderlich, dass immer weniger Menschen die Fähre nutzen – wenn sie denn fährt“, kritisiert Anke Frieling. Hamburg-Cranz, das scheine oftmals in Vergessenheit zu geraten, sei ein Hamburger Stadtteil im äußersten Westen des Bezirks Harburg, und somit sei es in der Verantwortung der Hansestadt, die Erreichbarkeit zu gewährleisten.

„Das ist sehr ärgerlich, weil die Linie nicht nur für Touristen, sondern auch für Pendler wichtig ist und eine Verbindung zwischen den beiden Elbufern darstellt“, sagt Frieling. „Die Hadag lässt die Verbindung ausbluten“, sagt die CDU-Abgeordnete am Mittwoch im Abendblatt-Gespräch und spricht damit aus, was viele in Blankenese und Cranz schon lange denken.

Hadag-Fähre Blankenese–Cranz: „Fünf Fahrgäste ist ein guter Durchschnitt“

Der Historiker Thomas G. Mueller vom Stadtteilarchiv Blankenese hat sich viel mit der Geschichte der bedeutenden Fährverbindung beschäftigt, „die es schon seit Kaiser Karl dem Großen gab“. Mueller ist aber auch selbst von den ständigen Ausfällen betroffen. „Früher haben wir gern als Gruppe mehrfach im Jahr zusammen eine Ausfahrt ins Alte Land mit der Fähre unternommen“, berichtet er. Die teils 40-köpfige Gruppe hat die Ausflüge gestrichen.

Man habe versucht, sich anzupassen, über andere Linien oder den Bus auszuweichen, wenn die Fähre mal wieder nicht fuhr. „Einmal war extra für uns als Gruppe Ente vorbestellt. Wir haben alles versucht, rüberzukommen, doch wir kamen einfach nicht nach Cranz“, erinnert sich Mueller. Ihn verwundern deshalb die teils niedrigen Passagierzahlen von fünf Fahrgästen pro Fahrt nicht, die die Hadag zuletzt angegeben hatte. „Fünf ist ein guter Durchschnitt, da ist auch mal kein Passagier an Bord“, berichtet Mueller.

Hadag: Hausgemachte Probleme? Kritik an Kommunikation bei Ausfällen

Aus seiner Sicht, mit der er nicht allein dasteht, seien die Probleme hausgemacht: zum einen durch die Unzuverlässigkeit der Verbindung, zum anderen durch die schlechte Kommunikation und Information über Ausfälle. „Seit Juli habe ich keine Fähre am Anleger Blankenese gesehen, aber es steht da nirgends“, kritisiert er. Regelmäßig würden dort Menschen stranden, die dachten, es fahre ein Schiff.

Für Mueller ging das Problem 2002 los. Er macht das an einem Unfall fest. „Als 2002 der Bulln-Anleger gerammt wurde, stellte man die traditionelle Verbindung von und nach Hamburg ein, und es blieb nur die Linie Blankenese–Cranz. Dass das nicht wirtschaftlich funktionieren kann, weiß jeder Kaufmann“, sagt Mueller.

Forderung: Hadag-Fähre sollte von Blankenese aus noch andere Ziele ansteuern

Er plädiert daher nicht für einen Abbau, sondern zur Wiederbelebung der Linie für einen Ausbau beziehungsweise eine Erweiterung nach Teufelsbrück oder zumindest Finkenwerder. Man könne auch über die Landesgrenze hinwegschauen und mit Wedel und Lühe über eine gemeinsame Linie sprechen, regt er an. Zwischen der Samtgemeinde und der Elbstadt fährt eine Fähre, die ebenfalls zuletzt viel von Ausfällen betroffen war.

Mehr zum Thema

„Es gab Zeiten, da haben sich die Passagiere auf dieser Fähre gestapelt, gerade in den Sommermonaten“, weiß Mueller zu berichten. Dafür sprechen auch die Zahlen, die der Hamburger Senat auf die aktuelle CDU-Anfrage herausgegeben hat. Denn trotz der hohen Ausfallquote nutzten im Mai immerhin 2234 Fahrgäste die Linie, im April 593. In den Sommermonaten wäre die Zahl dementsprechend noch deutlich angestiegen.

CDU kritisiert: „Kommt Lottogewinn gleich, ob die Fähre fährt“

„Es kommt derzeit einem Lottogewinn gleich, ob die Fähre fährt“, zieht Frieling Bilanz. Und wenn eine komme, wüssten die Passagiere nicht, ob wieder eine zurückfährt. Sie fordert, dass die Hadag ihre Anstrengungen verstärkt, ein Boot mit niedrigerem Tiefgang zu finden, das möglichst auch von weniger Personal gelenkt werden kann. Wie berichtet, ist die „Altona“, die zwischen Blankenese und Cranz fährt, das einzige Schiff der Hadag-Flotte, das zwei Mitarbeiter erfordere. Ansonsten müsse man über andere Lösungen mit kleineren Hafenschiffen nachdenken, so Frieling.

Ob und inwieweit nun die Fähre in den kommenden Monaten verkehrt oder ob sie bereits komplett aus dem Fahrplan gestrichen wurde? Auf Abendblatt-Anfrage erklärt Christoph Kreienbaum als Sprecher für Hochbahn und Hadag sehr vage: „Das Schiff ‚Altona‘ ist in Fahrt. Sollte genug Personal zur Verfügung stehen, würden wir den Linienverkehr wieder aufnehmen.“