Hamburg. Unterstützer demonstrieren vor dem Firmensitz der Eigentümer in Harvestehude. Erneute Protestaktion für Freitag angekündigt.

Fast zwei Wochen ist es inzwischen her, dass einige ehemalige Mieter des Schanzenhofs zwischen Schanzen- und Bartelsstraße ihre Flächen in dem Gebäudekomplex räumen mussten. Das ehemalige Hotel Schanzenstern mit dem gleichnamigen Restaurant im Erdgeschoss ist an diesem Nachmittag wie ausgestorben. Staubige Dielenbretter, lose Kabel an den Wänden, dazwischen ein Besen, der neben dem Eingang lehnt. Ein Handwerker ist gerade dabei, die Fenster nach und nach mit Spanplatten zu verbarrikadieren - erst vergangene Woche hatten Unbekannte die Scheiben an der Frontseite des Gebäudes eingeworfen.

Ein Vorfall, der zeigt: Ruhe herrscht im Schanzenviertel auch Tage nach dem Auszug zahlreicher Mieter aus dem Schanzenhof nicht. Bereits beim Hoffest am 31. März hatten Aktivisten angekündigt, dass der Protest weitergehen würde. Damals hatten zahlreiche Unterstützer vergeblich versucht, die Schlüsselübergabe an die Eigentümer, die Gebrüder Maximilian und Moritz Schommartz von der HWS Immobilien und Vermögensverwaltung, noch zu verhindern. Rund 20 Personen verbarrikadierten sich für mehrere Stunden in dem Gebäude, während etwa 130 Unterstützer die beiden Eingänge zum Schanzenhof, sowie die Bartelsstraße blockierten. Nur mit Hilfe der Polizei gelang es den Eigentümern schließlich das Gelände zu betreten.

Polizei schützt Gebäude der Immobiliengesellschaft

Am Mittwoch demonstrierten nun einige ehemalige Mieter und ihre Unterstützer vor dem Geschäftssitz der HWS in Harvestehude. Mit lauter Musik und Trillerpfeifen machten die rund 20 Demonstranten ihrem Ärger Luft. „Hände weg vom Schanzenhof“, hieß es auf einem der Plakate, die die Demonstranten vor Ort ausrollten. Doch ist es dafür nicht schon zu spät? „Unser Ziel, die Vertreibung einiger Mieter zu verhindern, haben wir leider nicht erreicht“, sagt Peter H. von der Initiative Schanzenhof. Für ihn gehört das Areal zu einem der letzten links-alternativen Orte in der Schanze, ähnlich wie Rote Flora oder Centro Sociale. „Nun geht es darum zu verhindern, dass der Schanzenhof von Kommerzbetrieben bezogen wird, die die Aufwertung des Viertels weiter vorantreiben.“ Man werde keinen neuen „Kommerztempel“ an dieser Stelle dulden. „Der Protest wird daher weitergehen“, kündigt H. an.

Die unangemeldete Kundgebung am Nachmittag verlief weitgehend friedlich. Nach mehrmaliger Aufforderung der Polizei, die mit rund 30 Kräften anwesend war, um das weiße Eckhaus der Immobiliengesellschaft zu schützen, räumten die Demonstranten zunächst die Straße und entfernten sich nach rund einer Stunde. Die nächste Aktion ist jedoch bereits für kommenden Freitag angekündigt. Dann wollen einige ehemalige Mieter und ihre Unterstützer im Schanzenhof bei einer sogenannten „Vokü“ gemeinsam kochen. Ärger mit den Eigentümern ist dabei vorprogrammiert. „Das wird nicht problemlos ablaufen“, ist man sich auch innerhalb der Initiative sicher.

Drogenberatungsstelle „Palette“ mit neuen Räumlichkeiten

Der Streit um den Schanzenhof tobt bereits seit mehreren Monaten. Wie berichtet mussten einige der bisherigen Mieter des Schanzenhofs ihre Räume zum 31. März verlassen. Darunter sind das Alternativ-Hotel Schanzenstern oder die angrenzende Kultur-Etage mit mehreren Künstler/innen. Die Mieter des Schanzenhofs hätten eine Mieterhöhung von 60 Prozent zahlen sollen: Statt 8,50 Euro sollten die Gewerbetreibenden 14 Euro pro Quadratmeter zahlen. Viele weigerten sich - und mussten ausziehen.

Auch die Drogenberatungsstelle „Palette“ hätte ihre Räumlichkeiten zum 31. März verlassen müssen. Inzwischen hat man jedoch eine neue Fläche an der Amandastraße, am nördlichen Rand des Schanzenviertels, gefunden. „Wir wissen aber noch nicht, wann wir die Räume beziehen können, da sie erst noch saniert werden müssen“, sagt Ulrike Winkelmann von „Palette“ auf Nachfrage. Die Drogenberatungsstelle darf nach einem Gespräch mit den Eigentümern noch einige Zeit länger im Schanzenhof bleiben. Wie lange, weiß jedoch niemand.

Schanzenhof-Aktivisten drohen mit „unangenehmen Konsequenzen“

Was mit dem Areal langfristig passieren soll, ist derzeit noch unklar. Von Seiten der HWS wollte man sich auf Nachfrage nicht zu den genauen Plänen äußern. Fest steht nur, dass im ehemaligen Hotel Schanzenstern erneut ein Hotel entstehen soll. Nachmieter ist Stephan Behrmann, der bereits das Fritz im Pyjama an der Schanzenstraße und das Pyjama Park an der Reeperbahn betreibt. Auch er stand in den vergangenen Wochen immer wieder im Fokus der Schanzenhof-Initiative. „Mit Stephan Behrmann stand schon vor der Kündigung der erste Geier bereit“, heißt es von Seiten der Initiative. Die Mieter seien “verarscht” worden, Behrmann wolle sich “breitmachen”. Dieser fühlt sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Immer wieder, habe er den Dialog gesucht, beteuerte er vor einigen Wochen im Abendblatt.

Auch für ihn könnten die nächsten Tage und Wochen weiter ungemütlich bleiben. Dass sich die Stimmung im Schanzenviertel nach der Räumung schnell wieder beruhigt, danach sieht es derzeit nicht aus. Der Widerstand gegen die „unerträgliche Kommerzialisierung“ werde sich fortsetzen, heißt es in einem anonymen Flugblatt, das seit einigen Tagen im Schanzenviertel und auf St. Pauli kursiert. Darin droht man offen: „Jetzt muss es darum gehen, den Investoren und dem Nachmieter unmissverständlich zu verdeutlichen, dass diese Vertreibung unangenehme Konsequenzen für sie haben wird!“