Hamburg. Es ist das größte Wohnprojekt im Stadtteil. Saga plant auf dem Areal in Rissen auch 80 Reihenhäuser und eine Kita. Die Details.
Nach jahrelangen Verhandlungen und einem aufwendigen Beteiligungsverfahren mit der Rissener Bürgerinitiative VIN ist es vollbracht: Die Saga plant, den 2018 angekündigten zweiten Bauabschnitt an der Straße Suurheid im Stadtteil Hamburg-Rissen nun auch in die Tat umzusetzen. Im Vergleich zum ersten Abschnitt ist der zweite Bauschritt aber deutlich umfangreicher.
360 Wohneinheiten sollen auf dem Areal zwischen dem Asklepios Westklinikum und dem Marschweg entstehen. Das neue Wohnquartier aus Mehrfamilien- und Reihenhäusern soll zudem über eine Kita, eine Parkgarage und einen kleinen Nahversorger in Form eines Kiosks verfügen.
Wohnen Hamburg: 25 Mehrfamilienhäuser am Krankenhaus in Rissen geplant
Kürzlich wurden die Pläne dem Bauausschuss in Altona vorgestellt. Demnach will das kommunale Wohnungsunternehmen Saga noch in diesem Jahr den Bauantrag einreichen. Erste vorbereitende Arbeiten auf dem etwa sieben Hektar großen Areal wie die Kampfmittelsondierung sind bereits vollendet. Nach dem Baustart der Erschließungsmaßnahmen im Herbst 2023 sollen in Abhängigkeit vom Genehmigungsverfahren vom Frühjahr 2024 an der Hochbau starten, der sich bis 2026 erstrecken wird.
Das städtebauliche Konzept sieht 25 drei- und viergeschossige Mehrfamilienhäuser mit 280 Wohnungen sowie 80 Reihenhäuser vor. Der Hauptfokus: „bezahlbarer“ Wohnraum für Familien – etwa 60 Prozent der Einheiten sind für Drei- bis Fünfpersonenhaushalte vorgesehen. An die Kita mit voraussichtlich 80 Betreuungsplätzen im Osten des Areals schließt sich das Parkhaus an, das über mehr als 200 Stellplätze für die Bewohner verfügen soll. Zudem sind zwei Tiefgaragen geplant.
„Wesentliche Leitbilder für die Realisierung des neuen Wohnquartiers sind neben der sozialen Durchmischung unter Berücksichtigung stabiler Quartiersverhältnisse ebenso der hohe Anteil familiengerechten Wohnraums und der Erhalt des stadtteiltypisch durchgrünten Charakters“, erklärt Gunnar Gläser, Pressesprecher der Saga. Ein Drittel der Wohnungen wird öffentlich gefördert sein, ein Drittel frei finanzierte Mietwohnungen und ein Drittel der Wohnungen kann nach einem Zeitraum von fünf Jahren von den Mieterinnen und Mietern erworben werden.
Neubaugebiet in Rissen: Mietpreis ist laut Saga noch unklar
Der Mietpreis der öffentlich geförderten Wohnungen wird bei rund 7 Euro Netto-Kaltmiete pro Quadratmeter liegen. Zum Mietpreis für die anderen Wohnungen kann das kommunale Unternehmen derzeit noch keine Aussage treffen. Denn wie sich die Preise bis zur geplanten Vermietung, mit der frühstens zum Jahreswechsel 2026/27 gerechnet werde, entwickelten, lasse sich schwer sagen.
Dem nun angekündigten Baustart geht eine lange Planungsphase voraus. 2015 wurden einst die Pläne vorgestellt, nach denen auf dem Areal 572 Wohnungen in zwei Bauabschnitten entstehen sollten. Dabei war die Stadt schon einmal am massiven Widerstand der Anwohner gescheitert, als man hier versuchte, Wohnraum für 4000 Flüchtlinge zu schaffen.
Damals gründete sich die Bürgerinitiative VIN, mit der der spätere hamburgweite Widerstand gegen Großunterkünfte seinen Anfang nahm. Ein Volksentscheid konnte nur durch Bürgerverträge abgewendet werden, die zwischen Senat und den Initiativen geschlossen wurden. Auch für Rissen existiert solch ein Vertrag, der vorsieht, dass die Initiative in die Planungen mit einbezogen wird.
