Hamburg. Seit Wochen dürfen die Stände nicht mehr aufgebaut werden. Einigkeit darüber wie es weitergehen könnte, gibt es in Altona nicht.
Am Tag danach hatte sich sein Ärger nicht gelegt. „Ich bin vor Wut fast geplatzt“, sagte Andreas Bernau, Mitglied der SPD-Fraktion der Bezirksversammlung Altona. Am Donnerstag hatte der Hauptausschuss den gemeinsamen Antrag von SPD und FDP zur Zukunft des Fischmarkts abgeschmettert.
Der Markt mit einer Tradition von mehr als 300 Jahren steht vor ungewisser Zukunft. Im Gegensatz zu normalen Wochenmärkten lebt der Fischmarkt von Party-Volk, Touristen und Marktschreiern wie der Legende „Aale-Dieter“. Gerade das laute Ausrufen und die Menschentrauben gelten als Corona-Risiken – der Markt findet daher weiter nicht statt.
Boehlich sieht beim Fischmarkt den Senat in der Pflicht
SPD und FDP plädierten nun in ihrem Antrag für neue Wege – etwa den Aufbau der Stände in loser Reihung an öffentlichen Plätzen: „So könnte zum Beispiel ein Fischbrötchenwagen am Altonaer Balkon, ein Obststand am Altonaer Bahnhof, ein Kaffeestand am Strandweg, ein Getränkestand in Teufelsbrück stehen, um so den Verlust für die Marktbeschicker zu minimieren.“
Für Gesche Boehlich, Fraktionschefin der Grünen, keine gute Idee: „Einen solchen Blödsinn habe ich selten gehört.“ Mit den Stimmen von CDU und Linke stimmte ihre Fraktion gegen den Antrag. Boehlich setzt auf die von der Bezirksverwaltung favorisierte Lösung: Strenge Hygiene-Konzepte für die Stände, Aufbau von Zäunen, viele Ordner: „Wir dürfen nicht so tun, als sei Corona vorbei. Wir müssen weiter die Abstandsregeln beachten.“ Bernau hält dieses Konzept für übertrieben und zu teuer: „Wir reden hier über Kosten von 10.000 Euro für jeden Sonntag. Und der Bezirk hat kein Geld.“ Gesche Boehlich sieht den Senat in der Pflicht: „Der Finanzsenator hilft so vielen. Jetzt muss er auch dem Bezirk unter die Arme greifen.“
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Klaus Moritz, Vizepräsident des Ambulanten Gewerbes und der Schausteller, hofft auf eine schnelle Lösung: „Wir brauchen den Fischmarkt. Er ist für viele ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor.“ Moritz weiß, wovon er spricht: Er fährt in vierter Generation jeden Sonntag mit seinem Fischstand an die Elbe.
Es gibt kaum noch Touristen in der Stadt
Wie Bernau hält Moritz nichts davon, „den Fischmarkt in einen Hochsicherheitstrakt zu verwandeln“. Dies sei auch gar nicht notwendig, die Zahl der Besucher von 70.000 an Spitzen-Sonntagen werde ohnehin stark zurückgehen: „Es gibt doch kaum Touristen in der Stadt.“ Auch die Zahl der Stände könne man reduzieren, eventuell über einen Wechsel alle zwei Wochen. Die Verteilung der Stände nach Corona-Regeln sei dann kein Problem mehr: „Wir reden hier über eine der größten Marktflächen in Europa.“ Sollten durch die Hygiene-Auflagen höhere Kosten entstehen, sieht Moritz die öffentliche Hand in der Pflicht: „Die Standgebühren am Fischmarkt sind schon jetzt sehr hoch.“
Die Sorge, das Image der Hamburgensie könne ohne Party-Volk und ohne Marktschreier leiden, teilt Moritz nicht: „Das werden die Gäste verstehen. Auf den Wochenmärkten akzeptieren es unsere Kunden inzwischen auch, dass wir in Corona-Zeiten auf den üblichen längeren Schnack verzichten müssen.“ Dafür könne man aber sehr wohl darüber nachdenken, die Öffnungszeiten zu verlängern. Regulär müssen die Händler um 9.30 Uhr schließen.