Die Crew der „Yang Ming Utmost“ stellte offenbar zu früh auf billiges Schweröl um. Die Wasserschutzpolizei ermittelt nun wegen Luftverschmutzung.
Altona. Es war eine riesige Rauchwolke, die am Sonnabend um kurz vor 19 Uhr pechschwarz aus dem Schornstein des Containerschiffs „Yang Ming Utmost“ stieg und Spaziergänger wie Anwohner entlang der Elbe in Aufregung versetzte und einen Großeinsatz der Feuerwehr auslöste.
Die giftige Schwefelwolke trieb über Neumühlen, Oevelgönne und Othmarschen bis zur Asklepios Klinik Altona. Dort wurden die Rußpartikel von der Klimaanlage nahe der Geburtsklinik angesaugt, ob die Giftstoffe auch in OPs und Patientenzimmer gelangten, ist nicht bekannt. Feuermelder im Krankenhaus schlugen Alarm – wie auch im Pflegeheim Bugenhagenstraße. Die Wasserschutzpolizei ermittelt nun wegen Luftverschmutzung.
Die ersten Notrufe waren am Sonnabendabend von Passanten eingegangen, die nach eigenen Angaben „schwarz vom Ruß“ waren.
Rückblick: Gegen 18.50 Uhr hatte die „Yang Ming Utmost“ kurz nach dem Start in Hamburg– das Schiff war auf dem Weg in die niederländische Hafenstadt Rotterdam – die riesige Rauchwolke ausgestoßen. Viele Hamburger waren an dem schönen Herbstabend am Elbufer unterwegs, um die sommerlichen Temperaturen und den Sonnenuntergang zu genießen. „In der Einsatzzentrale sind wegen der Qualmwolke zahlreiche Anrufe von Bürgern eingegangen, die sich über die Rauch- und Geruchsbelästigung beschwerten“, sagt Hauptkommissarin Ulrike Sweden.
Ein Gastwirt aus Altona rief bei der Polizei an und berichtete von Ruß, der auf Mobiliar, Gäste und deren Speisen gerieselt war. „Wir haben eine Streifenwagenbesatzung zu dem Restaurant geschickt, die Proben genommen hat“, sagt Ulrike Sweden. Auch in viele Wohnungen in Altona war offenbar Rauch eingedrungen. Zahlreiche Anwohner berichteten von „schmierigen Partikeln“, die bis in ihre Wohnungen gelangt seien.
Bedienungsfehler der Crew
Ursache für die Rußwolke war offenbar ein Bedienungsfehler: Auf dem Schiff war schon im Hamburger Hafengebiet vom schwefelarmen Treibstoff auf das billigere Schweröl umgeschaltet worden. Dies darf jedoch nur auf hoher See geschehen. Doch das Schiff zu stoppen war unmöglich: Die unter der Flagge Liberias fahrende „Yang Ming Utmost“, ein 335 Meter langer Containerriese, der insgesamt mehr als 8000 Transportbehälter laden kann, sei bereits außer Reichweite gewesen, so die Polizei. „Das Schiff hatte bereits Fahrt aufgenommen“, sagt Sweden. „Ein Hinterherfahren mit Booten der Wasserschutzpolizei war nicht mehr Erfolg versprechend.“
Über Funk habe man jedoch noch den 52-jährigen Kapitän erreicht. „Er teilte uns dann auf unsere Nachfrage mit, dass er keine technischen Probleme habe und davon ausgehe, dass sich die Rauchentwicklung bald legen werde“, sagt Sweden.
Zwischenzeitlich hatte der Containerfrachter dann schon das deutsche Hoheitsgebiet verlassen. Es traf am Sonntagabend in Rotterdam ein. Das Bundeskriminalamt ist eingeschaltet. Es hat ein Rechtshilfeersuchen an die niederländischen Behörden geleitet, die in dem Fall Amtshilfe leisten sollen. Hätte man die Verantwortlichen auf dem Containerschiff noch auf deutschem Gebiet angetroffen, hätte die Staatsanwaltschaft eine sogenannte Sicherheitsleistung verhängt, eine Strafe im vermutlich fünfstelligen Bereich.
In Häfen müssen große Container- oder Passagierschiffe Diesel mit einem Schwefelanteil von maximal 0,1 Prozent als Treibstoff verwenden. Erst auf hoher See wird Schweröl benutzt. „Offshore-Müllverbrennung“, nennt das Malte Siegert vom Naturschutzbund Nabu. Schweröl ist ein Produkt, das aus Rückständen der Erdölverarbeitung gewonnen wird. Es komme auch immer wieder vor, dass dem Schweröl illegal Stoffe wie Reste aus der Kunststoffherstellung beigemengt würden, die so billig mit verbrannt würden.
Umweltschützer sind empört
Auch ohne diese illegale Beimengungen ist der bei der Schwerölverbrennung ausgestoßene Qualm nach Angaben der Umweltschützer jedoch „hochproblematisch“ und giftig. „Schweröl darf rund 3500-mal mehr Schwefeldioxid enthalten als Lkw-Diesel“, sagt Siegert. Zudem seien für Lastwagen Filter vorgeschrieben, die auf Schiffen nicht verbindlich sind und die aus Kostengründen oft eingespart würden. Besonders aber der Ruß, der bei der Schwerölverbrennung entstehe, sei krebserregend wie Asbest und verursache Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Asthma oder andere Erkrankungen der Atmungswege.
Bis zu 400 Kilometer weit würden die Partikel vom Verbrennungsort aus verbreitet werden. Eine Verbrennung wie sie am Sonnabend im Hamburger Hafen passiert sei, hält Siegert für „kriminell“: „Das muss entsprechend verfolgt werden.“
Ansprechpartner ist die für Umweltdelikte zuständige Wasserschutzpolizei in Hamburg. Denn der Containerriese, der die schwarze Rauchwolke ausstieß, gehört zur rund 100 Schiffe umfassenden Flotte der taiwanesischen Reederei Yang Ming, die eines der weltweit größten Transportunternehmen ist. Ihren Europasitz hat das Unternehmen in Hamburg, die Niederlassung befindet sich am Zugang zur HafenCity. Der Containerriese selbst steuert den Hamburger Hafen regelmäßig an.