Hamburg. Seit Juli dieses Jahres gibt es einen neuen Franzosen in Hamburg – und zwar in Ottensen. Das kleine Top-Restaurant hat nur 20 Plätze.
So richtig klassische gute Franzosen gibt es nicht viele in Hamburg – aber seit Juli einen mehr: Da eröffnete Mathias Mercier, einer der besten Sommeliers der Hansestadt, der vorher unter anderem im Bianc und im Petit Amour die Jünger Bacchus fürsorglich umhegt hatte, sein Maison d´Avignon.
Restaurant Hamburg: So schmeckt’s in der Maison d’ Avignon
Monsieur Mercier ist auch ein vorzüglicher Koch und steht in seinem puristisch gestylten Ottenser Mini-Restaurant (es hat nur 20 Plätze) derzeit selbst am Herd. Die kleine kreative Karte umfasst monatlich zehn wechselnde, südfranzösisch inspirierte Gerichte, aus denen man sich ganz nach Gusto ein 4-, 5- oder 6-Gang-Menü zusammenstellen kann (65/75/85 Euro).
Zunächst kommen leckeres Brot und ein tolles Amuse Gueule
Da es vorweg gratis und franko fantastisches hausgebackenes Brot mit würziger Anchoiadecreme und ein tolles Amuse Gueule, aktuell eine perfekt gewürzte Garnele auf Melonenkaltschale, gibt, reichen vier Gänge völlig aus – wenn man sich dann noch die hochrangige und (Überraschung!) perfekt abgestimmte französische Weinbegleitung (50 Euro für vier Weine) dazu bucht, hat man für weniger als die Hälfte dessen, was in Sternerestaurants dafür fällig werden würde, einen großartigen französischen Genussabend. Menschen mit großem Durst und riesigem Magen können auch alle 11 Gänge (110 Euro) mit allen 10 begleitenden Weinen (100 Euro) kombinieren, aber das ist sportlich.
Confierter Lachs, umrahmt von zarten Kalbszungenwürfelchen
Während die Gemahlin mit confiertem Lachs, umrahmt von zarten Kalbszungenwürfelchen und hauseingelegten Cornichons, in den Abend startete, ging es für mich los mit einem exzellenten, geeisten Parfait von der nicht gestopften Entenleber in einem würzig-eleganten Kalbs-Kräutersud mit Graupen – klasse Kombi. Danach gab’s einerseits perfekt gegarten Pulpo mit Oliven auf zu viel Kürbis (Kürbis wird eh überschätzt), andererseits Schnecken mit – sehr – knackiger Petersilienwurzel in einem feinen Sößchen und eine unfassbar geniale, knusprige Schneckenfrikadelle mit grandiosem, feinkörnigem Dip. Nächstes Mal esse ich den Schneckengang einfach viermal hintereinander, nur wegen der Frikadelle.
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Traulich vereint genossen wir dann eine vorzügliche Meeräsche mit Birne, Blumenkohl und Bagna Cauda, wozu ein immens vielschichtiger, großartig untermalender weißer Châteauneuf-du-Pape gereicht wurde. Perfekt bereitete und sternewürdige Kombi. Beim letzten Gang trennten sich unsere Wege wieder: Madame delektierte sich an zartrosa Lammlachs mit Topinambur und Pfifferlingen, für mich gab’s saftigen aromensatten Rücken vom Ibericoschwein mit weißem Bohnencassoulet und Gambas, zu dem ein auf den Punkt gereifter roter Irouléguy aus dem Baskenland gereicht wurde.
Die Weinkarte birgt allerlei Entdeckungen aus Frankreich
Wer keine Lust auf die geführte Weinbegleitung hat, kann im liebevoll gestalteten „Livre des Vins“ blättern und findet dort zum Beispiel einen ganz fantastischen und noch bezahlbaren Weißwein aus dem Burgund: den mineralisch geprägten, substanzreichen 2018er Montagny „Théophanie“ (55 Euro). Angenehm: Die rein französische Weinkarte birgt nahezu ausschließlich unbekannte Entdeckungen. Insgesamt ist das „Maison d´Avignon“ ein rechter Quell der Freude und eine schöne Bereicherung der hiesigen Gastrolandschaft.
Arnoldstraße 2, Tel. 28 80 65 12, lamaisonavignon.de, Di–Sa 18.30–23 Uhr