Villa des verstorbenen Claus Grossner an der Elbchaussee soll abgerissen werden. CDU und FDP befürchten Verschandelung der traditionsreichen Straße.

Hamburg. Die Elbchaussee verändert ihr Gesicht: Demnächst verschwindet eine der markantesten Villen Hamburgs aus dem Stadtbild. Nach der Abrissgenehmigung des Bezirksamts Altona für das historische sogenannte „Weiße Haus von Nienstedten“ aus dem Erbe des verstorbenen Unternehmers Claus Grossner liegen jetzt konkrete Neubaupläne vor. Sie sind umstritten.

Der Altonaer Bauausschuss nahm das Thema am 11. März wegen weiteren Klärungsbedarfs von der Tagesordnung, will jedoch binnen vier Wochen entscheiden. Oberbaudirektor Jörn Walter hat dagegen schon grundsätzlich zugestimmt. Auftraggeber ist ein wohlhabendes Hamburger Kaufmannsehepaar, das dort wohnen und arbeiten möchte. Das Gebäude soll auch künftig als Begegnungsstätte genutzt werden.

Befürchtungen von Nachbarn, dass vor Ort ein Haus mit mehreren Eigentumswohnungen entstehen könnte, haben sich erledigt. Das Projekt inklusive Kaufpreis soll fast zehn Millionen Euro kosten. Die eingereichten Architektenpläne sehen eine moderne, schachtelförmige Gestaltung mit viel Glas und Stein vor. Kritiker vermissen den zur Elbchaussee passenden, hanseatischen Charme und befürchten einen hohen Zaun rund um das 4374 Quadratmeter große Areal zwischen Teufelsbrück und Elbschlossstraße. „Über Geschmack lässt sich nicht streiten“, heißt es hinter vorgehaltener Hand im Rathaus Altona.

Mit dem Neubau soll ein mehr als drei Jahre langer Leerstand auf einem der hervorragendsten Grundstücke am Elbufer beendet werden. Die 1913 errichtete, äußerlich prachtvolle Villa stand seit dem Tod des schillernden Netzwerkers Claus Grossner im Dezember 2010 leer. Da der Verstorbene neben Immobilienbesitz enorme Schulden hinterließ, war die Zukunft des „Weißen Hauses“ an der Elbchaussee 359 ungewiss. „Anfangs hatten wir nur 500Euro als flüssige Mittel auf dem Konto“, sagte Rechtsanwalt Klaus Landry nach Sicht der Unterlagen. „Wir hätten Nachlassinsolvenz beantragen können.“ Mit Geschick und Diplomatie gelang dem Gründer und Vorstandsvorsitzenden der Grossner-Stiftung eine Paketlösung. Durch den Verkauf der Elbchaussee-Villa für schätzungsweise sechs Millionen Euro konnten Gläubiger befriedigt werden. Außerdem blieb genug Geld übrig, um das Richard-Dehmel-Haus in Blankenese zu retten.

Wegen des maroden Zustands – das Grossner-Haus war mehrmals von Hochwasser beschädigt worden – hatte sich zunächst kein Käufer gefunden. Dies änderte sich erst, als die Immobilie inklusive behördlicher Abrissgenehmigung angeboten wurde. Auflage: Der Neubau darf ausschließlich auf den Abmessungen der alten Villa von etwa 16 bis 20 Metern errichtet werden. So sieht es jetzt auch der Entwurf des Architektenbüros Ehrensberger & Oertz mit Sitz an der Stresemannstraße vor. „Wir sind in Erwartung einer baldigen Genehmigung“, sagt Matthias Oertz.

Der Auftraggeber, das Hamburger Kaufmannsehepaar, ist in der Hansestadt bekannt, bittet allerdings um Schutz der Privatsphäre und möchte namentlich nicht genannt werden. Intern gilt die Zustimmung des Altonaer Bauausschusses als sicher. Probleme bereitet den Politikern noch die Einfriedung des Grundstücks am Elbhang. Ein Zaun, so heißt es, sei nicht im Antrag enthalten. Es solle verhindert werden, dass eine meterhohe Absperrung das Erscheinungsbild der Elbchaussee störe. Andererseits drängen die Eigentümer auf ein hohes Maß an Sicherheit. Ein Kompromiss ist wahrscheinlich.

„Es muss Rücksicht auf den Charakter dieser besonderen Straße genommen werden“, fordert Mark Classen, baupolitischer Sprecher der SPD in der Bezirksversammlung Altona. Beim früheren Grossner-Grundstück handele es sich um einen „Markstein am Elbwanderweg“. Nach Auffassung der Stadtentwicklungsbehörde wird diesem Anspruch Rechnung getragen. „Oberbaudirektor Jörn Walter ist erst nach Erteilung der Abrissgenehmigung mit in das Verfahren einbezogen worden“, sagt Behördensprecher Magnus Kutz. „Eckpunkte des Neuentwurfs sind mit ihm abgestimmt worden.“

Nicht alle teilen diese Sicht. „Bei der Präsentation des Bauplans habe ich Schnappatmung bekommen“, sagt Martin Scharlach, FDP-Bezirksabgeordneter und Mitglied des Bauausschusses. „Ich halte ein derartiges Bauvorhaben vor dem Hintergrund der Erhaltungsuntersuchung für die Elbchaussee für deplatziert und äußerst unsensibel.“

Kritik kommt auch von Sven Hielscher, Vizechef der Altonaer CDU-Fraktion: „Ich war erstaunt über die Freigabe des Denkmalschutzamts, die den Abriss des schönen Altgebäudes zur Folge hat.“ Die Kriterien dieser Behörde seien „oft nicht nachvollziehbar“. Hielscher: „Der Neubau passt zu keiner Architektur des schützenswerten Bestands an der Elbchaussee. Jeder neue Baustil verfälscht das Milieu.“