Ottensen. Jede Woche stellt das Abendblatt Hamburgs beliebteste Restaurants vor. Heute das Petit Amour in Ottensen.
Erst war es eine Idee, dann ein Plan, jetzt ist es sein Leben: Für Boris Kasprik gibt es nichts Schöneres, als morgens das Petit Amour aufzuschließen und abends im Restaurant der Letzte zu sein. Der Hamburger ist mit Leib und Seele Koch. Er könnte für die Lebensmittelindustrie auch Produkte entwickeln oder als angestellter Küchenchef wirken. Aber der Küchenmeister wollte etwas Eigenes. Also eröffnete er vor einem Jahr am Spritzenplatz in Ottensen sein Lokal, das auf Deutsch „kleine Liebe“ heißt. Und mittlerweile ist es wohl eher große Zuneigung.
„Für mich muss alles perfekt sein, auch deshalb habe ich mich selbstständig gemacht“, sagt Boris Kasprik.
Seine Ausbildung absolvierte der heute 31-Jährige im Jena Paradies nahe den Deichtorhallen. Danach zog es ihn in Sterne-Restaurants nach Brügge, Düsseldorf und Paris. Dort lernte er bei Starkoch Alain Ducasse vor allem, dass immer das Produkt im Vordergrund steht. „Das ist mein Leitfaden im eigenen Restaurant, ich möchte immer das Beste.“ So bezieht er zum Beispiel Steinbutt aus der Bretagne und nicht aus der Ostsee, weil die französische Ware fester, kräftiger und geschmackvoller ist.
Kasprik wanderte weiter nach Tokio, wo er traditionelle japanische Küche mit moderner Technik kennenlernt. 2011 lockte wieder der Heimathafen: als Sous Chef im Jacob und Küchenchef im Weißen Haus, dann die Meisterprüfung und der Posten des Küchenchefs im Chezfou in Bahrenfeld. Und als dieses Restaurant schloss, ist das Koch-Herz schon längst für seine kleine Liebe entflammt.
Aus der Bierkneipe Spritzenklause machte Kasprik nach aufwendigen Umbauarbeiten das Petit Amour. An 13 Tischen finden gut 30 Gäste Platz, im Sommer lockt draußen die Terrasse mit 14 bis 18 Stühlen. Drinnen stehen bequeme Ledersessel, und an den Wänden ziehen sich lederbezogene Sitzbänke entlang, die ein Tischler aus dem Viertel gefertigt hat. Das Restaurant wirkt edel und gemütlich, die Hamburger Designer Birgit Hoffmann und Christoph Kahleyss haben ein schönes Konzept entwickelt.
Boris Kasprik macht eine handwerklich traditionelle Produkteküche. „Es geht um die Ware und die Zutaten, ich will das Optimum aus ihnen herausholen“, sagt der Chef. Eine Kalbsjus solle nach Kalb schmecken und nicht nach Rotwein. Und wegen des hohen Anspruchs werden drei Sorten Brot in der maßgeschneiderten kleinen Küche gebacken, der Blätterteig selbst gemacht und die süßen Bissen zum Espresso in der Patissier-Ecke kreiert.
So schmeckt das Süppchen von jungen Erbsen mit gebratenem Kaisergranat wirklich nach den kleinen grünen Kugeln: frisch und frühlingshaft mit einer leichten Süße. Eine knackige Schote dient als Garnitur ebenso wie Erbsenkresse und -blüte. Alles eine Wonne für Gaumen und Augen.
Der Nachtisch ist ebenfalls ein kleines Kunstwerk: selbst gebackener Mandelbiskuit, Erdbeer-Rhabarber-Salat, weißes Mandelmus, grünes Rhabarber-Esspapier, Fruchtpüree, eine Erdbeer-Sorbet-Frucht mit Vanilleeis gefüllt.
Auch sonst stehen hochwertige Lebensmittel wie Hummer, Kalb oder Thunfisch auf der Karte. Das Petit Amour wird regelmäßig aus Frankreich beliefert, manches kommt hier aus der Region, zum Beispiel das Mineralwasser oder der Tee vom Hamburger Label Samowa. Gibt es in diesem Herbst einen ersten Stern von Michelin? Angeblich waren die Tester schon in Ottensen.
Die Philosophie des Chefs, der an freien Tagen gerne essen geht, teilen alle im zehnköpfigen Team. Sommelier Mathias Mercier aus Avignon freut sich, dass er einen trockenen Riesling ausschenken kann, den er zusammen mit dem Pfälzer Winzer Steffen Christmann eigens für das Restaurant entwickelt hat. „Ich freue mich, dass ich am Konzept mitwirken konnte“, sagt der Franzose. „Hier korrespondieren Wein und Essen wirklich miteinander.“ Rund 140 Positionen aus Deutschland und Europa stehen auf der Weinkarte, die günstigste Flasche liegt bei 39 Euro, 0,15 Liter im Glas gibt es ab 5,50 Euro. Zu den Menüs werden auch Weinbegleitungen ab 40 Euro angeboten.
Petit Amour Spritzenpl. 11
Parken in der Umgebung, S-Bahn und Bus bis Bahnhof Altona
Zwei Menüs zu 65 Euro und 112 Euro, Mittagsmenü zwei Gänge 32 Euro, drei Gänge 39 Euro.