Hamburg. Weil die Bahn die Sternbrücke erneuern will, müssen die Clubs weichen. Pläne für einen Neubau am Schanzenpark sorgen für Streit.

Es hätte schon weißer Rauch aufsteigen können. Die Idee von der Verlegung der Altoaner Musikclubs an den Sternschanzenbahnhof schien nahezu perfekt. Keine direkten Nachbarn, die Logistik direkt nebenan. Aber im Schanzenbeirat fiel das Konzept zum Umzug von Waagenbau, Astra-Stube und Fundbuero durch. Und der Bezirk hat entschieden, die Debatte abzuwarten und keine Beschlüsse gegen den Stadtteil und seinen Rat zu fassen. Dabei drängt die Zeit, denn das Clubquartier unter der Sternbrücke ist schon gekündigt.

Die städtische Stadtentwicklungsgesellschaft (SteG) will entlang des Bahndamms gegenüber dem Schanzenpark einen Neubau mit 3000 bis 4000 Quadratmetern Gewerbefläche hinstellen und die Clubs als Mieter mit aufnehmen. Das stößt auf Misstrauen im Stadtteil, aber auch auf grundsätzliche Bedenken.

Das Konzept der Stadt ist bloß recycelt

Schon 2016 wollte die SteG am Bahndamm bauen. Damals nicht für Musikclubs, sondern für Gewerbe. Und schon damals war die SteG damit gescheitert.

Ray Nher, Sprecher des Stadtteilbeirates, will keinen Neubau am Bahndamm: „Die Straße Sternschanze wurde vor einigen Jahren in drei Abschnitten neu gemacht, nur die versprochene Grünplanung auf den Freiflächen wurde nicht umgesetzt.“ Er sieht auch die städtische SteG als Bauträger sehr kritisch. „Wir haben auf der Brammer-Fläche und an der Rindermarkthalle erfahren müssen, dass der Senat die mit dem Bezirk im Konsens beschlossenen Konzepte mit einem Federstrich in ihr Gegenteil verkehrt.“

Entweder die Clubs oder eine Grünfläche?

In der Rindermarkthalle seien die auf den Stadtteil einzahlenden Flächen im Laufe der Planung drastisch reduziert worden, sagte Nher. Für die Brammer-Fläche habe das Konzept mit Studentenwohnungen und Flächen für die Clubs bereits gestanden und sei auch in der Bezirkspolitik Konsens gewesen, als die Finanzbehörde die Fläche kassierte. Im Sommer 2017 wurde das Grundstück per Senatsbeschluss der Saga versprochen, sie soll da Wohnungen bauen mit Einzelhandel und Sportflächen im Erdgeschoss. Damit waren die Clubs raus. „Das fällt der Stadt jetzt auf die Füße“, sagte Nher. „Und jetzt will sie die Clubs und den Grünerhalt gegeneinander ausspielen.“

Ende 2019 laufen die Mietverträge der Clubs an der Max-Bauer-Allee Ecke Stresemannstraße aus. Die Deutsche Bahn erneuert ihre Brücke. Dafür muss auch die Tragfähigkeit der Pfeiler wachsen und also erhöht werden. Für den Brückenneubau weichen muss auch der Beach-Club „Central Park“, der auf der ehemaligen Brammer-Fläche direkt neben der Brücke seit Jahren Sommergefühle hoch hält, aber 2019 für den komplizierten Zusammenbau der Brückenteile vor Ort Platz machen muss. Für den Central Park ist kein Ersatzquartier in Sicht. Gleiches gilt für den Bauwagenplatz an gleicher Stelle.

Die Clubs wollen einen gemeinnützigen Bauherren

Für die Clubs wäre die Fläche am Bahndamm ideal. Auch die Idee des Neubaus kommt an. Aber das von der SteG angedachte Konzept mit dem zwei bis dreistöckigem Gewerberiegel am Bahndamm fand auch bei ihnen keine Gnade.

John Schierhorn, Geschäftsführer von Waagenbau und Central Park: „Wir wollen kein fertiges Gebäude aus Sichtbeton vorgesetzt bekommen, in dem unter anderem die Clubs unterkommen können. Wir wollen auch nichts gegen den Stadtteil machen, sondern eine konsensfähige Lösung aus dem Stadtteil heraus entwickeln.“ Er sprach von „Leitplanken“, die jetzt einzuziehen wären und die Weichen vom Investorendenken in Richtung Stadtteil stellen sollten. Dafür soll die Planung für das neue Gebäude aus dem Stadtteil kommen, wenig Fläche und Bäume kosten und die Nutzer sollten vorher feststehen. Außerdem sollte keine zusätzliche Gastronomie dazukommen und eine gemeinnützige Stiftung als Bauherr und später als Vermieter auftreten.

Politiker würden das Votum vor Ort akzeptieren

Am Mittwoch will Schierhorn dem Schanzenbeirat ein Konzept vorstellen. „Es liegt an uns, hier Überzeugungsarbeit zu leisten.“ Da die Bürgerbeteiligungsprozesse angelaufen seien, könne das Gebäude theoretisch in zwei Jahren stehen, sagte Schierhorn, der auch Geschäftsführer des Projektentwicklers „urban future development GmbH“ ist. Ein Bebauungsplan sei nicht nötig, das bestehende Planrecht reiche für eine Genehmigung.

Die CDU signalisierte Zustimmung. „Wenn man sich im Stadtteil darauf einigen kann, wäre das in Ordnung“, sagte Andreas Grutzeck, örtlicher CDU-Abgeordneter der Bezirksfraktion in Altona. „Das Konzept klingt stimmig.“ Auf weitere Gastronomie am Standort zu verzichten, trage auch den Anwohnerinteressen Rechnung. Auch die SPD sieht das Projekt positiv und setzt auf die Überzeugungskraft Schierhorns. „Der Standort ist ideal, und der Stadtteil braucht eine Zukunft für die Clubs“, sagte der SPD-Stadtplaner Henrik Strate. Man müsse aber in der Tat sehr genau darauf sehen, was aus der Finanzbehörde komme, das sei „in der Vergangenheit nicht immer positiv gewesen“.

Bahn noch ohne Baurecht - Clubs könnten länger bleiben

Der Schanzenbeirat sieht das kritischer. Nher wies darauf hin, dass Schierhorn von der Stadt schon einmal ausgebootet wurde: Bei dem Versuch, seine Planung für die Brammer-Fläche durchzusetzen, die er federführend mit entwickelt hatte. „Genau das darf uns nicht wieder passieren“, sagte Nher. Auch der Grünen-Abgeordnete Holger Sülberg tritt auf die Bremse: „Wir sehen die Neubaupläne für die Clubs kritisch, würden uns aber einem positiven Votum aus dem Stadtteil nicht entgegen stellen.“

Das Ganze kann aber auch aus anderen Gründen zur Hängepartie werden. Die Bahn, die den Clubs zum Ende 2019 gekündigt hat, hat noch gar kein Baurecht. Sie hofft zwar, ist aber keinesfalls sicher, dass das Planfeststellungsverfahren rechtzeitig, also deutlich vor Ende 2019, durch ist. Denn die Auftragsvergabe ist noch nicht angelaufen, weil dafür klar sein muss, was genehmigt wird. Außerdem steht die alte Brücke auch noch unter Denkmalschutz. „Wenn wir Ende 2019 noch nicht loslegen können, wäre auch eine Verlängerung der Verträge mit den Clubs denkbar“, sagte Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis.

So will die Bahn die Altonaer Sternbrücke neu bauen