Altstadt. Es zählt zu den ältesten spanischen Lokalen der Stadt – Folge zwei der Serie über die besten ausländischen Küchen Hamburgs.

Fröhlicher Lärm dringt auf die Straße. Musik, spanische Sprachfetzen, Gelächter. Gute Stimmung in der Bodega. Sie liegt aber nicht in einer engen Altstadtgasse im sonnigen Süden, sondern um die Ecke von Rathaus und Mönckebergstraße in Hamburg. Das Picasso ist eines der ältesten spanischen Restaurants in der Hansestadt.

„Wir bieten hier authentische spanische Küche an“, sagt Victor Méndez Gandón. „Das sagen mir meine Gäste, und viele von denen kommen aus Spanien.“ Der 53-Jährige ist seit 23 Jahren Chef im Lokal. In Galicien in Nordspanien geboren, kam er als Kind an die Elbe. „Mein Vater Don Luis Méndez war Schiffskoch und landete 1977 in Hamburg“, erzählt der Sohn. „Er verliebte sich sofort in die Stadt und entschloss sich, ein echtes spanisches Restaurant als erster Iberer im jetzigen Portugiesenviertel zu eröffnen.“

Neue Herausforderungen

Hellas hieß das Lokal zunächst, weil in den Räumlichkeiten im Turm am Baumwall vorher ein Grieche ansässig war. Dann aber benannte Luis Méndez das Restaurant um: Galego – nach seiner Heimat Galicien. So heißt der dort ansässige Betrieb übrigens heute noch.

Bei Luis Méndez aßen Matrosen und spanische Seeleute. „Die wollten deftige Gerichte und große Portionen“, sagt Victor Méndez Gandón. Das Galego lief gut. „Aber Papa suchte neue Herausforderungen und machte ein anderes Lokal auf.“ Das war 1985 das Picasso an der Rathausstraße. Der Schritt war mutig: Die Innenstadt war damals ziemlich unbelebt, die Geschäfte schlossen um 18 Uhr, nur einmal im Monat gab es den langen Sonnabend. Auch gingen die Menschen nicht so häufig essen wie heute.

Inhaber Victor Méndez Gandón mit seiner Frau Bettina Rönnau
Inhaber Victor Méndez Gandón mit seiner Frau Bettina Rönnau © HA | Marcelo Hernandez

Zehn Jahre später setzte sich der Vater in Spanien zur Ruhe und übergab den Betrieb an Sohn Victor. Bis heute sind Qualität und Frische der Speisen das Hauptmerkmal im Picasso. „Ich wollte eigentlich Architekt werden, aber dann bin ich in den Betrieb so hineingewachsen.“ Seine Schwester führt in der früheren elterlichen Wohnung im Haus eine kleine Pension.

70 Plätze finden sich in den drei schlicht, aber gemütlich eingerichteten Räumen des Restaurants. Auf dem Fliesenfußboden stehen weiß eingedeckte Tische und Holzstühle. Nicht zu übersehen ist der große Tresen, an dem man auch schnell einen Kaffee oder einen spanischen Brandy trinken kann. Auf Tafeln sind die Tagesempfehlungen für Wein und Speisen geschrieben, nur zwei Bilder des spanischen Namensgebers schmücken die Wände mit dem offenen Mauerwerk. Nach vorne kann man die Fenster zur Straße öffnen. Natürlich gibt es auch ein großes Fernsehgerät im Lokal. Ganz so wie im Süden.

Pulpo a la Gallega: Gut 200 Gramm Krake werden in Olivenöl gegart und mit Rosenpaprika gewürzt
Pulpo a la Gallega: Gut 200 Gramm Krake werden in Olivenöl gegart und mit Rosenpaprika gewürzt © HA | Marcelo Hernandez

Das Personal, 29 Beschäftigte insgesamt, spricht nur spanisch miteinander. Dazu gehört auch Bettina Rönnau, die Frau vom Chef. Die 49-Jährige ist deutschstämmige Argentinierin und gelernte Hotel-Fachfrau. Seit gut 20 Jahren arbeitet sie mit im Lokal. Dort hat sie auch ihren Mann kennengelernt. „Es war 1990 während der Fußball-WM. Ich war Gast, und er hat mich bedient.“

Eine Spezialität des Hauses ist der Joselito-Schinken. Mit Knochen liegt er auf einem Wagen und wird mit der Hand aufgeschnitten. „Meines Wissens nach sind wir das einzige Lokal, das diesen Schinken anbietet“, sagt Victor Méndez Gandón. Die Schweine, die diese Delikatesse liefern, leben zwei Jahre lang frei in Stein- und Korkeichenwäldern, wo sie sich nur von Eicheln und Gras ernähren.

Jeden Tag vier wechselnde Gerichte

Zum Mittagstisch gibt es jeden Tag vier wechselnde Gerichte, ansonsten wird die Speisekarte nur selten verändert. Ein Renner im Picasso ist auch die Tarta de Santiago: ein saftiger Mandelkuchen aus Galicien mit einem Hauch Zitrone und Puderzucker obendrauf. „Wir backen mindestens drei Torten in der Woche“, sagt Bettina Rönnau. Die Weinkarte listet natürlich spanische Tropfen, 0,2 Liter kosten sechs Euro, die günstigste Flasche 15,50 Euro.

Ein Renner zum Dessert: die Tarta de Santiago, ein Mandelkuchen mit Zitrone und Puderzucker
Ein Renner zum Dessert: die Tarta de Santiago, ein Mandelkuchen mit Zitrone und Puderzucker © HA | Marcelo Hernandez

Warum kommen die Gäste ins Picasso? Die quirlige mediterrane Atmosphäre ist das eine. Wichtiger aber ist das Essen: selbst hergestellte Tapas wie Datteln im Speckmantel, frittierte grüne Paprika oder Gambas mit Knoblauch, Steaks aus Uruguay, frischer Fisch, Paella mit Reis aus Spanien. „Da muss der Gast mindestens 35 Minuten warten, bis die auf dem Tisch steht“, sagt die Chefin. „Wir machen die Paella immer frisch, der Reis muss ziehen und genügend Zeit haben zum Quellen.“ Und dann ist der Reis körnig, gut gegart und geschmacksintensiv, der Fisch, die Meeresfrüchte und das Fleisch sorgen für weitere Leckerbissen in der Pfanne.

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Ab und an kommen asiatische Gäste, die gar nicht die Karte sehen wollen, sondern schon wissen, was sie essen möchten. „Sie zeigen Fotos und wollen Paella, Muscheln und Sangria, nichts anderes“, sagt Victor Méndez Gandón. Dann ist die spanische Welt in Hamburg in Ordnung.

Restaurante Español Picasso Rathausstraße 14 (HVV bis Rathausmarkt)

Vorspeisen ab 4,50 Euro, Hauptgerichte ab 13,50 Euro, Desserts ab 2,50 Euro

www.picasso-hamburgo.de