Hamburg. Die Wettervorhersage ließ Erbauer und Besucher bangen. Dann wurde ein Testfeuer angezündet. Eine Reportage übers Drama am Elbufer.

„Im Moment sieht es schlecht aus“, sagt Marcus Boehlich mit Blick auf die Vorhersage für das Wetter in Hamburg für den Abend. Der Blankeneser ist Segler, Ozeanograf und hat schon Großveranstaltungen wie die Nordseewoche organisiert. An diesem Sonnabend um 9 Uhr morgens gehört er zu einer Truppe aus Leuten, die sich in Sachen Osterfeuer am Elbstrand treffen.

Vertreter der Polizei, der Feuerwehr, die Chefin des Bezirksamtes Altona persönlich sowie Abgesandte aller vier Osterfeuer am Blankeneser Strand sind gekommen. Boehlich oder „Windi“, wie er heute heißt, soll als von allen Parteien anerkannter Schlichter und Wetterexperte für die Traditionsveranstaltung eine Einschätzung zur Lage geben. Das vorläufige Fazit am Morgen fällt nicht gut aus.

Aber diese Einschätzung ändert sich glücklicherweise noch – wenn auch erst sehr spät. Stundenlang muss Blankenese um seine Osterfeuer bangen.

Wetter Hamburg: Vorhersage mit Wind aus Südwest ungünstig für Osterfeuer

Nach den Vorhersagen soll der Wind um 16 Uhr am Sonnabend drehen – ausgerechnet auf Südwest und damit auf eine für den Funkenflug ungünstige Richtung. Hinzu kommt, dass der Wind nicht nur gen Elbhang drückt, sondern auch die Geschwindigkeit als stärker eingeschätzt wird. Und nun?

Der Blick geht zur Feuerwehr. Doch die macht erst einmal klar: „Wir sagen nicht, ob die Feuer angezündet werden können“, so Jan Wilbrandt als Chef der freiwilligen Feuerwehren in Altona. Das müsse das Bezirksamt Altona als Ordnungsbehörde übernehmen. Der Einsatzleiter der Berufsfeuerwehr, Harald Menke, ergänzt: „Wir schauen uns die Situation an und werden gegebenenfalls präventiv tätig.“

Osterfeuer Blankenese: Kein Veranstalter – das sorgt für Probleme

Es ist das altbekannte Problem oder die Herausforderung der traditionellen Osterfeuer in Blankenese. Der 400 Jahre alte Brauch wird von den Anwohnern am Elbhang seit Generationen gepflegt und weitergegeben. Auch an diesem Sonnabend sind viele fleißige Helfer im Einsatz, um das Material zu einem der vier Osterfeuer zu türmen, das möglichst die anderen an Schönheit oder Größe übertrumpft. Einen offiziellen Veranstalter gibt es aber nicht. Wer ist schuld, wenn was passiert?

Nach Querelen haben sich die Erbauer mit dem Bezirksamt Altona sowie der Feuerwehr und der Polizei auf einen Kompromiss verständigt. Zu den neuen vielen Regeln gehört unter anderem das gemeinsame Treffen am Morgen, die erste Einschätzung und Begehung der Feuer, bei der das Material begutachtet und der genaue Standort der Osterfeuer festgelegt wird.

Osterfeuer Blankenese: Um 19 Uhr soll ein Feuer testweise angezündet werden

Die Entscheidung, ob und wie die Feuer am Elbstrand angezündet werden können, wird vertagt. Man hofft auf bessere Windvorhersagen. Um 16 Uhr steht dann folgender Plan: Wenn der Wind nicht zu stark ist, soll testweise eines der vier Feuer um 19 Uhr angezündet werden, und zwar Feuer Knüll (Höhe Strandweg 40). Wenn es gut aussieht, dürfen die anderen folgen, sonst nicht. Am Ende muss eine Frau die Entscheidung darüber treffen und verantworten. Das letzte Wort hat Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne).

Diskussion vor Ort: Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg im Gespräch mit den Feuerbauern am Elbstrand von Blankenese. Links neben ihr stehen Vertreter der Feuerwehr Hamburg.
Diskussion vor Ort: Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg im Gespräch mit den Feuerbauern am Elbstrand von Blankenese. Links neben ihr stehen Vertreter der Feuerwehr Hamburg. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Sie ist mit dem Fahrrad an diesem Morgen gekommen. Läuft gemeinsam mit allen die Feuer ab. Von den Malen davor kennt man sich schon etwas. Die Stimmung ist trotz Vorhersagen am Morgen noch relativ gut. Man hofft, dass man alle Osterfeuer entzünden kann, notfalls später. Denn um 21 Uhr soll der Wind sonst wieder drehen. Doch es gibt viel zu bedenken. Entzündet man zu spät, ist schon wieder abfließendes Wasser und das Löschboot könnte vom Wasser nicht agieren. Doch bei zu viel Wind könnten Funken die Reetdachhäuser am Hang gefährden.

