Hamburg. Nathan Arileshere soll in Bahrenfeld Hamburger und Flüchtlinge zusammenbringen. Gar nicht so einfach, wenn man sich nicht kennt.

Normalerweise sind Quartiersmanager in Hamburg für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit zuständig. Und für die Kommunikation mit den Behörden. Die Auftraggeber sind Einzelhändler, Gastronomen, Dienstleister und Grund­eigentümer. Auch Bahrenfeld hat jetzt einen Quartiersmanager. Allerdings hat Nathan Arileshere nichts zu tun mit zusätzlichen Parkplätzen oder ansprechender Weihnachtsbeleuchtung. Der 34-Jährige ist für Flüchtlinge im Einsatz. Der Bezirk Altona hat die neue Position geschaffen, weil in dem Stadtteil besonders viele Menschen nach ihrer Flucht untergebracht werden.

„Natürlich gibt es Unsicherheiten und Vorbehalte bei den Bahrenfeldern, aber mehr Hilfsbereitschaft“, sagt Arileshere. Seit Februar ist der Mitarbeiter der Großstadt-Mission, die als Träger hinter dem neuen Koordinationsjob steht, im Amt. Derzeit sind in dem Stadtteil etwa 800 Flüchtlinge an fünf Standorten untergebracht, im vergangenen halben Jahr hat sich die Zahl verdoppelt. Geplant sind weitere knapp 800 Plätze. Dazu kommt die Erstaufnahme in der Schnackenburgallee mit einer Kapazität von 1300 Bewohnern.

Neue Wohnungen für Flüchtlinge

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    Sie sei sehr froh, dass die Stelle des Quartiersmanagers eingerichtet werden konnte, sagt deshalb Bezirksamts-Chefin Liane Melzer (SPD). Die Kosten von jährlich 49.000 Euro kommen aus der sogenannten Mehrbedarfs-Drucksache, mit der der Senat auf die zunehmende Zahl von Flüchtlingen reagiert hatte. Eine ähnliche Position gibt es auch in Eimsbüttel. „Der Quartiersmanager soll das Ehrenamt in Bahrenfeld für die Flüchtlinge vernetzen und mit an der Integration der Menschen im Stadtteil wirken“, so Melzer.

    Viele Unterstützer müssen zusammengebracht werden

    Eine Mammutaufgabe. „Aber ich fange ja nicht bei null an“, sagt Arile­shere. „Es gibt viele Unterstützer. Das Schwierige ist, sie zu finden und gemeinsame Wege zu gehen.“ Inzwischen hat der studierte Stadtplaner, der vorher bei der Lawaetz-Stiftung in der Quartiersentwicklung Bereich Billstedt/Horn und Schnelsen-Süd gearbeitet hat, sich einen ersten Überblick verschafft. Sein Einsatzschwerpunkt ist der westliche Teil Bahrenfelds. Erst Ende vergangenen Jahres wurde in der August-Kirch-Straße am Rande der Trabrennbahn eine Unterkunft für 288 Menschen eröffnet, weitere 100 Plätze sind in Planung. Vor allem junge Flüchtlinge aus Eritrea und Somalia, aber auch Familien aus Syrien oder Afghanistan leben in zweistöckigen Modulhäusern.

    Proteste in der Nachbarschaft gibt es kaum oder nur sehr verhalten. Schon vor einiger Zeit hat sich eine Initiative gebildet, die ein großes Willkommensfest machen möchte. „Eine gute Idee“, sagt der Quartiersmanager, allerdings hätte man bei allem Enthusiasmus fast die Flüchtlinge vergessen. „Ich habe dann einen kleinen Anstoß gegeben, und jetzt gibt es ein gemeinsames Festkomitee.“ Am 6. Juni soll dann ordentlich gefeiert werden – inklusive kulinarischer Weltreise.

    Arileshere kennt die Probleme von Menschen mit ausländischen Wurzeln

    Für Nathan Arileshere ist es ein erster kleiner Erfolg. Er sieht sich als Vermittler. Als Sohn einer Deutschen und eines Nigerianers kennt der Hamburger viele Probleme von Menschen mit ausländischen Wurzeln – auch das Gefühl, ausgegrenzt zu werden. Besonders engagiert er sich gerade für eine Gruppe junger Männer, die bei einem Fußballprojekt des Vereins FC Hamburger Berg auf den Sportplätzen an der Baurstraße mitmachen. Damit das auch klappt, bringt er sie auch mal selbst dort hin. Auch für die Musikprojekte des Jugendzentrums Juno 23 hat er schon Flüchtlingskinder geworben. „Es geht darum, dass die Jugendlichen aus dem Stadtteil und aus den Flüchtlingsunterkünften sich begegnen und kennenlernen“, sagt er.

    Er ist viel unterwegs und oft länger als seine 32 Wochenstunden hergeben. Gerade versucht er, sich mit einem Kreis von Ehrenamtlichen einen Überblick über die unterschiedlichen Angebote zum Deutschlernen zu verschaffen. „Die Sprache ist die Brücke“, sagt er. „Aber das gesetzlich geregelte Kursangebot reicht nicht aus. Deshalb wollen wir die unterschiedlichen Initiativen bündeln und ausweiten.“ Die Idee: an der Regerstraße, wo schon die Kleiderkammer für die Flüchtlinge untergebracht ist, auch eine Anlaufstelle für die Sprache zu schaffen.

    Inzwischen, sagt Arileshere, ist es bei den meisten Hamburgern Konsens, dass die Menschen bleiben. Er stellt eine ganz andere Stimmung in der Stadt fest als etwa in den 90er Jahren, als auch er sich als gebürtiger Hamburger angesichts der ausländerfeindlichen Stimmung unwohl gefühlt habe. „Jetzt werden die Flüchtlinge nicht mehr so alleingelassen“, sagt er. „Und die, die helfen wollen, auch nicht.“

    Sprechstunden und Infoveranstaltungen

    Eine richtig große Herausforderung steht aber erst noch an. Auf dem Gelände des Desy an der Notkestraße werden Unterkünfte für weitere 660 Flüchtlinge gebaut. „Da fragen die Leute schon, wer kommt dahin. Sind das alles muslimsche Männer? Wie viele Kinder?“, erzählt der Quartiersmanager. In den nächsten Wochen verlegt er sein Büro direkt in die Nachbarschaft. Es soll regelmäßige Sprechstunden geben, eine Info-Veranstaltung ist in Planung. „Wenn Spannungen auftreten, will ich da sein“, sagt Arileshere.

    Dabei lässt er sein großes Ziel, das Zusammenwachsen der unterschiedlichen Gruppen, nicht aus den Augen. „Es geht darum, dass die Flüchtlinge ein Teil der Gesellschaft sind.“ Deshalb hilft er auch bei der Suche nach Informationen über Praktika oder Jobs. Gerade erst hat er eine Veranstaltung von „Unternehmern ohne Grenzen“ organisiert. Das hat dann auch etwas mit Wettbewerbsfähigkeit zu tun – und mit Kommunikation.