Hamburg. Erste City-Filiale entstand vor zehn Jahren nach Bürgerentscheid. Nun zieht Möbelriese Ikea Bilanz. Diese Phänomene gibt‘s nur hier.
- Im Juni feiert Ikea zehnjähriges Bestehen mit einer Nachbarschaftsparty
- Die City-Filiale in Altona ist die einzige ihrer Art
- Kein Småland, Lieferservice per Wolt und Instagram-Parkhaus sind einige Besonderheiten
Die Türen sind an diesem Montag noch geschlossen. Doch es bildet sich bereits eine Schlange vor dem Eingang. Viele Kunden können es offenbar gar nicht erwarten, dass Ikea Altona endlich öffnet. Die erste City-Filiale seiner Art ist ein absoluter Quotenbringer.
„Das ist eines der am stärksten besuchten Häuser in Deutschland“, sagt Thomas Pflugner. Er ist der regionale Chef der drei Ikea-Häuser in Hamburg (Altona, Schnelsen und Moorfleet) und beziffert die Frequenz im Jahr mit der doppelten Einwohnerzahl von Hamburg. Konkreter darf er nicht werden. Dabei gab es Zeiten, da war nicht klar, ob der große Möbelkonzern hier überhaupt Fuß fassen darf.
Ikea Altona feiert im Juni zehnjähriges Bestehen mit Mittsommerparty
Seit zehn Jahren gibt es Ikea Altona, dessen Bau damals höchst umstritten war. Während die einen sich stark für das Projekt einsetzten und auf eine Belebung der Großen Bergstraße hofften, lehnten es andere vehement ab. Die Kritiker fürchteten eine Gentrifizierung Altonas und den zusätzlichen Verkehr. Am Ende machte ein Bürgerentscheid mit einer Mehrheit von mehr als 70 Prozent den Weg frei.
Den runden Geburtstag feiert der schwedische Möbelriese standesgemäß mit einer Mittsommerparty. Am Sonnabend, 22. Juni, wird zum Nachbarschaftsfest mit Blumenkranzbinden, Kaffeetafel und verschiedenen Workshops geladen. Es ist nicht die erste Aktion für und mit der Nachbarschaft.
Ikea Altona: Parkhaus verfügt über spektakuläre Aussicht
„In kaum einem Ikea in Deutschland wird das Veranstaltungsprogramm so gut angenommen wie in Altona“, so Thomas Pflugner. So gebe es jeden letzten Donnerstag im Monat Workshops zu verschiedenen Themen, After-Work-Abende mit Poetry-Slam oder Bands, die im Restaurant spielen. Ausgesprochen beliebt und immer ausgebucht seien die Bingo-Veranstaltungen. Wer mag, kann auch am Lauftreff mit Mitarbeitern und Ikea-Fans aus der Nachbarschaft alle zwei Wochen donnerstags ab 19 Uhr teilnehmen. Treffpunkt ist am Eingang.
Ein Treffpunkt ist auch das Parkhaus: Dazu muss man wissen, dass das Ikea-Parkhaus im obersten Stock über einen spektakulären Blick über die Stadt verfügt – das zieht vor allem Leute an, die hier gern Fotos für Instagram machen, wie Pflugner verrät. Ansonsten hält sich der Run auf die 700 Parkplätze aber in Grenzen. „Wir laufen nie in den Bereich, in dem es knapp werden könnte“, berichtet der Ikea-Regionalleiter, der sich mehr Auslastung wünschen würde.
Ikea Altona: 50 Prozent der Kundschaft kommt ohne Auto in die City-Filiale
Laut Pflugner kommen 50 Prozent der Kunden zum Ikea Altona ohne Auto. Manche schlendern noch vor ihrer Reise vom Fernbahnhof Altona hier entlang, andere kommen durch die Fußgängerzone spaziert und gehen dann noch kurz etwas einkaufen. Viele kommen auch mit dem Fahrrad oder dem Bus.
Wenn sie dann einen Schrank, Tisch oder Ähnliches kaufen, bietet der City-Ikea kostenlos Lastenräder mit ebenfalls elektrisch angetriebenen Anhängern zum Verleih an. Zudem können Sackkarren ausgeliehen werden. Oder Kunden nutzen Transporter vom Anbieter Miles, so der Regionalleiter.
Test in Altona: Ikea bietet Waren über den Lieferservice Wolt an
Ganz neu im Angebot: Ikea Altona bietet seit einigen Wochen über den Lieferservice Wolt im Umkreis von 60 Minuten Fahrzeit ein ausgewähltes Sortiment zum Kauf an. „Wir erweitern damit den Service“, erklärt Pflugner. Es handele sich um einen Test, den es so erst mal nur in Altona gibt.
