Eigentlich sollten hier Sozialwohnungen entstehen - doch bisher gibt‘s noch nicht mal einen Bauantrag. Stattdessen zeigt jemand anderes Interesse am Zeise-Parkplatz: der größte Werbe-Konzern der Welt.
Hamburg. Von einer „typischen Ottenser Mischung“ war die Rede. Von einem Wohn- und Geschäftshaus mit günstigen Mieten und einem schönen Innenhof für alle. So lauteten noch vor wenigen Monaten die Pläne für die Bebauung des Zeise-Parkplatzes an der Friedensallee in Ottensen. Lob gab es besonders dafür, dass mehr als die Hälfte der rund 80 geplanten Wohneinheiten geförderte Wohnungen mit Sozialmieten werden sollten - also deutlich mehr als der gesetzlich vorgegebene Drittelmix. Der Bau sollte in diesem Sommer beginnen.
Um so mehr verwundert die Meldung, die derzeit in Hamburgs Immobilienszene kursiert. Demnach plant WPP, der mit rund 160.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehr als zehn Milliarden Euro größte Werbedienstleister der Welt, sich auf dem Gelände niederzulassen. Ein sieben Stockwerke hohes Firmengebäude für knapp 1000 Mitarbeiter sei in Planung, ein Hamburger Projektentwickler bereits mit der Planung beauftragt. Sollte sich die Meldung bewahrheiten, wäre es bereits die zweite Niederlassung des Konzerns in Hamburg - zumindest indirekt. Denn: Auch die Hamburger Werbeagentur Scholz & Friends gehört seit ein paar Jahren zu WPP.
Hinter den Kulissen spricht man schon seit Monaten über mögliche neue Pläne für das städtische Grundstück. „Ganz oben“ soll das Thema angesiedelt sein, erzählt man sich. Aber: Bis zu den Wahlen sollte nichts durchsickern. Zu brisant die Kehrtwende vom Sozialen Wohnungsbau hin zum Großunternehmen.
Wie konkret das Interesse des Londoner Konzerns wirklich ist, ist derzeit noch unklar. Bisher liegt laut Angaben des Bezirksamtes Altona jedenfalls weder ein Bauantrag von WPP vor, noch von den ursprüngliche Planern des Wohngebäudes.
Das Areal für den geplanten Neubau grenzt unmittelbar an die denkmalgeschützten Zeise-Hallen der 1869 gegründeten Zeise-Schiffschraubenfabrik. Die größten Propeller für große Seeschiffe wurden dort einst gefertigt, unter anderem für den 1953 in Hamburg gebauten Supertanker "Tina Onassis". 1979 musste die Fabrik Konkurs anmelden. Die alten Hallen wurden schließlich mit Unterstützung der Stadt umgebaut, Kulturschaffende, Restaurants und das Zeise-Kino zogen Anfang der 1990er-Jahre ein.