Der Mann erlitt leichte Schnittwunden. Auch ein 27-Jähriger wurde mit einem Messer angegriffen. 13 Festnahmen nach Krawallen.
Hamburg. Nach dem Straßenfest im Hamburger Schanzenviertel sind zwei Männer bei Messerstechereien leicht verletzt worden. Ein 29-Jähriger habe vor dem linksalternativen Kulturzentrum „Rote Flora“ vier Stiche in den Oberkörper erlitten, teilte eine Polizeisprecherin mit. Am Sonntagmorgen war zunächst davon die Rede, dass einer der Männer notoperiert werden musste. "Die Schnitte sind ein bis zwei Zentimeter tief und nicht lebensbedrohlich", revidierte die Polizeisprecherin. Kurz zuvor war ein 27-Jähriger an gleicher Stelle vermutlich durch einen Messerstich oberflächlich verletzt worden. Er hatte nach eigenen Angaben einen Streit schlichten wollen. Die Verletzten wollten sich nicht zum Tathergang äußern.
Nach dem friedlich zu Ende gegangenen Schanzenfest war es zudem zu Ausschreitungen von Linksautonomen gekommen. Aus einer Gruppe von etwa 150 schwarz gekleideten Personen warfen gegen 23.30 Uhr einige Randalierer Flaschen auf eine Haspa-Filiale am Schulterblatt und entzündeten ein meterhohes Feuer vor dem bekannten Autonomentreff Rote Flora. Dabei hielten sie Transparente mit Aufschriften wie „Wir brauchen keine Polizei“ hoch. Nach Angriffen auf Beamte nahm die Polizei 13 Menschen vorläufig fest. Ein Polizeibeamter und ein Störer wurden laut der Hamburger Polizei durch umhergeworfene Flaschen leicht verletzt.
Zuvor waren tagsüber bei einer Art Volksfeststimmung bis zu 10.000 Besucher an 600 Flohmarktständen zusammengekommen. Auch nach Einbruch der Dunkelheit blieb es zunächst friedlich. Nach den Attacken der Autonomen gegen Mitternacht griff die Polizei zunächst nicht ein. Die Einsatzkräfte hatten sich zum Schanzenfest auf „gewalt- und erlebnisorientierte Besucher“ eingestellt, wie Polizeisprecher Mirko Streiber sagte. Die Polizei war mit fast 1600 Beamten im Einsatz. Die hielten sich aber im Hintergrund und verließen ihre Posten am Rande des Schanzenfestes trotz des Feuers und der Sachbeschädigungen vorerst nicht. Anwohner vertrieben die Störer zunächst, es kam zu Handgreiflichkeiten.
An mehreren Stellen zerrten die Täter Unrat auf die Straße und legten Feuer, die immer wieder von Anwohnern gelöscht wurden. Nachdem 30 bis 40 Personen gegen 2.15 Uhr die Sparkasse im Schulterblatt mit Gegenständen beworfen und versucht hatten, die Tür aufzubrechen, rückten Polizeikräfte vor. Beamte wurden von etwa 300 Personen mit Flaschen beworfen und mit Böllern beschossen. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein. Die Störer flüchteten in Richtung Bahnhof Sternschanze. Danach war Platz für die Stadtreinigung.
+++ Polizeieinsatz beim Schanzenfest kostet rund 750.000 Euro +++
+++ Schanzenfest: Polizei rechnet wieder mit Krawallen +++
+++ Polizei rüstet sich für mögliche Krawalle nach dem Schanzenfest +++
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Alljährlich kommt es in der Nacht nach dem Schanzenfest rund um die Rote Flora zu Straßenschlachten zwischen Polizei und Randalierern. 2010 etwa wurden 42 Personen festgenommen und mehr als 10 Menschen verletzt. Das linksalternative Schanzenfest selbst, bei dem seit 1988 Menschen miteinander feiern, verläuft stets friedlich. Das Motto der Organisatoren in diesem Jahr war „Kapitalismus, Krise, Widerstand: Schanzenfest auf Griechisch“.
Nach einem Rückgang der Gewalt rund um das Schanzenfest in den vergangenen Jahren hatte die Polizei 2012 auf eine eher ruhige Lage gehofft. Im Vorfeld hatte es keine Hinweise darauf gegeben, dass es zu Ausschreitungen kommen könnte, wie der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Joachim Lenders sagte. 2011 war die Polizei mit 2100 Einsatzkräften und drei Wasserwerfern gegen die etwa 1000 Linksextremen und Krawalltouristen vorgegangen.
Trotz der kleineren Krawalle tanzten in diesem Jahr Hunderte Menschen durch die Nacht. In den kleinen Nebenstraßen zwischen Schulterblatt und Schanzenstraße bildeten sich Menschentrauben vor DJ-Pulten und Lautsprechern, aus denen Elektromusik spielte. Für ausländische Touristen ist das politisch motivierte Straßenfest eine Attraktion. So auch für eine Gruppe von Studenten aus Ungarn, Italien und der Türkei, die sich lachend vor einem großen Transparent mit der Aufschrift „Für die soziale Revolte – als Antwort auf das Bestehende“ fotografieren ließ.
Polizeigewerkschafter Lenders begründete die Abnahme der Gewalt rund um das Schanzenfest in den vergangenen Jahren mit der Strategie der Einsatzkräfte. Die starke Polizeipräsenz habe sich bewährt und die „Gewalt im Keime ersticken lassen“. Der diesjährige Einsatz kostet nach seinen Schätzungen nur noch etwa 350.000 Euro, nachdem es 2011 noch rund 750.000 Euro gewesen waren. Trotz eher ruhiger Prognosen richtete die Hamburger Polizei in der Nacht zu Sonntag wie in den vergangenen Jahren ein Gefahrengebiet ein. Zwischen Sonnabend 23.30 Uhr und Sonntag 5 Uhr durften die Beamten im Schanzenviertel Personen ohne Anlass kontrollieren, deren Sachen durchsuchen, Platzverweise erteilen und Aufenthaltsverbote aussprechen.
Als Herausforderung der Zukunft bezeichnete Lenders das Phänomen der Krawalltouristen, „derer wir Herr werden müssen“. Dabei begrüßte der Polizeigewerkschafter, dass sich immer mehr Anwohner im Schanzenviertel den Randalierern in den Weg stellten und offen ihren Widerstand gegen die Ausschreitungen zeigten – so auch am Sonnabend.
Mit Material von dpa und dapd