Hamburg. Geschäft Adler geschlossen: Inhaber verrät Gründe und nimmt Stellung zu einem möglichen „Ladensterben“. Was das Bezirksamt dazu sagt.
Es ist das traurige Ende einer Ära: Die Herrenboutique Adler in Hamburg-Ottensen hat zum 28. Februar endgültig ihre Türen geschlossen. Nach dem Aus von Mister Spex, der Stadtbäckerei und der Comet-Reinigung reiht sich der inhabergeführte Laden damit in eine Serie von Schließungen in der Nachbarschaft rund um die Ottenser Hauptstraße ein.
Zwölf Jahre lang konnten Hamburger an der Straße Bei der Reitbahn in dem kleinen, schmucken Geschäft mit der terrakottafarbenen Türumrahmung auf Shoppingtour gehen – immer unter dem aufmerksamen Blick von Inhaber Christian Adler. Doch genau der will jetzt einen Schlussstrich ziehen: „Zu Ende März gebe ich die Fläche ab“, sagt der 51-Jährige dem Abendblatt.
Hamburg-Ottensen: Inhaber schließt Boutique Adler – auch aus gesundheitlichen Gründen
In diese – für Adler nicht einfache – Entscheidung seien dabei ganz verschiedene Aspekte eingeflossen. So habe ihn in den vergangenen Monaten beispielsweise das Thema Gesundheit immer mehr beschäftigt: „Durchgängig Sechstagewochen zu haben und für alles verantwortlich zu sein – das ist schon wirklich anstrengend“, so der Unternehmer.
Aber auch der wirtschaftliche Druck habe seit der Pandemie, so berichteten es auch viele andere Geschäftsführer, enorm zugenommen. Einen Schuldigen gibt es für Adler dabei nicht: „Der Staat hat, und das muss ich einfach mal so sagen, wirklich komplett bezahlt und seinen Teil dazu beigetragen, das Gröbste auszugleichen.“
Geschäft in Ottensen: „Es gab Tage, an denen nur ein einziger Kunde im Laden war“
Vielmehr sei die fehlende Kundschaft, die während Corona wegbrach, aber nie wieder zurückkam, das Problem gewesen. „Es gab Tage, an denen nur ein einziger Kunde im Laden war. Die Frequenz an Menschen, die es vor der Pandemie in Ottensen gab, war zuletzt einfach nicht mehr da“, schildert Adler seine Beobachtungen.
Und obwohl der 51-Jährige in den vergangenen Jahren immer mal wieder „leere Schaufenster“ in der einst so beliebten Einkaufsgegend bemerkte, Sorgen macht er sich nicht: „Ich glaube, es ist ganz normal, dass Straßenzüge einem Bewegungsfluss unterliegen. Das ist eine dynamische Geschichte.“
Bezirksamt Altona: „Keine unverhältnismäßige Fluktuation in Hamburg-Ottensen“
Als dynamisch beschreibt auch Sven Ebert, Centermanager des Mercados, die aktuelle Lage im Ottensener Einzelhandel. „Im Stadtteil lässt sich gerade ein Frühlingsaufbruch beobachten, alles ist lebendig und quirlig“, schwärmt der Centermanager. Wechselnde Konzepte seien dabei etwas ganz Normales, so die Einschätzung des 47-Jährigen, „wichtig ist nur, dass dann was Interessantes nachkommt“.
Das Bezirksamt Altona beurteilt die Situation vor Ort ähnlich: „Aus Sicht der Wirtschaftsförderung des Bezirksamts Altona kann keine unverhältnismäßige Fluktuation bei den Einzelhändlern und Einzelhändlerinnen in Ottensen festgestellt werden“, sagt Sprecher Mike Schlink auf Anfrage. Auch in anderen Einzelhandelslagen wie zum Beispiel der Großen Bergstraße sei eine vergleichbare Fluktuation zu verzeichnen.
Hamburg-Ottensen: Boutique-Inhaber will weiter Mode produzieren
Um den Standort für Geschäfte und Kunden allerdings auch langfristig wieder attraktiver zu gestalten, sei eine „Revitalisierung der bereits einmal existierenden Interessengemeinschaft Ottensen e.V. wichtig“, so Schlink. Eine solche Gemeinschaft könne frühzeitig von drohenden Leerständen erfahren und zu einem für das Quartier sinnvollen Branchenmix beitragen.
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Das wiederum hält auch Christian Adler für eine gute Idee. Ganz verzichten müssen Hamburger künftig übrigens nicht auf die hochwertigen Kleidungsstücke von Adler: In einem eigenen Atelier produziert er weiter Kleidung und will diese bald auf einer Fläche in der Galleria Passage ausstellen. Erst mal heiße es für ihn aber: durchatmen. „Ich brauche jetzt einen Moment, um mich emotional von dem Laden zu lösen“, sagt der Unternehmer.