Hamburg. Umfangreiche Schau zeigt Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs auf die Elbvororte. Mit im Fokus: das Dehmelhaus und seine Bewohner.
Das Dehmelhaus an der Richard-Dehmel-Straße 1 mitten in Blankenese ist eine bedeutende HamburgerKulturstätte und stand zuletzt wegen eines besonderen Doppeljubiläums im Fokus. Doch nur wenige wissen, welch tragische Begebenheit sich im Inneren des historischen Gebäudes zutrug.
Die neue Ausstellung „Blankenese im Zweiten Weltkrieg 1939–45“ zeigt nun die Geschichte der Verfolgung und Vernichtung im Holocaust auf und beschäftigt sich mit der Situation in den Elbvororten. Unter anderem auch damit, was im Dehmelhaus vor sich ging.
Blankenese: Ausstellung zeigt Geschichte des Dehmelhauses in Hamburger Elbvororten
Aber von vorne: Es ist das Jahr 1901, als es den Dichter Richard Dehmel zusammen mit seiner frisch angetrauten Ehefrau Ida, Kunstförderin und Frauenrechtlerin, nach Hamburg treibt. Das junge Paar lässt sich in Blankenese nieder und bezieht 1912 das nach seinen eigenen Vorstellungen gebaute Haus in den Elbvororten.
Die Villa hebt sich von den anderen Bauwerken ab, erstrahlt sie doch im hellgelben Putz statt hamburgtypischen Backstein. Einige Jahre lebt das Künstlerpaar hier zusammen, bis Richard Dehmel 1914 freiwillig in den Ersten Weltkrieg zieht und erst nach zwei Jahren zurückkommt. Viel Zeit zu zweit bleibt den Eheleuten jedoch nicht mehr.
Hamburg-Blankenese: Richard Dehmel stirbt im Alter von 56 Jahren
Der Dichter stirbt 1920 im Alter von nur 56 Jahren. Fortan bewohnt Ida Dehmel allein das riesige Künstlerhaus und bewahrt das Andenken ihres verstorbenen Gatten, indem sie Besichtigungen und Veranstaltungen anbietet, eine Stiftung und die Dehmelgesellschaft gründet.
Als die Nationalsozialisten im Jahr 1933 an die Macht kommen, ändert sich das Leben der Jüdin schlagartig. Wie viele andere Juden und Jüdinnen in Deutschland ist die Witwe den Schikanen und Ausgrenzungen aus dem gesellschaftlichen Leben ausgesetzt, wenn auch mit Ausnahmen, dank Peter Suhrkamp.
Zweiter Weltkrieg: Peter Suhrkamp setzt sich für Ida Dehmel ein
Der prominente Verleger setzt sich für die Kunstförderin ein und erreicht im Jahr 1941, als die Deportationen von Tausenden Hamburger Juden und Jüdinnen beginnt, dass die zu dem Zeitpunkt 71-Jährige von allen antijüdischen Maßnahmen verschont bleibt. In Sicherheit wiegen kann sich Ida Dehmel zu diesem Zeitpunkt trotzdem nicht mehr, auch ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich stetig.
- Hamburg-Altona: Wohnungen und Waldspielplatz – das plant der Bezirk 2024
- Zu viele Unfälle – Elbchaussee muss erneut umgebaut werden
- Blankenese: Umstrittenes Flüchtlingsheim steht plötzlich zum Verkauf
Als ihre Mieter Irene und Peter Hess, so schreibt es Carolin Vogel auf der zugehörigen Informationstafel in der neuen Ausstellung, den Deportationsbefehl nach Theresienstadt erhalten, bleibt die Hamburgerin allein zurück. Am 29. September 1942 nimmt sich Ida Dehmel im Dehmelhaus mit einer Überdosis Schlafmittel das Leben.
Blankenese: Ausstellung zeigt Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges auf Hamburg
Gerettet wird das Andenken des Künstlerpaars in den Folgejahren von Stieftochter Vera Tügel, die das elterliche Haus als Kulturstätte schützt und wiederbelebt. Mehr zu der Geschichte von Familie Dehmel können Hamburger und Hamburgerinnen ab dem 10. Januar in der Ausstellung im Gemeindesaal am Mühleberger Weg 64A erfahren. Zur Eröffnung um 19.30 Uhr wird Stefanie von Berg, Leiterin des Bezirksamts Altona, ein Grußwort sprechen.
Weitere Themenschwerpunkte der Schau sind unter anderem die Verfolgungen von „Asozialen“ in Blankenese, der Familie Behrendsohn, der Blankeneser Unternehmer im Generalgouvernement sowie der Familie Alexander. Die Ausstellung läuft bis zum 28. Februar, geöffnet ist sie montags bis donnerstags von 9 bis 12 Uhr und 15 bis 17 Uhr sowie freitags von 9 bis 12 Uhr.