Hamburg. Umbau wird zur Posse: Weil neben dem neuen Radweg kaum Platz für Fußgänger bleibt, sucht die Behörde das Gespräch mit Anrainern.
Der Bau eines neuen Radwegs in Nienstedten auf der Nordseite der Elbchaussee entwickelt sich immer mehr zu einer Posse. Wie berichtet, führt der Weg zwischen Teufelsbrück und dem Hotel Louis C. Jacobso dicht an den Grundstücken der Anrainer vorbei, dass diese beim Verlassen ihrer Vorgärten in Richtung Straße fast unmittelbar auf dem Radweg stehen.
Ein sogenanntes Hochbankett, also ein Grandweg, der vor dem Umbau als Gehweg genutzt wurde, ist zwar in der Breite unverändert, ist nun aber zum überwiegenden Teil zu einem befestigten Radweg geworden. Die für Fußgängerinnen und Fußgänger verbliebene Fläche ist – wenn überhaupt – einen halben Meter breit und damit so schmal, dass man an den meisten Stellen nicht darauf gehen kann.
Elbchaussee: Anrainer fühlen sich abgeriegelt und ausgegrenzt
Wie das Abendblatt berichtete, fühlen sich Anrainer der Nordseite auf dem bislang umgebauten Abschnitt, namentlich viele der 150 Mitglieder des Bridge Clubs Hamburg Elbvororte, durch die Baumaßnahme nun „abgeriegelt und ausgegrenzt“. Sie können das zugehörige Grundstück nur noch zu Fuß erreichen und verlassen, wenn sie die Elbchaussee kreuzen und den Fußweg auf der Südseite der Straße benutzen.
Vor allem ältere und in der Mobilität eingeschränkte Betroffene stellt das vor große Probleme. Der Verkehr liegt auf diesem Abschnitt in der Spitzenzeit bei 1575 bis 1608 Fahrzeuge pro Stunde, hinzu kommen neben Radfahrerinnen und Radfahrern auch 626 bis 633 Schwerverkehrsfahrzeuge täglich.
Verkehr Hamburg: Laut Behörde liegt alles an den Hecken vor Ort
Nach Angaben der Verkehrsbehörde ist in diesem Abschnitt jedoch nicht der Umbau das Problem – sondern die Hecken der Anrainer. Diese seien zu breit für die an der entsprechenden Stelle eher schmale Elbchaussee. Wie die Antworten auf eine schriftliche Kleine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Anke Frieling ergeben, will die Behörde nun das Gespräch mit den Anrainern suchen, um eine Lösung herbeizuführen.
Wörtlich steht dort: „In dem benannten Bereich sind öffentliche Straßenverkehrsflächen in einer Breite von rund fünf Metern durch private Hecken überbaut. Durch Rücknahme dieser Hecken und die Herstellung von ebenen Bereichen auf dieser gewonnenen Fläche könnte hier eine ausreichend breite Gehwegfläche geschaffen werden.“
Und weiter: „Der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer wird kurzfristig an die Eigentümerinnen und Eigentümer der Grundstücke herantreten, um eine einvernehmliche Lösung zum Rückbau der Hecke zu erreichen.“ Im Übrigen stellt die Behörde kategorisch fest: „Weder in der Straßenverkehrsordnung noch im Hamburgischen Wegegesetz ist die Anlage von Gehwegen an Hauptverkehrsstraßen vorgeschrieben.“
Auf dem betroffenen Abschnitt gibt es kaum dichte Hecken an de Elbchaussee
Aber: Wer den Abschnitt zwischen Christian-F.-Hansen-Straße und Sieberlingstraße aufsucht, wird schnell feststellen, dass es bei etwa zwölf angrenzenden Grundstücken – darunter ist auch das der Rudolf-Steiner-Schule Nienstedten – nur wenige Hecken gibt, die direkt an das „Hochbankett“ anschließen.
An allen anderen Stellen werden die Grundstücke durch klassische Zäune und Mauern begrenzt. Wie dort zusätzlicher Platz für eine „ausreichend breite Gehwegfläche“ geschaffen werden soll, ist völlig unklar. Wie die Behörde zudem zugibt, stehen unmittelbar vor dem Bridge Club „keine weiteren öffentlichen Straßenverkehrsflächen“ zur Verfügung. Im Klartext: Dort muss ohnehin alles so bleiben wie es jetzt ist.
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Elbchaussee-Radweg: Behörde hat „diverse Abstimmungen und Gespräche“ geführt
CDU-Politikerin Anke Frieling fragt nun, warum die Gespräche mit den Anrainern über die ominösen Hecken nicht schon vor Beginn der Bauarbeiten geführt wurden. Dazu teilt eine Sprecherin der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) mit: „Im Zuge der Planungsphase zum ersten Bauabschnitt der Elbchaussee hat der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer diverse Abstimmungen und Gespräche geführt. Dabei hatte die oberste Priorität die Herstellung der Mindestbreiten in den Nebenflächen.“
Im Übrigen stellt die Behörde in den Antworten auf die Anfrage deutlich heraus, dass die Anwohner in einem mehrstufigen Beteiligungsverfahren über alle Baumaßnahmen informiert worden und diese zudem im Internet veröffentlicht worden seien.
Nienstedten: Es ist nicht das erste Mal, dass es um den Umbau Streit gibt
Betroffene sagen gegenüber dem Abendblatt dazu, dass sie bei einer Anhörung mehrfach darauf hingewiesen hätten, dass die Elbchaussee an der betroffenen Stelle für einen Radweg viel zu schmal sei. Die Antwort sei gewesen, dass es darum gehen müsse, einen Kompromiss zu finden.
Es ist nicht das erste Mal, dass es im Zuge des Elbchaussee-Umbaus Streit gibt. Je weiter die Umgestaltung voranschreitet, desto energischer werden die Proteste in den Elbvororten. Erst kürzlich hatten sich Anrainer aus Nienstedten massiv über das, wie sie es bezeichnen, „Herausreißen alter Bordsteinkanten und Kopfsteinpflaster-Überfahrten“ und den ersatzweisen Einbau ortsfremder Materialien beschwert.
Die Behörde bestreitet, dass es Maßnahmen in diesem Umfang gegeben habe. Man kommt bislang also nicht zusammen.
Elbchaussee: Anrainer wollen für Zebrastreifen kämpfen
Cezary Krzeminski, Besitzer des Bridge Clubs, sagt: „Es ist traurig, wie mit den Menschen hier umgegangen wird.“ Die Clubmitglieder wollen jetzt für einen Zebrastreifen kämpfen.
Krzeminski weist zudem darauf hin, dass die Elbchaussee wegen der noch andauernden Sommerferien und wegen zahlreicher Sperrungen zurzeit deutlich weniger befahren wird als sonst. „Nach den Ferien und wenn die Sperrungen aufgehoben sind, wird das hier total gefährlich“, sagt er.
Und Anke Frieling kritisiert: „Hier wird Verkehrspolitik gemacht, die nicht alle Menschen einbindet. Bei der ständigen Bevorzugung der Radfahrerinnen und Radfahrer kommen die Fußgänger an der Elbchaussee im wahrsten Sinne des Wortes unter die Räder.“