Es sei illegal, dass der Nabu die Wedeler Au renaturiere. Das Bezirksamt nehme den Bauern ihr Widerspruchsrecht. Der Bach lasse sich gar nicht ökologisch bewirtschaften, solange die Stadt giftiges Wasser einleite.

Sülldorf Im Streit um die Renaturierung der Wedeler Au haben der Hamburger Bauernverband und die Anlieger schwere Vorwürfe gegen das Bezirksamt Altona und den Naturschutzbund Deutschland (Nabu) erhoben. Der am vergangenen Wochenende (22. März) erfolgte Einbau von Strömungslenkern, Ästen und Kiesbänken zur Verlangsamung der Fließgeschwindigkeiten sei illegal gewesen.

„Wenn wasserrechtliche Genehmigungen zum Einbau von Strömungslenkern und ähnlichem erteilt werden, haben die Anlieger ein Widerspruchsrecht,“ sagte Hans-Hinrich Behrmann von der Interessengemeinschaft der Anlieger. „Dieses Recht hat man uns genommen.“ Der Nabu habe im Prinzip dasselbe getan wie der Landwirt, der das Gewässer illegal begradigt und ausgebaggert hat und dafür jetzt strafrechtlich verfolgt werde. Das Bezirksamt habe den Anliegern nur nachrichtlich mitgeteilt, dass es das Tun des Nabu billige. Das entspreche nicht den geltenden Rechtsnormen.

Das Bezirksamt bestritt die Darstellung. Die Veränderungen im Bachlauf bedürften laut Amt keiner besonderen Genehmigung, weil sie im Rahmen der regelmäßigen „Gewässerunterhaltung“ erfolgt seien.

Die Wedeler Au soll im Rahmen der EU-Auflagen zum Gewässerschutz bis Ende 2015 renaturiert werden. Im letzten Jahr hatte der Nabu bereits mit dem Segen des Bezirksamtes und gegen den Willen der Bauern Teile des Gewässers renaturiert. Anfang des Jahres hatte ein offenbar schon ermittelter Landwirt zusammen mit einem Baggerfahrer den fraglichen Teilabschnitt wieder ausgebaggert. Die Akte liegt beim Staatsanwalt. Der Nabu sprach von „Hass auf die Natur“, der den Täter bewogen habe, die „Lebensgrundlagen seltener Pflanzen und Tiere zu zerstören“.

Die Landwirte sehen eher ihre eigenen Lebensgrundlagen bedroht. Sie befürchten Rückstaus bei starken Regenfällen und infolge dessen eine Vergiftung ihrer Felder. „Wir wollen auch eine ökologische Bewirtschaftung und eine saubere Feldmark“, sagte Behrmann. „Aber derzeit geht das gar nicht.“ Oberflächenwasser aus immer mehr neuen Siedlungen und von Straßen wie Bundesstraße 431 würde in den Bach geleitet. Damit gelangten Reifenabrieb und aus den modernen Häuserfassaden ausgeschwemmtes Pflanzenschutzmittel in die Wedeler Au. Hinzu kommt das Mischwassersiel Bullenwisch: Aus dessen Notüberlauf fließe bei Starkregen Schmutzwasser mit Fäkalien in den Bach.

„Wenn solches Wasser nicht vorgeklärt wird, darf es in der Feldmark nicht gestaut werden und in den Boden gelangen, sondern muss möglichst schnell durchlaufen“, sagte Behrmann. Laut Behrmann stammt nur 20 Prozent des Wassers in der Wedeler Au von den Landwirten. Der Rest werde von der Stadt eingeleitet.

Aus dem Bezirksamt hieß es dagegen, die Renaturierungsmaßnahmen des Nabu seien „zweckmäßig und dienten der Erreichung des guten ökologischen Potenzials und des guten chemischen Zustands“ des Gewässers. Die Wedeler Au hatte bis zur Stilllegung des Klärwerks Hamburg West als Abwasserrinne fungiert.

Als weiteres Problem an der Wedler Au benannte Behrmann die „Regelunterhaltung“, die seit etwa zehn Jahren weitestgehend unterbleibe. Sie ist Sache der Stadt, die den Bauern das Regenwasser abnehmen muss. Wenn aber Äste, Laub oder Teile der Böschung in den Bachlauf rutschten und die Durchflussmenge verringerten, könne der Bach seine Entwässerungsfunktion nur noch unzureichend ausfüllen, sagte Behrmann. „Die Stadt kommt ihrer Pflicht zur Pflege nicht nach. Das kann nicht so bleiben.“ Aus dem Bezirksamt hieß es, die Regelunterhaltung werde „nach Bedarf ausreichend durchgeführt.“

Hintergrund des Streits ist auch der geplante Autobahndeckel über der A 7. Für ihn muss die Stadt ökologische Ausgleichsflächen schaffen und plant, den Bauern in der Sülldorf-Rissener Feldmark bis zu 90 Hektar Pachtland zu kündigen, um es im Sinne des Naturschutzes aufzuwerten. Das Land wäre dann der Landwirtschaft entzogen. Deshalb brauchen die Bauern ihre eigenen Weiden mehr denn je. Werden aber die Wiesen durch Aufstauungen in der Wedeler Au vernässt, sind sie nicht mehr trittfest. Auch ändert sich dann die Zusammensetzung der Gräser, Kühe und Pferde werden schlechter und weniger schmackhaft ernährt. Die Wiesen gehen als Weideland verloren.