Hamburg. Ex-Lebensgefährte der Mutter steht vor Gericht. Er ist wegen Totschlags an dem 13 Monate alten Jungen angeklagt.
Der kleine Tayler hatte keine Chance: Den Kampf um sein Leben konnte das Baby nicht gewinnen. In tiefer Bewusstlosigkeit, an fortlaufenden Krämpfen leidend, das Gehirn schwer geschädigt: Nicht lange, nachdem der gerade ein Jahr alte Junge im vergangenen Dezember ins UKE eingeliefert wurde, war klar, wie furchtbar schlecht es um ihn steht. „Es deutete sich an, dass das Kind sterben wird“, sagte der Rechtsmedizinische Sachverständige, Prof. Dr. Klaus Püschel, am Dienstag im Prozess vor dem Schwurgericht um den Tod des kleinen Tayler.
Tatsächlich war er nicht zu retten: Knapp eine Woche nach der Aufnahme des Jungen in der Klinik stellten die Ärzte die Maschinen ab, die das kleine Herz des Babys am Schlagen gehalten hatten.
Keine Zweifel an der Todesursache
Seite um Seite füllt der Angeklagte Michael Q. mit seinen handschriftlichen Notizen, der 27-Jährige wirkt aufmerksam, sein Gesicht bleibt dabei maskenhaft. Was mag der damalige Lebensgefährte von Taylers Mutter, dem die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren Totschlag vorwirft, angesichts der Ausführungen denken? Er habe Tayler geliebt „wie seinen eigenen Sohn“ und „definitiv nichts mit ihm gemacht“, hatte der kräftige Mann am ersten Verhandlungstag beteuert. Laut Anklage soll er den Jungen totgeschüttelt haben.
Und dass das Baby tatsächlich an den Folgen solcher Misshandlungen starb, ist für die medizinischen Sachverständigen, die an diesem Verhandlungstag aussagen, vollkommen klar. Er habe „keinen Zweifel, dass Tyler Opfer eines Schütteltraumas geworden ist“, betont der Neuropathologe Dr. Jakob Matschke. Ähnlich formuliert es Rechtsmediziner Püschel: Ein Schütteltrauma sei „völlig eindeutig“ die Todesursache, ist der Fachmann überzeugt.
Püschel hatte Tayler schon längere Zeit vor dessen Tod gesehen, als der Junge wegen eines Schlüsselbeinbruchs in Behandlung war und die zuständigen Ärzte den Fall der Rechtsmedizin meldeten. Das nächste Mal sah Püschel das Baby als schwer verletztes und schließlich als totes Kind, ein Baby, das auch äußerlich mehrere Verletzungen aufwies, nämlich Hämatome.
Eine der Hautunterblutungen, die der Junge an der Wange hatte, hatte der Angeklagte damit erklärt, dass er Tayler, als dieser in der Badewanne saß und wegzurutschen drohte, gegriffen und damit versehentlich mit dem Handballen im Gesicht getroffen habe. Doch dies sei so „nicht möglich“, ist Püschel überzeugt. Die Verletzung sei eher durch ein Zugreifen mit dem Finger entstanden, wahrscheinlich sei ein „zangenartiges Zugreifen“.
Rechtsmediziner demonstriert das Schütteln
Bei der Sektion von Tayler seien bei dem Jungen Blutungen unterhalb der harten Hirnhaut festgestellt worden, zudem Risse der sogenannten Brückenvenen sowie eine ausgeprägte Hirnschwellung, erläutert Püschel weiter. Diese Verletzungen, zusammen mit ebenfalls diagnostizierten Einblutungen im Bereich der Netzhäute der Augen sowie einer diffusen Hirnschädigung seien typisch für ein Schütteltrauma. Das sei für ihn eine „eindeutige Diagnose“.
Der Rechtsmediziner hat eine Puppe mitgebracht, an der er das Schütteln eines Babys demonstriert, mit heftigen Bewegungen vor und zurück. Das Hin- und Herschleudern des kindlichen Kopfes sei ein „entscheidender gefährlicher Mechanismus“. Das Gehirn pendelt im Kopf hin und her, es entstehen Zerrungskräfte an der Hirnoberfläche, Blutgefäße zerreißen, Hirnsubstanz wird verletzt. Danach sei ein Kind immer „sofort auffällig. Es ist nicht möglich, dass es weiterspielt oder fröhlich in die Gegend guckt.“
Der Angeklagte hatte indes angegeben, er habe mit Tayler gespielt, mit ihm auf dem Sofa gelegen und Musik gehört und schließlich den Geschirrspüler ausgeräumt, dabei aber den Jungen stets im Blick behalten. Plötzlich habe er gehört, „dass Tayler Schnappatmung hatte, Speichel mit Blut trat aus seinem Mund aus", sagte Michael Q. Ob er angesichts der Ausführungen der Sachverständigen etwas Neues zu sagen habe, möchte die Vorsitzende Richterin von dem Angeklagten wissen. Doch der schüttelt energisch den Kopf. „Es war so, wie ich es gesagt habe“, beharrt er. „Ich bleibe dabei. “ Der Prozess wird fortgesetzt.