Hamburg. Nach Kritik am neuen „Amphibienleitsystem“ in Blankenese rief Steuerzahlerbund zur Hilfsaktion auf. Wer alles kam und wer fehlte.

Was für ein Rummel für ein paar Kröten: Noch nie hat ein Termin zur Einweisung von Freiwilligen für den Krötentransport in Hamburg solch einen Wirbel verursacht. Kamerateams, zahlreiche Helfer und Interessierte, sogar der Nabu-Chef persönlich fanden sich am Sonnabendmorgen am Jenischpark in Othmarschen ein.

Hintergrund des Spektakels: Der alljährlichen Nabu-Aktion zur Helfersuche war ein Aufruf und Zwist mit dem Bund der Steuerzahler vorausgegangen. Wie berichtet, hatten die Interessenvereinigung sowie die FDP Altona das neue „Amphibienleitsystem“ in Blankenese für 470.000 Euro als Steuergeldverschwendung kritisiert. Da ein Krötentunnel auch für den Jenischpark im Gespräch war, hatte der Bund der Steuerzahler zur Teilnahme an dem Termin aufgerufen. Doch ausgerechnet die Kritiker glänzten nun durch Abwesenheit.

Othmarschen: Krötentransport am Jenischpark, Kritiker glänzen durch Abwesenheit

Am Tag zuvor hatte der Steuerzahlerbund seine Absage erklärt. „Die Arbeit der Naturschützer ist viel zu wichtig, als dass sie an dieser Stelle für politische oder mediale Zwecke genutzt werden sollte“, hieß es da plötzlich. Die Wende überrascht etwas. War es doch der Steuerzahlerbund Hamburg, der zuvor unter dem Motto „Wir helfen Kröten lieber über die Straße, als die Kröten der Steuerzahlenden aus dem Fenster zu werfen“ seine Mitglieder öffentlichkeitswirksam aufgerufen hatte, sich an der Aktion zu beteiligen.

Vor-Ort-Termin am Jenischpark: Der Vorsitzende vom Hamburger Nabu, Malte Siegert, war persönlich gekommen. Er erneuerte die Kritik am Bund der Steuerzahler.
Vor-Ort-Termin am Jenischpark: Der Vorsitzende vom Hamburger Nabu, Malte Siegert, war persönlich gekommen. Er erneuerte die Kritik am Bund der Steuerzahler. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Das kam bei den Naturschützern gar nicht gut an. Hinter den Kulissen gab es harsche Kritik und Briefwechsel zwischen den Vorsitzenden. Auch am Sonnabend nutzte Hamburgs Nabu-Chef Malte Siegert die Bühne, um gegen den Bund der Steuerzahler auszuteilen: Er skandalisiere und pauschalisiere. Zudem würde man mit solch einem Aufruf das Ehrenamt beschädigen. „Wir machen die Arbeit, die wir dem Staat abnehmen, zum Nulltarif. Das wird in der ganzen Debatte vergessen“, so Siegert. Vom Bund der Steuerzahler hieß es dazu: „Wir haben zur Kenntnis genommen, dass der Nabu verärgert über unseren Aufruf unter dem Motto ist.“

Blankeneser Kröten-Fall sorgt für großes Interesse an Amphibienschutz

Doch nicht nur in Hamburg sorgt der Blankeneser Kröten-Fall für Wirbel, auch bundesweit stieß der tierische „Luxustunnel“ auf Unverständnis. Im vergangenen Jahr war das „neue Amphibienleitsystem“ am Falkensteiner Ufer fertiggestellt worden. Nun liegt die Schlussrechnung vor, an der sich die Kritik entzündete. Denn das Tunnelsystem kostete rund 470.000 Euro. Ursprünglich war von 260.000 Euro die Rede.

Und wer nun denkt, dass aufgrund des teuren neuen Tunnels die Straße am Elbufer nicht mehr gesperrt wird, der irrt. Die Schrankenanlage bleibt erhalten, wie die Verwaltung in Altona auf Nachfrage dem Abendblatt bestätigte. Denn mit den vier Tunneln schützte man nur die sichere Wanderung der Kröten im westlichen Bereich des Elbufers. Im östlichen Teil wandern die Kröten weiterhin ungeschützt über die Straße. Man überlege daher sogar, die Straße für den Pkw-Verkehr komplett zu sperren und sei dazu in Abstimmungsgesprächen.

Krötentunnel: BUND stellt sich hinter das Projekt und fordert weiteren für Volksdorf

Das Bezirksamt Altona und der Nabu gehören zu denjenigen, die das Projekt in Blankenese und die Kosten dafür verteidigen. Rückendeckung gibt es nun vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Am Sonnabend verteilten die Nabu-Mitglieder eine Stellungnahme des BUND. Darin kritisiert der Experte für Amphibienschutz, Wolfram Hammer: „Die Landschaft wird immer kleinteiliger mit Straßen zerschnitten, die für viele querende Kleintiere tödlich sind.“ Wenn dann an einem besonders auffälligen Ort wie Blankenese etwas gegen diesen massenhaften Straßentod getan werde, rechneten viele mit ganz spitzem Bleistift nach – und das auch noch falsch.

