Britischer Dienstleister WPP will schon 2016 in ein neues sechsstöckiges Gebäude auf dem Zeise-Parkplatz einziehen. Politiker wussten von den Plänen, wollten diese aber bis zu den nächsten Wahlen zurückhalten.

Hamburg. Von einer „typischen Ottenser Mischung“ war die Rede. Von einem Wohn- und Geschäftshaus mit günstigen Mieten und einem schönen Innenhof für alle. So lauteten noch vor wenigen Monaten die Pläne für die Bebauung des Zeise-Parkplatzes im Bezirk Altona. Ein Grundstück, das im Besitz der Stadt ist und verkauft werden soll. Es ist in der Nähe von Fabrik und Zeise-Kinos gelegen und einer der letzten größeren Parkplätze in Ottensen.

Lob gab es besonders dafür, dass mehr als die Hälfte der geplanten rund 80 Wohnungen geförderte Wohnungen mit Sozialmieten werden sollten – also deutlich mehr als der gesetzlich vorgegebene Drittelmix. Teure Eigentumswohnungen, wie sonst vielfach im begehrten Ottensen geplant, sollten gar nicht gebaut werden. Der Baubeginn war für diesen Sommer geplant.

Doch nun kommt es ganz anders: Das britische Werbeunternehmen WPP will dort eine neue Hamburger Niederlassung bauen. WPP gilt mit rund 170.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehr als zehn Milliarden Euro als größter Werbedienstleister der Welt.

Ein sechs Stockwerke hohes Firmengebäude für mehr als 850 Mitarbeiter soll dazu auf dem Parkplatz entstehen. Das bestätigten am Dienstag der Hamburger Projektentwickler Quantum und die Investorengruppe Procom, der auch das benachbarte Medien- und Kulturzentrum in den denkmalgeschützten Zeise-Hallen gehört. Auf 13.000 Quadratmetern sollen zwölf schon bisher in Hamburg ansässige Gesellschaften der WPP-Gruppe unter einem Dach zusammenkommen. Klangvoller Name des Projekts: „Zeisehallenstudios“. Der Einzug ist nun für das Jahr 2016 geplant. Der Entwurf des Hamburger Architekturbüros Störmer Murphy and Partners sieht laut Quantum und Procom dazu ein mit Glas überdachtes Foyer vor, das im Inneren durch Brücken verschiedene Gebäudeteile verbindet. Im Erdgeschoss soll ein Café einziehen, die derzeit vorhandenen Parkplätze sollen in eine Tiefgarage verlegt werden und weiter öffentlich zugänglich bleiben.

Politiker wollten brisante Pläne zurückhalten

Hinter den Kulissen sprach man zwischen Politik und Investoren schon seit Monaten über die neuen Pläne für das Gelände. „Ganz oben“ soll das Thema angesiedelt sein, hieß es in der Hamburger Immobilienszene. Aber: Bis zu den Wahlen sollte nichts durchsickern. Zu brisant sei die Abkehr vom sozialen Wohnungsbau, so die Befürchtung.

Auch in der Bezirkspolitik von Altona wusste man schon länger von den Plänen. Der SPD-Bezirksfraktionschef Thomas Adrian begrüßte das Projekt, weil damit die Ansiedelung von sehr vielen Arbeitsplätzen in der Kreativbranche verbunden sei. „An dieser Stelle macht das Sinn“, sagte der SPD-Politiker. Den notwendigen Wohnungsbau werde der Bezirk an anderer Stelle realisieren. Zudem sei mit dem Projekt auch eine Bestandssicherung für die nahe gelegenen Zeise-Hallen verbunden.

Weniger zufrieden mit der Entwicklung sind indes die Grünen, die in der früheren rot-grünen Koalition in Altona den Wohnungsbau an der Stelle noch vorgeschlagen hatten. „Schade, aber da ist nichts mehr zu machen“, sagt Grünen-Stadtentwicklungsexperte Christian Trede. Das aktuelle Planrecht sehe dort ein Mischgebiet vor, womit die Ansiedelung eines solchen Unternehmens ohne Probleme an dieser Stelle möglich sei. Zudem gelte das Vorhaben als so genannter Wirtschaftsförderungsfall in den Behörden. Darauf bauen auch Quantum und Procom: „Gerade vor dem Hintergrund, dass in den letzten Jahren einige Unternehmen Altona mit zahlreichen Arbeitsplätzen verlassen haben, sind wir uns sicher, dass Ottensen von dieser Ansiedelung sehr profitieren und Hamburgs kreativster Stadtteil weiter und nachhaltig gestärkt wird.“

Auf Gelände liegt eine Baulast

Das Areal für den geplanten Neubau grenzt unmittelbar an die denkmalgeschützten Zeise-Hallen der 1869 gegründeten Zeise-Schiffsschraubenfabrik. Die größten Propeller für große Seeschiffe wurden dort einst gefertigt, unter anderem für den 1953 in Hamburg gebauten Supertanker „Tina Onassis“. 1979 musste die Fabrik Konkurs anmelden. Die alten Hallen wurden schließlich mit Unterstützung der Stadt umgebaut. Kulturschaffende, Restaurants und das Zeise-Kino zogen Anfang der 1990er-Jahre ein.

Schon länger sollte auch der benachbarte Parkplatz bebaut werden. Pläne gab es für ein Kino, eine Behörde sollte dort schon einmal hinziehen und zuletzt eben ein Wohn- und Geschäftshaus entstehen. Problem war aber stets, dass auf dem Grundstück eine so genannte Baulast liegt. Wegen des nahen Zeise-Kinos muss jeder Investor dort eine größere Zahl von öffentlichen Parkplätzen nach einer Bebauung bereithalten - was jetzt auch geschieht.