Das in den 1930er-Jahren gebaute Wohnhaus in Othmarschen galt als eines der teuersten Domizile Europas. Nach aufwendiger Sanierung und Umbau bietet es jetzt vier Loftwohnungen im Luxussegment.

Die Reemtsma-Villa, die jahrzehntelang für gewerbliche Zwecke genutzt wurde und zuletzt leer stand, wurde von dem Planungsteam des Altonaer Designers und Projektentwicklers Christof Schwarz in Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutzamt zwischen 2010 bis Anfang 2012 in ein Gebäude mit vier Wohnungen umgebaut.

Die Villa war, als sie Anfang der 1930er-Jahre bezogen wurde, eine der teuersten Privatwohnhäuser Europas. Kein Wunder: Der Bauherr Philipp Reemtsma, der sein Vermögen als Zigarettenfabrikant verdient hatte, baute großzügig im Stil der Zeit, aber er wollte seinen Zeitgenossen durch den Einbau innovativer Techniken auch voraus sein. So konnten die Terrassenfenster der Gartenfront mithilfe von 66 Motoren in den Boden versenkt werden. So etwas gab es bis dahin noch nicht. Diese Fenster sind heute nur noch im Wintergartenbereich erhalten, können aber nicht mehr bewegt werden.

Gemeinsam mit dem Architekten Martin Elsaesser, dem Reemtsma beim Bau beständig über die Schulter schaute, entstand mit dem „Haus K. in O.“ – es stand auf dem Flurstück Kretkamp in Othmarschen – eine Villa im Stil des Neuen Bauens. Altonas legendärer Bausenator Gustav Oelsner war von dem asymmetrischen Bau angetan. Weniger begeistert waren die Nachbarn, die sich besonders an den grün changierenden gefliesten Außenfassaden störten. Die Villa, die Reemtsma bezog, konnte sich sehen lassen. In dem repräsentativen Gebäude inmitten eines weitläufigen Parks befanden sich neben den Privaträumen ein Gesellschaftsbereich, ein Kinder- und Dienstbotentrakt und ein Sport- und Fitnessbereich nebst eigenem Hallenschwimmbad.

Bereits 1932 wurden erste Erweiterungsbauten zugefügt, sodass die Wohnfläche inklusive Hallenbad schließlich 1900 Quadratmeter betrug. Ende der 30er-Jahre ließ Reemtsma noch einmal Teile der Innenausstattung ergänzen – unter anderem wurde ein dunkel getäfeltes, mit Runen verziertes Kaminzimmer gestaltet.

Vorgaben des Denkmalschutzes galt es bei der Sanierung zu beachten

Nach dem Krieg wurde die Villa zunächst von englischen Besatzungstruppen genutzt, bis Reemtsma das Gelände 1952 wieder übernehmen konnte. Jetzt begannen umfangreiche Arbeiten. Nach Plänen des Architekten Godber Nissen wurden einige Verwaltungsgebäude für die Zigarettenfabrik errichtet und ein Teil des Parks der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auch die Reemtsma-Villa wurde seitdem für Verwaltungszwecke genutzt. In den 70er-Jahren wurde das Schwimmbecken abgedeckt und der Raum als Kantine genutzt.

2003 wurde das Gelände verkauft, und der neue Eigentümer (Name ist der Redaktion bekannt) beauftragte den Lübecker Architekten Helmut Riemann mit der Neustrukturierung der Anlage und der Restaurierung der inzwischen unter Denkmalschutz gestellten Villa. Die Verwaltungsgebäude wurden vom Architektenbüro BHL (Bassewitz/Hupertz/Limbrock) für Wohnzwecke umgebaut. Zusätzlich wurden fünf neue Wohngebäude errichtet. Insgesamt entstanden so 60 Wohnungen bis 2009.

Doch was sollte mit der sanierten Reemtsma-Villa geschehen? Eine gewerbliche Nutzung inmitten eines exklusiven Wohnparks kam nicht mehr infrage. Also wurde der Planer und Designer Christof Schwarz beauftragt, das Gebäude in ein Mehrparteienmiethaus umzubauen. Zielvorgabe war, den Mietern größtmögliche Privatheit zu bieten und ihnen das Gefühl zu geben, alleinige Bewohner der Villa zu sein. „Wir haben deshalb eine Raumstruktur mit unterschiedlichen, loftartigen Wohnungen entwickelt“, sagt Christof Schwarz. „Dabei mussten wir auch den Vorgaben des Denkmalschutzamtes gerecht werden, die historische Anmutung und Architektur nicht noch weiter zu verwässern.“ Bei der Sanierung 2007 bis 2008 seien eine Vielzahl von originalen Möbeln und Einbauten entfernt worden.

Die Villa ließ sich aufgrund der vorhandenen Struktur in vier Maisonette-Wohnbereiche gliedern. Der ehemalige Bereich von Philipp Reemtsma, in dem der Geist seiner Zeit noch spürbar war und ist, wurde zwar auch als Wohnung neu gestaltet, wird seitdem aber, schon wegen seiner Größe, nur für Repräsentationszwecke genutzt. Im ehemaligen Privatbüro Philipp Reemtsmas befindet sich heute eine Küche für die Bewirtung der Gäste.

Die drei Wohnungen, die 2012 bezugsfertig waren und mittlerweile alle vermietet sind, wurden im ehemaligen Dienstboten- und Sporttrakt sowie im früheren Hallenbad unterbracht. Die Eingänge und die Terrassenbereiche der verschiedenen Wohnungen sind von den Nachbarn nicht einsehbar. „Glücklicherweise konnten wir einige Treppenhäuser, die früher nur für Anlieferungen dienten, zu schönen Treppen in den Maisonetten umbauen“, sagt Schwarz. Eine große Herausforderung sei der Schallschutz gewesen, da die Wohnungen sich teilweise leicht überlappen.

Besondere Sorgfalt wurde auch auf den Austausch der Fenster verwandt. Diese waren im Original einfach verglast und hatten schmale Messing-Kupfer-Rahmen. „Die neuen Fenster wurden als Sonderkonstruktionen von einer italienischen Firma geliefert. Die Schlankheit der neuen Fensterprofile und ihre Oberflächengüte entsprechen fast den originalen Rahmenprofilen“, sagt Schwarz. Darüber hinaus sei es aber gelungen, einige der noch vorhandenen historischen Fenster zu sichern.

Die optisch markanteste Wohnung, Lieblingskind von Christof Schwarz, ist die Einheit Nr. 4 im Schwimmbad. Aus diesem Bereich ein hochwertiges modernes Wohnkonzept zu zaubern und dabei so viele alte Elemente wie möglich zu erhalten, sei schon eine Sache für sich, betont Schwarz. So wurden die historischen roten Wandfliesen zum Teil wieder freigelegt und restauriert. „Wir haben die neuen Bauteile sauber von den historischen Strukturen abgesetzt. Obwohl der Innenbereich komplett modern gestaltet ist, hält er doch respektvoll Abstand von der historischen Architektur-Aussage.“ In die große Halle des ehemaligen Schwimmbads dringe das Tageslicht nicht nur durch die über 5,50 Meter hohe Glasfront zum Garten ein, sondern auch durch durch Oberlichter mit satiniertem Acrylglas. Die heutige Parklandschaft, in der die Villa liegt, ist nach wie vor in privater Hand und grenzt an den Jenisch Park.