Für den BUND erklärt Hammer, dass man sich aufgrund des Nutzens für die Tiere und die Natur daher für einen weiteren Krötentunnel am Waldweg in Volksdorf einsetzten werde.

Nabu Altona: 50 Anmeldungen zum Termin – so viel wie nie zu vor

Während den teilnehmenden Medienvertretern am Sonnabend all das vielleicht noch etwas sagte, schauten die erschienenen Freiwilligen, darunter viele Familien mit Kindern, doch etwas ratlos drein. Laut Nabu hatten sich 50 Interessierte für den Termin zur Einweisung für den Krötentransport angemeldet – so viel wie nie zu vor. Da der Nabu explizit nachfragte: Keiner war darunter, der aufgrund der Kritik des Steuerzahlerbunds gekommen war. Alle wollten wirklich helfen und interessierten sich weniger für den Streit als vielmehr für die Arbeit vor Ort.

Dorothea Schrieber erklärt den zahlreichen Interessierten den Ablauf. Diesen Teich auf dem Reemtsmagelände sollen die Erdkröten sicher zum Laichen erreichen.
Dorothea Schrieber erklärt den zahlreichen Interessierten den Ablauf. Diesen Teich auf dem Reemtsmagelände sollen die Erdkröten sicher zum Laichen erreichen. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Nabu-Expertin Dorothea Schrieber übernahm diesen Part: Sie erläutere, wie und wann die Kröten wandern (ab Ende Februar), welche Ausrüstung (Taschenlampe und Handschuhe) es braucht, wie man die Tiere am besten anfasst und wo der Schutzzaun am Jenischpark aufgebaut wird und wo es dann über die Holztwiete hinüber in den Teich auf das Reemtsmagelände geht.

Othmarschen: Anzahl der gezählten Erdkröten am Jenischpark stark gesunken

Wie in Blankenese verzeichnen die Naturschützer auch in Othmarschen einen signifikanten Rückgang bei den Tieren. „Leider geht der Bestand langsam den Bach runter“, drückte es Biologe Sönke Jansen, aktives Mitglied im Hamburger Nabu-Vorstand, aus. Von einst 1600 Tieren hätte man im vergangenen Jahr nur noch 260 Erdkröten gezählt.

Ein möglicher Grund für den Rückgang könnte der trockene Sommer gewesen sein, ein anderer, dass seit zwei Jahren durch die zahlreichen Baustellen viel Verkehr, unter anderem Busse, durch die schmale Holztwiete geleitet wird. „Es könnte sehr viel mehr totgefahren worden sein“, vermutet Schrieber. Allerdings könnte man das nicht erfassen, weil die Krähen aus dem Jenischpark sich sofort darüber hermachten.

Blankeneser Krötentunnel: Bund der Steuerzahler verlangt weiter Aufklärung des Falls

Am Ende des Termins trugen sich viele der Teilnehmer in eine Liste als Helfer ein. Die Nabu-Vertreter zeigten sich zufrieden, sprachen von einer guten Resonanz. Es bleibe nur die Frage: Wie viele der Helfer, nun auch wirklich am Ende mitmachen würden.

Für den Bund der Steuerzahler bleiben andere Fragen ungeklärt. Denn nur weil man am Sonnabend dem Termin fernblieb, will man den Blankeneser Kröten-Fall so nicht stehen lassen. „Grundsätzlich gehört es zu unserer Arbeit im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch bei umweltpolitischen Maßnahmen zu achten“, erklärte der Sprecher. Deswegen konzentriere man sich jetzt auf drei Punkte.

Bezirk Altona: Chefin bezieht klar Stellung zum Krötentunnel – „Mir ist es das wert“

Erstens: Wie ist es zur Genehmigung der zusätzlichen Kosten (Verdoppelung) gekommen und waren dafür alle rechtlich notwendigen Schritte gegeben? Zweitens: Erwartet der Steuerzahlerbund einen Beweis für die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme an dieser Stelle. Drittens: Wie hoch sind die Folgekosten und wer trägt sie?

Mehr zum Thema

Letzteres konnte die Bezirksverwaltung in Altona auf Anfrage kurzfristig nicht beantworten. Zu den anderen beiden Fragen bezieht Bezirksamtschefin Stefanie von Berg (Grüne) Stellung: „Wir haben uns diesen Fall noch einmal sehr genau angesehen. Es ist alles in Ordnung gewesen. Kostensteigerungen erleben wir in vielen Bereichen.“ Zudem betont sie: „Wir haben wirtschaftlich gehandelt und eine effektive Schutzmaßnahme installiert. Damit sorgen wir für Artenschutz – so wie es erforderlich ist. Uns und ganz persönlich mir ist es das wert.“