Ottensen. In dem Lokal in Neumühlen genießt man auch den Blick auf die Elbe. Und die Äpfel für die Tarte Tatin wachsen direkt vor der Tür.
Wer hat schon die wichtigste Zutat für den Nachtisch direkt vor der Haustür? Und das mitten in der Stadt! Und dazu mit Elbblick! Das Weisse Haus in Neumühlen kann sich glücklich schätzen: Die Äpfel für die herb-süße, zart-saftige Tarte Tatin wachsen im heckenumsäumten Garten des Restaurants, der Baum spendet außerdem Schatten für die Draußensitzer. Ein kleines lauschiges Idyll in der großen Stadt.
Der Name des Lokals ist Programm, denn das Kapitänshaus von 1889 strahlt am Museumshafen in Weiß mit blauen Fenstern. Links am Eingang steht der Tresen, umgeben von vielen Flaschen. 60 Gäste finden im Restaurant und im lichtdurchfluteten Wintergarten Platz auf gepolsterten Stühlen. Auf den hellen Holztischen liegen Filzsets in den Farben Magenta und Grün, weiße Servietten und Besteck. Die Weingläser und das Geschirr tragen das Logo des Restaurants, an den weißen Wänden hängen ansprechende Fotos, die alle Motive rund um das Thema Wasser zeigen. Oben unter dem Giebel gibt es noch einen kleinen Raum für geschlossene Gesellschaften und vertrauliche Runden, natürlich mit bester Aussicht auf den Fluss und den Hafen.
Rund um den Gast dreht sich das Tun von André Gerdes. Der Restaurantleiter ist seit Februar dieses Jahres im Weissen Haus. Er hat im Bahrenfelder Forsthaus gelernt und für Josef Viehhauser gearbeitet, war in der Schweiz, in Irland und den USA, bevor es ihn über eine Station in Hannover wieder in die Heimatstadt zog. Und der Hamburger hat eine interessante Berufserfahrung vorzuweisen: „Ich habe viermal beim Matthiae-Mahl im Rathaus gekellnert, eine tolle Sache“, sagt der 36-Jährige.
Wenn der Chef an die Ostsee fährt, gibt’s Fisch vom Kutter
Am Weissen Haus gefällt ihm der sehr persönliche Kontakt zu den Gästen. „Wir sind ein übersichtlicher und sehr schnuckeliger Laden, da nehme ich mir die Zeit für jeden Kunden.“ Und weil die Stühle schnell besetzt sind, ist Reservierung besonders am Abend angeraten. Viele Besucher sind Stammgäste, die Angestellten aus den Büros am Elbrand schätzen den Mittagstisch, Hamburg-Touristen die tolle Lage gegenüber den Museumsschiffen.
Und natürlich die guten Dinge auf dem Teller. Für die sind Küchenchef Patrick König und Inhaber Patrick Voeltz verantwortlich. Dem 37-Jährigen gehört das Restaurant seit 2011, sein Vorvorgänger war übrigens Tim Mälzer. „Ich habe bei meiner Oma in Reinfeld meinen Spaß am Kochen entdeckt“, sagt Voeltz. Seine Ausbildung machte er im Ratsweinkeller, kochte in Cöllns Austernstuben, in der Sylter Sturmhaube, bei Anna Sgroi und im Au Quai an der Großen Elbstraße.
„Wichtig ist, dass das Essen schmeckt“, sagt der Hamburger. Hochwertige Produkte, zu 100 Prozent frisch und möglichst aus der Region, verarbeitet er am liebsten. „Unser Fleisch kommt vom Bauern aus Schleswig-Holstein, das Gemüse aus dem Alten Land.“ Und besonders intensiv kümmert Voeltz sich um den Fisch, den er in seinem Restaurant serviert. „Ich fahre regelmäßig nach Travemünde oder Niendorf und kaufe dort direkt vom Kutter.“ Und so kommen danach immer wieder fangfrischer Dorsch, Hering oder Scholle fein zubereitet aus der Küche.
Nicht auf der Karte stehen die selbst gebackenen Brötchen, die verschiedenen Kräuteröle und die Currybutter, die zur Begrüßung serviert werden. Und auch nicht die Sashimi vom norwegischen Wildlachs mit Ponzu-Nussbutter, Koriander, Ingwer, Shiso-Kresse und Frühlingszwiebeln. „Aber wir zaubern gern etwas Euro-Asiatisches“, sagt Voeltz. Und so zergeht der zarte Fisch mit den raffinierten Aromen auf der Zunge, und die verlangt nach mehr. Aber auch das Frikassee von der Jakobsmuschel und Garnele mit Hummerschaum und Basilikum auf Kartoffelstampf ist köstlich. Die Sauce schaumig und fein abgeschmeckt, das Meeresgetier auf den Punkt gebraten.
Im Weissen Haus gibt es Mittagstisch und eine kleine Karte, aber vor allem diverse Menü-Variationen, zum Beispiel auch eine vegane Kulinarik. „Vegane und vegetarische Gerichte werden immer häufig verlangt, der Kunde ist König“, ist das Motto vom Inhaber. „Wir kochen für Feinschmecker mit Liebe zum Detail, unsere Gäste mögen es genau so und fühlen sich in unserer saloppen Atmosphäre wohl.“ Die übersichtliche Weinkarte umfasst 35 Positionen, offene Tropfen kosten 8,50 Euro für 0,2 Liter, die günstigste Flasche liegt bei 33 Euro.
Auf Norderney betreibt Voeltz noch das Fischrestaurant Oase mit eigener Räucherei, in Hamburg will er demnächst in Winterhude und auf der Uhlenhorst vegane Hotdogs in euro-asiatischen Variationen anbieten. Aber das gemütlich-charmante Weisse Haus bleibt seine wahre Liebe. „Qualität setzt sich durch und hat Bestand“, sagt der Chef selbstbewusst. Und damit meint er nicht nur den Apfelbaum im Garten vor dem Haus.
Das Weisse Haus Neumühlen 50