Neustadt. Das Restaurant hat nicht nur eine reiche Vergangenheit. Die Aromen-Kombinationen von Christoph Rüffer weisen auch in die Zukunft.
Elegantes Ambiente, kreativ kombinierte Aromen auf dem Teller, erlesene Weine, freundlich-kompetenter Service – das macht ein Spitzenrestaurant aus. In Hamburg gibt es mehrere, mal stylish, cool und modern. Und mal mit zurückhaltender Eleganz und Geschichte. Wie zum Beispiel das Haerlin an der Binnenalster.
Ausgezeichnet mit zwei Michelin-Sternen und 19 Gault-Millau-Punkten sowie viereinhalb Feinschmecker F’s ist das Gourmetrestaurant im Hotel Vier Jahreszeiten weit über Hamburgs Grenzen hinaus bekannt. Zwischen chinesischen Seidentapeten und Goldprägungen, hellen Crème- und Grüntönen haben die Gäste den Blick aufs Wasser. Die runden Tische sind elegant in Beige-Grau eingedeckt und stehen weit genug auseinander, um auch vertraulich sprechen zu können. Gesessen wird auf bequemen Sesseln oder gepolsterten Bänken. Kerzen, Tischlampen und indirekte Beleuchtung sowie dezenter Blumenschmuck machen das Lokal mit 45 Plätzen sehr gemütlich. Außerdem gibt es den Salon für private Anlässe und kleine Gesellschaften.
Seinen Aufstieg hat das Restaurant seinem Koch zu verdanken
Seinen Aufstieg in die Gourmet-Liga hat das Restaurant, das mit dem Namen den Hotelbegründer Fritz Haerlin ehrt, seinem Küchenchef Christoph Rüffer zu verdanken. Seit fast 15 Jahren setzt der zurückhaltende Essener Maßstäbe mit der Zusammenstellung von Aromen und überraschenden Texturen. „Wir sind ein Weltstadt-Restaurant, zeitlos und trotzdem mit Historie“, sagt der 44-Jährige. Als „sehr schön“ bezeichnet er seinen Arbeitsplatz. „Ich kann gestalten, habe Mitspracherecht bei der Auswahl von Geschirr, Besteck und Tischwäsche. Die Küche wurde nach meinen Wünschen gestaltet. Und ich kann mich auf eine tolle Mannschaft verlassen, der auch Ehre und alle Auszeichnungen gebühren.“
Die ZDF-Sendung „Essen wie Gott in Deutschland“ weckte Ende der 80er-Jahre Rüffers Interesse am Kochen. Er lernte im Sheraton Hotel in seiner Heimatstadt, ging nach München und stand in der Gourmet-Hauptstadt Baiersbronn im Schwarzwald bei Claus-Peter Lumpp und Harald Wohlfahrt am Herd. Nach einer Ausbildung zum Küchenmeister erkochte sich Rüffer 1999 im Fährhaus Munkmarsch auf Sylt seinen ersten Michelin-Stern. 2012 gab es für das Haerlin den zweiten, zwei Jahre später zeichnete der Gault Millau Rüffer als Koch des Jahres aus.
Zu jedem Gang gibt’s ein Kärtchen mit den Zutaten
Ist ein dritter Michelin-Stern sein Ziel? „Wäre sicher schön, aber mich treibt der Spaß am Kochen an. Und zwei Sterne sind auch großartig.“ Die Produkte stehen für den Küchenmeister im Vordergrund. „Sie müssen von bester Qualität sein, dann kann ich interessante Aromen-Kombinationen schaffen.“ Dabei bleibt vieles pur. „Das Verspielte sucht man auf meinen Tellern vergeblich.“ Seine Zutaten bekommt er von Händlern, mit denen die Küche schon lange zusammenarbeitet: Krustentiere von Hummer Pedersen, Gemüse und Wild oft aus der Region, Schwein aus dem Münsterland, Geflügel und Lamm aus Frankreich.
Die Karte wechselt saisonal und stetig einzelne Gerichte aus, es gibt in den vier- und sechsgängigen Menüs namens „Die kleine Aromenbehandlung“ und „Die große Gaumenparty“ aber keine „Klassiker“, die immer serviert werden. Als typisches Frühlingsgericht bezeichnet Rüffer seine Flusskrebse in Sauternes mit Estragon und kleinem Frühlingsgemüse. Zart und sanft sind die Krustentiere eingehüllt in eine Sauce mit französischem Süßwein, die jungen Champignons, Karotten, Kohlrabi und Morcheln sind eine schmackhafte Ergänzung. Die Speise, serviert auf belgischem Porzellan mit Eisblumen-Muster, schmeichelt dem Gaumen ungemein. Auch das Limousin-Lamm mit violetter Auberginencreme und Ingwerjus ist eine sehr runde Kreation. Höchste Handwerkskunst auf dem Teller, der viel zu schnell leer gegessen ist.d
Vor jedem Gang beschreibt ein Kärtchen die Zutaten des Gerichts
Ein besonderer Service für die Gäste, von denen viele immer wiederkommen: Bevor der Gang serviert wird, reicht der Service jedem ein Kärtchen, auf dem der Name des Gerichts sowie die Zutaten stehen. Die Zettel kann man mit nach Hause nehmen, eine schöne Erinnerung an ein vollendetes Geschmacks-Erlebnis.
18 Kräfte arbeiten in Küche und Service. Erst seit zwei Monaten ist Restaurantleiter Thomas Andrew im Haerlin. Der Brite ist in Hamburg aber kein Unbekannter: Das Tafelhaus, das Mooi und das mit einem Michelin-Stern prämierte Seven Oceans waren einige seiner Stationen. „Als überzeugter Wahlhamburger genieße ich es, im für mich besten Restaurant der Stadt arbeiten zu dürfen“, sagt der 38-Jährige. Freundlich, herzlich, kompetent und nicht steif will der Service sein. „Der Gast soll Spaß haben, sich wohlfühlen, genießen. Essen, trinken und lachen möchte ich als Motto für einen Abend bei uns ausgeben.“ Außerdem rühmt Andrew den „fantastischen Weinkeller“ mit mehr als 1200 Positionen aus aller Welt, aber mit Schwerpunkt Europa. Von 40 Euro bis deutlich vierstellig ist die Spanne für eine Flasche Wein. Die meisten Gäste bestellen zum Menü die Weinbegleitung. Wer das nicht möchte, bekommt auch ab neun Euro für 0,1 Liter einen offen ausgeschenkten Tropfen.
An freien Tagen probiert der Koch gern die Gerichte von Kollegen
Vor dem Service ist nach dem Service, denkt Christoph Rüffer meist, wenn er nach 23 Uhr das Haus verlässt. An freien Tagen probiert er die Gerichte in den Restaurants von Kollegen, brät zu Hause ein Steak oder schmort Lammrücken. „Ich esse aber auch sehr gern Matjes.“ Auf die Karte des Haerlin schaffen es diese Heringe allerdings nicht.
Restaurant Haerlin Neuer Jungfernstieg 9–14, Tel. 34 94 33 10
HVV bis Jungfernstieg oder Gänsemarkt, Parken in der Umgebung, zwei Menüs mit vier oder sechs Gängen, 145/185 Euro, Weinbegleitung 85/110 Euro
So läuft die Auswahl: Grundlage für diese Reihe ist die Liste im Internetportal unter www.restaurant-ranglisten.de. Sie wertet die wichtigsten Restaurantführer und deren Bewertungen aus und rechnet sie in ein Punktesystem um. Aus den 100 Restaurants, die für Hamburg am besten bewertet wurden, stellt das Hamburger Abendblatt jede Woche eines vor.