Osterfeuer am Elbstrand: Besitzer von Reetdachhaus fürchtet Funkenflug

Der Besitzer einer dieser Häuser nahe einem Osterfeuer lässt sich von Bezirksamtsleiterin von Berg auch regelmäßig am Morgen unterschreiben, dass sie die Verantwortung übernimmt. Heute kommt er vorbei, verzichtet aber auf eine schriftliche Erklärung.

Osterfeuer in Blankenese: Am Elbstrand wird seit Sonnabendmorgen aufgebaut.
Osterfeuer in Blankenese: Am Elbstrand wird seit Sonnabendmorgen aufgebaut. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Hier und da wird um Höhen gerungen. Fünf Meter – höher dürfen die Feuer nicht mehr werden – liegen offenbar im Auge des Betrachters. Einmal spricht der Einsatzleiter der Feuerwehr Menke ein Machtwort, er lege jetzt den Fixpunkt fest und diskutiere nicht länger.

Bei der zweiten Kontrollrunde am Mittag gibt es dann Streit um die Breite von „Feuer 2“. Es wird gemessen. Das Feuer ist zwei Meter zu breit. Die Lager – Feuerwehr, Polizei und Verwaltung einerseits sowie Feuerbauer andererseits – ziehen sich zur Beratung zurück. Am Ende lautet die Order von oben: Rückbau um zwei Meter. Das sorgt für Diskussionen.

Tausende Besucher waren am Elbstrand und bestaunten die Osterfeuer in Blankenese.
Tausende Besucher waren am Elbstrand und bestaunten die Osterfeuer in Blankenese. © HA | Lipke

Um 19.30 Uhr, nach dem erfolgreichen Testfeuer, können alle endlich aufatmen. Die Entscheidung ist gefallen: Die übrigen drei Osterfeuer werden nacheinander langsam entzündet und dürfen brennen.

Osterfeuer am Blankeneser Elbstrand: Es gibt vier traditionelle Standorte

Das Engagement der Erbauer ist trotz alledem ungebrochen groß. Von Jung bis Alt sind alle dabei. „Schon meine Großmutter hat hier mitgemacht und mein Vater“, sagt Gentje Peters (18). Im knallroten Arbeitsanzug gehört sie zu den Vertretern vom Osterfeuer Osten. Und darauf ist sie stolz. Natürlich sei Osten das beste Feuer am Strand.

Mehr zum Thema

Es gibt insgesamt vier traditionelle Osterfeuer am Blankeneser Elbstrand, die seit Jahrhunderten miteinander um Aufmerksamkeit buhlen. Das sind Mühlenberg am Leuchtturm, Höhe Hirschpark, das Feuer Osten direkt an der Strandtreppe, Feuer Knüll (Höhe Strandweg 40) und Viereck (Strandweg 58 in etwa). Die Rivalität unter den jeweiligen Erbauern gehört dazu. Früher stahl man sich sogar das Holz aus den Lagern, prügelte sich um Material. Das ist heute anders.

Osterfeuer in Hamburg: Am Elbstrand in Blankenese eine Frage der Philosophie

Die Auseinandersetzungen mit dem Bezirksamt um die zahlreichen Auflagen haben zusammengeschweißt, sagt Thorsten Sperl. „Das ist das einzig Positive daran“, wie der Feuerbauer vom Mühlenberg findet. Trotzdem: „Der Konkurrenzkampf gehört dazu. Bei den anderen Feuern sind Freunde von mir dabei, aber Ostern reden wir wirklich nur noch das Nötigste.“

Blick von oben auf die traditionellen Osterfeuer am Elbstrand von Blankenese. Die Bauer der vier Feuer haben dabei unterschiedlich Methoden, wie sie das Material zu den fünf Meter hohen Haufen stapeln.
Blick von oben auf die traditionellen Osterfeuer am Elbstrand von Blankenese. Die Bauer der vier Feuer haben dabei unterschiedlich Methoden, wie sie das Material zu den fünf Meter hohen Haufen stapeln. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Das hat auch mit der unterschiedlichen Aufbauphilosophie zu tun. Am Mühlenberg legt man Wert darauf, nur natürliche Materialien zu verwenden. Paletten aus Holz sucht man hier vergebens. Doch brennt es auch schön und lange, und darf es lodern? Das ist die Frage, die sich jedes Jahr neu stellt.