Hamburg. Dieses Mal traf es Patienten der HNO-Abteilung der Asklepios Klinik Altona. Ist die Verlagerung der Sterilisationsabteilung schuld?

Noch immer scheint es nicht genügend steriles OP-Besteck in der Asklepios Klinik Altona zu geben. Denn wieder wurden dort Patienten nach mehrstündigem Warten nach Hause geschickt, obwohl sie an dem Tag einen OP-Termin hatten. Bereits Ende September erlebte das Patient Jan Eggers, dem ein Tumor an der Niere entfernt werden sollte. Nun passierte es Björn B., der sich ebenfalls ans Abendblatt wandte. Mit ihm habe am 2. November eine Frau im Wartezimmer gesessen, deren HNO-Operation sogar schon zweimal kurzfristig verschoben worden sei, weil entsprechende Instrumente fehlten.

Nach Abendblatt-Informationen sollen die bekannt gewordenen Fälle nur die Spitze eines Eisbergs sein. Seit mehr als einem Jahr müssten immer wieder Patienten nach Hause geschickt werden, weil nicht genügend OP-Besteck vorhanden sei, berichtet jemand aus der Asklepios-Belegschaft.

Asklepios Altona: kein steriles OP-Besteck – erneut Eingriffe abgesagt

Grund sei die Ausgliederung der ehemaligen klinikeigenen Sterilisationsabteilung an eine unternehmenseigene Tochtergesellschaft. Dort komme man mit dem Sterilisieren nicht hinterher, zudem würden in hohem Maße Instrumente beschädigt: „Stumpfe Scheren und kaputte Zangen sind keine Seltenheit“, wird behauptet.

Das Besteck würde in sogenannten „OP-Sieben“ geliefert, von denen früher immer ausreichend zur Verfügung gestanden hätten. „Auch bei mehreren Not-Operationen wurde das OP-Besteck nie knapp.“ Ärzte und Personal hätten schon viele Beschwerdebriefe geschrieben. Doch auch nach einem Wechsel in der Leitung der Sterilisationsabteilung habe sich wenig gebessert. „Es kommt immer wieder vor, dass für mehrere geplante Operationen nur zwei Siebe zur Verfügung stehen – also alle anderen Eingriffe abgesagt werden müssen.“

Jan Eggers (hier mit Ehefrau Annegret und Border Terrier Flocke) konnte zunächst nicht operiert werden, weil OP-Besteck fehlte.
Jan Eggers (hier mit Ehefrau Annegret und Border Terrier Flocke) konnte zunächst nicht operiert werden, weil OP-Besteck fehlte. © FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

Für die Mitarbeiter sei es ein Riesenaufwand, jeden Morgen mit dem vorhandenen Besteck so viele Operationen wie möglich zu organisieren. Für die Patienten sei es unzumutbar, dass Operationen mehrfach verschoben würden, so das Belegschaftsmitglied gegenüber dem Abendblatt. „Das ist wirtschaftlich unklug und medizinisch eine Katastrophe.“

Hamburg: Operationen laut Asklepios nur in „wenigen Einzelfällen“ abgesagt

Asklepios bedauere die ausgefallenen Operationen ebenso wie die Patienten, betont Konzernsprecher Mathias Eberenz. Er verweist aber auch darauf, dass es in den vergangenen Wochen „nur wenige Einzelfälle“ gegeben habe. Die Gründe, warum „hin und wieder“ eine geplante Operation verschoben werden müsse, seien vielfältig, „der Operationsbetrieb insgesamt sehr komplex“ – und „nicht alle relevanten Faktoren von der Klinik und ihren Mitarbeitenden jederzeit steuerbar“.

Als Beispiele für verschobene Operationen führt Eberenz zunächst das Nicht-Erscheinen von Patienten zum geplanten Termin an (oder dass sie nicht nüchtern sind) sowie unerwartete Notfälle, da Altona als Maximalversorger „überdurchschnittlich oft vom Rettungsdienst angefahren“ werde. Das bringe die OP-Pläne immer wieder durcheinander.

Krankenhaus Altona: Krankenstand beim Personal ist derzeit erhöht

Darüber hinaus sei der „multiprofessionelle“ Betrieb der Operationssäle hochkomplex und daher für Störungen anfällig – nicht zuletzt wegen der hohen Anforderungen an die Vielzahl der Mitarbeitenden aus den unterschiedlichsten Bereichen. Verschärfend zum Fachkräftemangel, unter dem Kliniken bundesweit litten, komme in diesen „kalt-feuchten Tagen“ noch ein erhöhtes Krankheitsaufkommen beim Personal, dem man „manchmal kurzfristig nichts entgegenzusetzen habe“.

In der Sterilgutversorgung sei man dagegen nach einer schwierigen Phase im Sommer und Frühherbst „inzwischen wieder stabil aufgestellt“, behauptet Eberenz. Es würden kontinuierlich neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eingearbeitet und diese auch bei Behördengängen und Wohnraumsuche unterstützt. Angesichts des allgemeinen Fachkräftemangels könnten jedoch auch hier vermehrte Ausfälle durch Krankheit nicht immer sofort kompensiert werden.

Sterilisation des OP-Bestecks übernimmt Asklepios-Tochterunternehmen

Tatsächlich sei für die Aufbereitung von OP-Besteck in Altona ein Asklepios-Tochterunternehmen zuständig, die Asklepios Facility Service GmbH. Die Reinigung/Desinfektion und die anschließende Sterilisation des OP-Bestecks erfolgten „mit validierten, dokumentierten, maschinellen und automatisierten Prozessen“, sie sei DIN-zertifiziert und werde „durch regelmäßige interne und externe Begehungen überwacht“.

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Dennoch machen der Fall von Abendblatt-Leser Björn B. und die Schilderungen aus der Belegschaft deutlich: Bei der Lieferung von sterilem OP-Besteck hakt es in Altona noch. Daran ändern auch die täglichen Besprechungen zwischen dem OP-Management und der Leitung der Sterilgutaufbereitung nichts, die laut Eberenz das Ziel haben, „unseren Patienten und Patientinnen eine verlässliche Planung und eine exzellente medizinische Betreuung anbieten zu können“.

Probleme mit OP-Besteck offenbar Phänomen der Asklepios Klinik Altona

Zu möglicherweise beschädigten Instrumenten kann der Asklepios-Sprecher nichts sagen: „Dazu liegt mir keine Info vor.“ Generell sei es aber schwieriger geworden, Material zu beschaffen. „Was früher einige Tage gedauert hat, dauerte zuletzt einige Monate.“ Dies habe dazu geführt, dass bei bestimmten OP-Sieben defekte oder fehlende Instrumente nicht sofort ersetzt werden konnten.

Probleme mit dem OP-Besteck scheinen ein Phänomen des Hauses Asklepios zu sein. Wie berichtet, nennt die Klinik als Gründe dafür neben dem Fachkräftemangel auch die weltweiten Rohstoff- und Lieferengpässe sowie eine neue Medizinproduktverordnung. Andere Hamburger Krankenhäuser hatten sich davon distanziert. Nach Auskunft von Asklepios sind mittlerweile auch nicht mehr die Lieferschwierigkeiten das Problem, sondern primär kurzfristige krankheitsbedingte Personalengpässe.