Wohnquartier in Hamburg-Rissen – Kritik an Baumfällungen
Die intensive Bürgerbeteiligung wird von der VIN sowie von Bezirkspolitikern gelobt. „Wir freuen uns über die positive Rückmeldung zu unserem langjährigen Engagement“, sagt Michael Neumair von der VIN Rissen. „Die Planung folgt einerseits dem Bedarf nach mehr bezahlbarem Wohnraum in Hamburg. Andererseits werden auch die Intentionen des Bebauungsplans und die Interessen des Stadtteils berücksichtigt – auch wenn mit den insgesamt 499 Wohneinheiten im 1. und 2. Bauabschnitt nun mehr als doppelt so viele Wohnungen entstehen, wie im Bebauungsplan vorgesehen sind.“
Doch neben dem Lob gibt es auch Kritik an den Plänen. Besonders die hohe Zahl an Bäumen, die gefällt werden müssen, sowie die Erschließung des neuen Wohnquartiers sind umstritten. Die Initiative VIN sieht die beantragten rund 200 Baumfällungen für die Erschließung und den Hochbau als zu hoch an.
Bäume für Wohnungen gefällt – Initiative fordert Ersatzpflanzungen
„Nachdem bereits für den ersten Bauabschnitt circa 90 Bäume gefällt und dafür keine Ersatzpflanzungen vorgesehen wurden, kommt es nun darauf an, dass die für Straßen- und Hochbau notwendigen Fällungen durch Ersatzpflanzungen ausgeglichen werden“, so Neumair. „Hier erwarten wir die Vorlage eines landschaftsplanerischen Konzepts, das sicherstellt, dass der stadtteiltypische und im Bebauungsplan geforderte durchgrünte Charakter des Quartiers gewahrt wird.“
Die Saga spricht dagegen auf Abendblatt-Anfrage von 120 gefällten, meist kleineren oder kranken Bäumen und verweist auf ein Baumgutachten, nachdem ein Großteil der erhaltenswerten Bäume durch die behutsame Planung auch erhalten bleibe.
Hamburg-Rissen: Pläne für versprochene S-Bahn-Brücke liegen auf Eis
Ein weit größerer Knackpunkt wird dagegen das Verkehrsthema werden. Derzeit ist eine Erschließung über die Straßen Sieverstücken im Osten und Achtern Sand/Suurheid im Westen angedacht. Wobei bereits in den vor fast einem Jahrzehnt vorgestellten Planungen eine Brücke über die S-Bahn vorgesehen war. Und genau diese beschlossene und sogar im Bürgervertrag vereinbarte Brücke steht in den Sternen.
Zwar gibt es bereits Pläne, die Umsetzung wurde von der Verkehrsbehörde dann aber wegen des geplanten möglichen zweispurigen Ausbaus der S-Bahn-Strecke auf unbestimmte Zeit vertagt. „Es scheint, dass die Verkehrsbehörde hier auf Zeit spielt und versucht, sich ihren vertraglichen Verpflichtungen durch Aussitzen zu entziehen“, kritisiert Neumair.
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FDP in Altona fordert: Die S-Bahn-Brücke muss kommen
Rückendeckung für die Forderung gibt es auch aus den Reihen der Bezirkspolitik. In der jüngsten Sitzung der Bezirksversammlung wurde einem Antrag der FDP mit Stimmen von CDU, SPD, Linke und AfD zugestimmt, auf die Realisierung der Brücke zu drängen.
Katarina Blume, Fraktionsvorsitzende der FDP-Fraktion Altona, sagt: „Wieder einmal wird die Glaubwürdigkeit von Politik und ihren Vertretern leichtfertig aufs Spiel gesetzt.“ Die Brücke habe in den Verhandlungen im Jahr 2017 eine herausragende Rolle gespielt und entscheidend dazu beigetragen, dass der Bürgervertrag überhaupt geschlossen wurde. „Die Brücke muss kommen, zeitlich unabhängig vom wünschenswerten Ausbau der S-Bahn-Verbindung Richtung Wedel.“