In den Internetforen sind derzeit keine Aufrufe der Linksautonomen zur Mobilisierung zu beobachten. Gewerkschaft lobt Strategie der Polizei.

Hamburg. Anders als in den vergangenen Jahren stellt sich die Polizei in diesem Jahr auf eine eher ruhige Lage rund um das Hamburger Schanzenfest ein. Bisher gebe es keine Hinweise darauf, dass es zu Ausschreitungen kommen könnte, sagt der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Joachim Lenders. Gewöhnlich finde vor dem Fest in Internetforen eine Mobilisierung in der linksautonomen Szene statt. Einen solchen Aufruf gebe es 2012 nicht, sagte Lenders weiter. Folglich plant die Polizei in diesem Jahr mit weniger Einsatzkräften.

Alljährlich kommt es in der Nacht nach dem Schanzenfest rund um den Autonomentreff Rote Flora zu Straßenschlachten zwischen Polizei und Randalierern. 2010 etwa wurden 42 Personen festgenommen und mehr als zehn verletzt. Das linksalternative Schanzenfest selbst, bei dem seit 1988 Anwohner und Besucher miteinander feiern, verläuft stets friedlich. Auch am Sonnabend erwartet die Polizei tagsüber ein friedliches Fest mit 600 Flohmarktständen und 10.000 Gästen.

Für dieses Jahr hat die Polizei Lenders zufolge drei Hundertschaften aus Schleswig-Holstein zur Verstärkung der Hamburger Kräfte angefordert. Am Sonnabend seien insgesamt 13 Hundertschaften im Einsatz. Eine Hundertschaft besteht aus etwa 120 Polizisten.

Einsatz kostet 350.000 Euro

Mit dem diesjährigen Aufgebot liege die Polizei deutlich unter dem der vergangenen Jahre, wo bis zu 18 Hundertschaften im Einsatz waren, sagte Lenders. 2011 ging die Polizei mit 2.100 Einsatzkräften und drei Wasserwerfern gegen die Randalierer vor. "Sollte es wider Erwarten hoch her gehen, sind wir dennoch gut aufgestellt“, sagte der Polizeigewerkschafter. Der Einsatz kostet nach Schätzungen von Lenders etwa 350.000 Euro, 2011 waren es rund 750.000 Euro.

Allerdings registriere er in den vergangenen Jahren eine Abnahme der Gewalt nach dem Schanzenfest. Lenders begründet die Tendenz mit der erfolgreichen Strategie der Einsatzkräfte. Die starke Polizeipräsenz habe sich bewährt und die "Gewalt im Keime ersticken lassen“.

Hinzu kommt nach Angaben des Gewerkschafters, dass viele Autonome in diesem Jahr offenbar nach Rostock ziehen. Dort soll am Wochenende an den Brandanschlag auf das Asylbewerberheim in Lichtenhagen vor 20 Jahren erinnert werden. Vom 22. bis 24. August 1992 waren die in einem Wohnhaus untergebrachten Asylbewerber von einem immer größer werdenden Mob belagert worden, ohne dass die Polizei einschritt. Als Wohnungen in Brand gesetzt wurden, gerieten mehr als 100 Bewohner in Lebensgefahr.

Polizei richtet Gefahrengebiet ein

Trotz ruhiger Prognosen richtet die Hamburger Polizei in der Nacht zum Sonntag (26. August) wie in den vergangenen Jahren ein Gefahrengebiet ein. Zwischen Samstag 23.30 Uhr und Sonntag 5 Uhr dürfen die Beamten im Schanzenviertel dann Personen ohne Anlass kontrollieren, deren Sachen durchsuchen, Platzverweise erteilen und Aufenthaltsverbote aussprechen. Menschen, die betrunken oder gewalttätig sind oder den Aufforderungen der Polizisten nicht nachkommen, können zudem in Gewahrsam genommen werden.

Als Herausforderung der Zukunft bezeichnete Lenders das Phänomen der Krawalltouristen, "denen wir Herr werden müssen“. Dabei begrüßt der Polizeigewerkschafter, dass sich immer mehr Anwohner im Schanzenviertel den Randalierern in den Weg stellen und offen ihren Widerstand gegen die Ausschreitungen zeigen.