Überhaupt ist im einzigen City-Ikea in Hamburg-Altona so einiges anders als woanders. Die Kunden setzen hier nicht nur deutlich mehr auf alternative Verkehrsmittel, sondern sind auch deutlich nachhaltiger aufgestellt, wie der Marktleiter Lubomir Zakopcan berichtet. Deshalb soll auch der „Zweite-Chance-Markt“ erweitert werden, über den Kunden alte Ikea-Möbel verkaufen oder ankaufen können.
Ikea in Altona: Phänomen – Kinderbereich wird nicht gut angenommen, kein Småland
Ein weiteres Phänomen im Altona-Ikea: Es gibt hier nicht den typischen Kinderbereich, das Småland mit Betreuung. „Anders als in unseren übrigen Ikea-Einrichtungshäusern in Deutschland hat das Småland in Altona von Beginn an weniger Anklang gefunden“, berichtet Pflugner. „Das kannten wir bisher so nicht.“ Daher habe man eine Umfrage gemacht. Diese ergab, dass die Ikea-Kunden in Altona die Kinder lieber beim Einkauf dabei haben wollen.
Das erklärt Pflugner sich so: „Viele machen bei uns einen schnellen Einkauf. Zudem kommen viele bei uns vorbei, nachdem sie ihre Kinder von der Kita oder der Schule abgeholt haben, weshalb sie sie nicht gleich wieder in Betreuung geben möchten.“ Daher wurde eine größere Spielfläche im Restaurant sowie Unterhaltungsmöglichkeiten in der Nähe der Eltern eingerichtet.
City-Ikea in Altona: Mehrere Etagen sorgen für Orientierungsprobleme
Der einzige City-Ikea Deutschlands unterscheidet sich auch in seinem Aufbau von den typischen Modellen. Das birgt einige Probleme. Denn dadurch, dass die Niederlassung in Altona sich über mehrere Ebenen erstreckt, gibt es auch mehrere Kassen sowie Ein- und Ausgänge. Das ließ und lässt manchen Kunden verwirrt zurück.
„Wir haben hier die Herausforderung, dass wir mehrere Ebenen haben“, so der Regionalchef. Man habe auch ganz aktuell wieder Anpassungen an den Wegeführungen und der Ausschilderung vorgenommen.
Ikea Altona: Im Erdgeschoss soll ein erweiterter Bistro-Bereich entstehen
Anpassungen wird es auch im Erdgeschoss geben. Hier soll neben dem Restaurant im Obergeschoss ein erweiterter Bistro-Bereich entstehen. Denn die Gastronomie wird stark nachgefragt, obwohl es im Ikea-Umfeld zahlreiche Cafés und Restaurants gibt.
Generell hat sich am Ende der einst wenig belebten Großen Bergstraße als Ende der Einkaufsmeile viel getan. „Es hat sich sehr viel verändert in der Nachbarschaft, zahlreiche Geschäfte haben sich angesiedelt“, sagt Pflugner. Man profitiere gegenseitig voneinander. 290 Mitarbeiter beschäftigt der Möbelkonzern in Altona.
- Parkhaus des Grauens – Gebäude am Bahnhof Altona verwahrlost
- Taubenkot beseitigt – Post öffnet nach fünf Monaten wieder
- Ikea Altona bringt Anwohner um ihren Schlaf – „Das nervt!“
Doch was auffällt: Auf den City-Ikea in Altona folgten bisher keine weiteren Filialen dieser Art in anderen Städten. Trotz großer Frequenz sollen die Umsätze sich in Altona in Grenzen halten. Zu Umsätzen äußert sich das Unternehmen nicht. Der Regionalleiter sagt nur: „Wir sind sehr zufrieden und erfolgreich mit dem Format.“ Tatsächlich plant Ikea auch weitere Standorte in Innenstädten, allerdings setzt man dabei auf kleinere Formate, wie Planungsbüros oder einen Abholservice.
Ikea plant Abholstation in Lüneburg für online bestellte Ware
Letzteres soll auch im Hamburger Umland entstehen. Laut Pflugner ist ein Ikea-Ableger in Lüneburg geplant. Und auch im Hamburger Speckgürtel suche man nach Standorten. Dabei geht es unter anderem um eine Abholstation, an der Kunden online bestellte Ware bekommen und sich so weite Anfahrtswege sparen können.
„Der Einzelhandel ist sehr dynamisch“, so Pflugner. „Wir prüfen ständig Formate und fragen uns, was der Kunde braucht.“ Daher schließt er nicht aus, dass eine City-Niederlassung wie in Altona noch einmal entsteht. Doch bis dahin und wohl auch in Zukunft „ist der Ikea Altona etwas Besonderes.“