Hamburg. Seit Jahren beschweren sich Passanten und Anwohner über austretendes Wasser in Neumühlen. Doch eine grundlegende Lösung ist nicht in Sicht.
Es ist ein Ärgernis, das Passanten, Anwohner und Radfahrer in Ottensen seit Monaten aufregt: Aus dem Geesthang in Neumühlen fließt ständig Wasser auf und über die Straße. Betroffen sind gleich mehrere Stellen: Bei den Elbhanghäusern gegenüber der Hausnummer 25 rinnt das Wasser schon seit Jahren auf die Straße, inzwischen plätschert ein weiterer Bach gegenüber der Hausnummer 11 Richtung Elbe. Busse verlangsamen und lassen das Wasser hochspritzen, Radler umfahren die Seenlandschaft.
Nun ist passiert, was viele lange befürchtet hatten. Am vergangenen Montag stürzte eine 63 Jahre alte Frau, die einer Pfütze ausweichen wollte und in eine Spurrille in der Fahrbahn geriet. Sie wurde nach Informationen des Abendblatts schwer verletzt und kam unter Notarztbegleitung ins Krankenhaus Altona. Die Polizei nahm eine Zeugenaussage auf, dass es dort schon mehrfach zu Stürzen von Radfahrern gekommen sei. Daraufhin hat die Polizei das Problem an das Bezirksamt gemeldet.
Hamburg-Ottensen: Wasser auf der Straße verärgert Anwohner in Neumühlen
Mit Verständnislosigkeit reagiert Jonas Haentjes, dessen Firma Edel Music & Entertainment seit mehr als zwei Jahrzehnten in Neumühlen zu Hause ist, auf den jüngsten Unfall. „Wir hatten hier schon mehrere Rettungseinsätze. Das musste passieren“, sagt er. Kurz vorher hatte er noch im Gespräch mit dem Abendblatt vor den Zuständen in Neumühlen gewarnt.
„Richtig schlimm wird es im Winter“, hatte Haentjes gesagt. Ihn ärgert der Wasserfall des Berghangwassers schon lange, vor allem aber, dass nichts passiert. Seit der Sanierung der Elbhanghäuser habe sich die Situation weiter verschärft. „Inzwischen ist die Straße unterspült und der Fußweg abgesperrt.“
Unternehmer Haentjes hatte sich mehrfach beschwert – ohne Erfolg
Über einer Fläche von 25 Metern an der Bushaltestelle wurden die Gehwegplatten entfernt. Mehrfach habe er sich beschwert. „Aber wir kommen kein Stück weiter. Keiner interessiert sich, obwohl das hier ein Teil des Elberadwegs ist.“
Offenbar hat erst der jüngste Unfall ein Umdenken ausgelöst: Nun wird dort gearbeitet. Das Bezirksamt Altona hat am Freitag im Sinne der Verkehrssicherung Asphaltierungsarbeiten in der Straße Neumühlen vorgenommen. „Hintergrund ist, dass das austretende Hangwasser dazu geführt hat, dass die betonierte Bushaltestelle vom Wasser hochgedrückt wurde“, sagt Mike Schlink, Sprecher des Bezirks Altona.
Er stellt aber zugleich klar, dass das Bezirksamt Altona weder das Grundwasser im Hang noch die entsprechende Stützmauer verantwortet und nur im Sinne der Verkehrssicherung tätig werden könne. So hat der Bezirk etwa den Gehweg entlang der Stützmauer schon vor rund zwei Jahren auf etwa 70 Meter Länge gesperrt.
Nun will das Bezirksamt Altona mit der Stadt das Problem lösen
„Das Bezirksamt Altona hat nun einmal mehr Kontakt zu zuständigen städtischen Institutionen aufgenommen, damit eine Lösung des seit einigen Jahren bestehenden Problems herbeigeführt wird“, so Schlink weiter. Das Bezirksamt Altona bedauere sehr, dass vor Ort eine Radlerin wegen der hochgedrückten Betonplatte gestürzt ist und sich verletzt hat. „Wir wünschen an dieser Stelle gute Besserung“, so Schlink.
Dennoch bleibt die Frage, warum so lange so wenig passiert ist. In den vergangenen Monaten hatte das Abendblatt mehrfach den Bezirk mit der Gefahrensituation konfrontiert. Damals hieß es: „Die Wegeaufsicht des Bezirksamtes Altona hat im Rahmen ihrer regulären Begehung auch die Situation am Geesthang im Blick.“ Große Hoffnung auf einen tiefgreifenden Wandel konnte der Sprecher nicht machen. „Nach unserer Einschätzung hat sich die Entwässerungssituation vor, während und nach der Umbauphase der Häuser in Neumühlen nicht verschlechtert.“
Bis zum Unfall hatten die Behörden das Problem ignoriert
So gibt es aktuell keine laufenden Gutachten, die sich mit der Hangentwässerung befassen. Auch in der Altonaer Politik stößt man auf Schulterzucken, dort war die Wasserlage kein Thema. Niemand kann beantworten, wie teuer eine Entwässerung des Geesthangs wäre. „Das Bezirksamt Altona kann hierzu keine Angaben machen. Ohne geologische und hydrologische Untersuchungen und anschließende Planung lassen sich die Kosten nicht abschätzen“, sagte Schlink vor dem Unfall. Dem Bezirksamt Altona fehle es an Ressourcen und Kompetenzen, entsprechende Untersuchungen durchzuführen oder auf den Weg zu bringen.
Warum aber fließt das Wasser aus dem Berg auf die Straße? „Ursache ist der hohe Grundwasserstand und permanent austretendes Wasser aus dem Hangbereich Donnerspark und dem Hinterfüllbereich der örtlichen Stützwand gegenüber der Hausnummer 17“, sagt Schlink. „Letztlich drängt das Wasser aus dem gesamten Einzugsgebiet Altona zum Hang und tritt dort aus.“ Inzwischen rinnt es wie ein Bach aus dem Berg.
Neumühlen: Kleinere Maßnahmen halfen wenig
Die Maßnahmen des Bezirks verbesserten die Lage nicht und blieben eher Kosmetik. Zwischenzeitlich sollten Rinnen am Fuß der Böschung das Problem lösen, linderten es aber nur vorübergehend. Das permanente Plätschern hat längst die Bausubstanz geschädigt: Der gesperrte Gehweg wird unterspült, der Asphalt der Fahrbahn reißt auf.
Man sei im Rahmen der Möglichkeiten bemüht, Maßnahmen zur Erhaltung der Verkehrssicherheit umzusetzen, hieß es kurz vor dem Unfall. Der Wegeaufsicht seien keine durch gefrierendes Wasser verursachten Unfälle bekannt. „Die Fahrbeziehungen sind bisher nicht eingeschränkt, nach Bedarf werden Leitungen gespült und Gehwege zur Absicherung mit Umleitungsmöglichkeiten gesperrt.“
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Haentjes widerspricht: „Man wollte das Problem einfach nicht sehen.“ Offenbar ist nun erst klar geworden, dass etwas passieren muss – bevor noch mehr passiert.